[WestG] [AUS] Eindringlicher Blick auf die Entrechtung von Menschen durch die Nationalsozialisten: Ausstellung "Abgestempelt" in der Bürgerhalle Unna, ab 11.06.2025

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Mo Jun 16 10:39:35 CEST 2025


Von: "Kreisstadt Unna" <info at presse-service.de>
Datum: 11.06.2025, 14:02


AUSSTELLUNG

Eindringlicher Blick auf die Entrechtung von Menschen durch die Nationalsozialisten: Ausstellung "Abgestempelt" in der Bürgerhalle

Die Würde des Menschen ist unantastbar- so eindeutig steht es in Artikel 1 des Deutschen Grundgesetzes und genauso eindeutig war auch der Appell mit dem sich Ulrich Reitinger am Mittwoch, 11. Juni 2025, im Ratssaal der Kreisstadt Unna an die Gäste der Eröffnungsfeier der Ausstellung "Abgestempelt: Die Schicksale der Menschen mit Behinderungen im Nationalsozialismus" wandte: "Lassen Sie uns alle daran arbeiten, dass dies nicht in Vergessenheit gerät."

Es war eine treffende Mahnung angesichts einer Ausstellung, die auf beeindruckende und erschütternde Weise aufzeigt, mit welcher präzisen Systematik die Nationalsozialisten Menschen umbrachten, die in ihren Augen als "lebensunwert" abgestempelt wurden. "Durch Nahrungsentzug, die bewusste zu hohe Dosierung von Schlafmitteln, die Lungenentzündungen hervorrief, die man dann unbehandelt ließ und letztlich durch Vergasung wurden auf diese Weise 300.000 Erwachsene ermordet - und allein in Unna wissen wir von zwei Kindern und mindestens 16 Erwachsenen, die auf diese Weise ermordet wurden", schilderte Ulrich Reitinger, der für den Arbeitskreis Spurensuche in Holzwickede seit langer Zeit die Schicksale der Opfer des Nationalsozialismus recherchiert, wie die Nationalsozialisten die von ihnen als "erbkrank" eingestuften Menschen systematisch erfassten, isolierten und letztlich töteten. Die Ausstellung "Abgestempelt" zeigt diesen Prozess auf - und wirft schlaglichtartig einen Blick auf drei Einzelschicksale aus Unna, die der Arbeitskreis Spurensuche aus Unna in akribischer Recherchearbeit aufgearbeitet hat.

Drei Einzelschicksale aus Unna 
Darunter das von Herbert Voss, 1925 geboren mitten in Unnas Innenstadt an der Gerhart- Hauptmann-Straße. Der blinde Junge besucht die Blindenschule in Soest, wird als "geistig schwach begabt" bezeichnet, leidet an epileptischen Anfällen. Mit dem sogenannten "Führererlass" vom 1. September 1939, der vorsieht, "unheilbar Kranken den Gnadentod zu gewähren", setzt sich das systematische Ermorden von Menschen mit Behinderung in Gang - und erfasst auch Herbert Voss: Mit gerade mal 16 Jahren wird er binnen eines Tages in die Tötungsanstalt Hadamar gebracht und dort vergast. Auf seiner Sterbeurkunde stehen eine erfundene Todesursache und ein falsches Datum. Eindrücklich schilderte Jürgen Düsberg vom Arbeitskreis Spurensuche aus Unna das kurze Lebens von Herbert Voss und der beiden Frauen, deren Schicksale ebenfalls auf den großformatigen Ausstellungswände zu sehen sind: "Es war ein Massenmord auf dem Dienstweg."
Appell: Wachsam bleiben gegen jede Form der Stigmatisierung

Bürgermeister Dirk Wigant würdigte im Rahmen der Ausstellungseröffnung die Arbeit des Arbeitskreises Spurensuche: "Sie leisten seit vielen Jahren unverzichtbare Arbeit, damit wir nicht vergessen, was in diesem Land, in unserer Stadt geschehen ist. Erinnern heißt auch anerkennen, was lange übersehen wurde." Auch er wandte sich mit einem Appell an die Besucher*innen der Eröffnungsfeier: "Lassen Sie uns wachsam bleiben gegenüber jeder Form der Stigmatisierung - in Unna und darüber hinaus." Unter den Besucher*innen waren zahlreiche Schülerinnen und Schüler - eine Tatsache, die die Mitglieder des Arbeitskreises Spurensuche besonders freute: "Das Thema der Ausstellung geht nicht nur uns Alte etwas an, es ist eine Erinnerung, die wir alle gemeinsam wach halten müssen; deswegen freut es mich sehr, dass so viele jungen Menschen heute hier sind", so Dorothea Schäfer vom Arbeitskreis Spurensuche aus Unna in ihrer Begrüßung.

Auch die Gestaltung der Eröffnungsfeier lag in jungen Händen: Schülerinnen und Schüler der Werner-von-Siemens-Gesamtschule aus Unna-Königsborn begleiteten die Feier musikalisch.

Die Wanderausstellung ist ab sofort zu den Öffnungszeiten des Rathauses in der Bürgerhalle bis zum 8. Juli zu sehen. Anschließend wird die Ausstellung in weiteren Kommunen des Kreises Unna aufgebaut, unter anderem im September in Bergkamen und im Oktober in Schwerte.


INFO

Kreisstadt Unna
Ort: Bürgerhalle, Rathausplatz 1, 59423 Unna
Datum: 11.06. bis 08.07.2025
Anmeldung: Nicht erforderlich
Preis: Kostenlos
Kontakt: Tel. 02303 - 1030; E-Mail: post at stadt-unna.de 
URL: https://www.unna.de/


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