[WestG] [AKT] Denkmal des Monats Dezember 2014: Sanfte Reformation in Mengede? - Die ev. Kirche St. Remigius und ihre historischen Grabplatten
Pawlitta, Pascal
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Do Nov 27 09:04:26 CET 2014
Von: "Tanja Herrmann" <tanja.herrmann at stadtdo.de>
Datum: 26.11.2014, 10:42
AKTUELL
Denkmal des Monats Dezember 2014: Sanfte Reformation in Mengede? - Die ev. Kirche St. Remigius und ihre historischen Grabplatten
Bis vor kurzem standen fünf große Grabplatten an der Außenseite des Chores der alten Mengeder Kirche. Sie gehörten zu den Grabstätten von fünf Pfarrern der Gemeinde. Drei der Platten haben - um sie vor Wind und Wetter zu schützen - nach Restaurierungs- und Konservierungsmaßnahmen im Kirchturm einen neuen Platz gefunden, zwei befinden sich im Eingangsbereich des ev. Friedhofs an der Mengeder Schulstraße. Für die Denkmalbehörde Dortmund ist dies Anlass, die Grabplatten der fünf Geistlichen zusammen mit der Mengeder Kirche als Denkmal des Monats Dezember 2014 vorzustellen.
Eine der ältesten Kirche im Dortmunder Stadtgebiet
Die heutige Kirche St. Remigius stammt aus der Mitte des 13. Jahrhunderts. Sie ist damit ungefähr gleich alt wie die Brechtener Dorfkirche oder St. Reinoldi. Bei Ausgrabungen 1989 hat man überdies festgestellt, dass an derselben Stelle bereits ein Vorgängerbau aus dem 9. Jahrhundert stand. Das hohe Alter der Gemeinde kann man auch am Namen des Kirchenpatrons ablesen. Der heilige Remigius war um 436 als Sohn einer wohlhabenden Familie in Frankreich geboren worden. Als Missionar der Franken war sein bedeutendstes Lebenswerk die Taufe des Frankenkönigs Chlodwig 496 oder 497. Damit hatte Remigius einen wesentlichen Grundstein für die Ausbreitung des christlichen Glaubens in Mitteleuropa gelegt. In Folge wurden bis ins 11. Jahrhundert viele Kirchenneugründungen seinem Schutz unterstellt - so auch in Mengede.
Formenreichtum aus verschiedenen Zeiten
Den Besucher empfängt die Kirche mit einem außergewöhnlichen Reichtum an Baugliedern und Ausstattung. Das meiste stammt noch aus dem Mittelalter. Neben romanischen Pfeilerkapitellen mit wunderschöner Blattornamentik, Konsolen in Form von Widderköpfen und rundbogigen Fenstern weisen Spitzbogen und Gewölbe bereits auf die Gotik hin. Aber nicht alles, was auf den ersten Blick mittelalterlich aussieht, ist es auch. Der "romanische" Taufstein und der "mittelalterliche" Laubengang am Turm wurden erst bei einer der zahlreichen Restaurierungen und Renovierungen in den Jahren 1914/15 geschaffen. Das farbenfrohe Erinnerungsmal für den Gerichtsherrn Mathias von Bueren und seine Gemahlin Margareta von 1625 zeigt dagegen die damals moderne Gestaltung des Manierismus. Aus dem Barock stammt der Altaraufsatz mit den typischen gedrehten Säulen, das Altarbild mit der Heimkehr des Verlorenen Sohnes dagegen erst von 1902. Andere Einrichtungsgegenstände, wie das Gestühl, gehen auf das Ende des 19. Jahrhunderts zurück.
Sanfte Reformation?
Die Kirchenchronik berichtet, dass die "evangelisch-lutherische Religion" um "1590 oder vielleicht noch viel früher" die Gemeinde Mengede erreicht hatte. Anfangs gab es offensichtlich keine Probleme, weil man zunächst nur die "gröbsten Irrtümer und eigentlichen Kennzeichen" der alten Religion abgeschafft habe. So sei die Reformation "ohne Zweifel ganz allmählich und glimpflich" eingeführt worden. Neue Pfarrer wurden verpflichtet, "auf evangelisch zu predigen". Doch so "glimpflich" scheint es dann doch nicht gegangen zu sein, denn zwischen 1609 und 1672 verrichteten zweitweise zwei Seelsorger unterschiedlicher Konfessionen zur selben Zeit ihren Dienst in der Kirche. Erst 1672 kam es zu einem Religionsfrieden mit den verbliebenen Katholiken. Nachdem sie auf die Kirche verzichtet hatten und mit 5000 Thalern abgefunden waren, durften sie ihre Religion weiterhin öffentlich ausüben und tun dies bis heute in einer - wesentlich jüngeren - zweiten St.-Remigius-Kirche in Mengede.
Reformationspfarrer und Pfarrerdynastie
Die jetzt restaurierten und gesicherten Grabplatten erinnern alle an protestantische Pfarrer der Gemeinde. Die älteste verkündet den Tod des Pfarrers Johann Leveringhaus 1628 und vermerkt auf Latein, dass er "Diener des reinen Gotteswortes" gewesen sei. Während seiner Zeit konnte die Reformation endgültig in Mengede Fuß fassen. Die übrigen Steine erinnern an die Pfarrer Heinrich Melchior Beurhaus (gest. 1685), Albert Hausemann (gest. 1673), Petrus Johannes Hausemann (gest. 1724) und Friedrich Christian Hausemann (gest. 1851). Die drei Grabplatten der Hausemanns tragen alle ein Haus als Familienwappen. Mit insgesamt sieben Pfarrern zwischen 1657 und 1903 spielte die Familie eine bedeutende Rolle in der Gemeinde, der sie u. a. ein silbernes Abendmahlgeschirr sowie das bereits erwähnte Altarbild mit der Heimkehr des Verlorenen Sohnes stiftete. Das heutige Seniorenhaus Hausemannstift an der Mengeder Schulstraße geht auf eine Initiative des Pfarrers Friedrich Hausemann zurück, der das Startkapital für ein Krankenhaus an dieser Stelle zusammentrug.
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