[WestG] [LIT] 350 Jahre Platzgeschichte: Schlossplatz - Hindenburgplatz - Neuplatz

Alexander Schmidt Alexander.Schmidt at lwl.org
Do Sep 6 12:15:05 CEST 2012


Von: "Stadt Münster" <info at presse-service.de>
Datum: 06.09.2012, 12:07


LITERATUR

350 Jahre Platzgeschichte: Schlossplatz - Hindenburgplatz - 
Neuplatz
LWL und Stadtmuseum Münster legen Forschungsband zur Geschichte 
des Schlossplatzes vor

Freies Schussfeld für Kanonen zwischen Zitadelle und Stadt, 
Forum für Paraden, politische Bühne für Fürstbischöfe, Könige, 
Kaiser, Gauleiter, Präsidenten und Kanzler, Inspirationsquelle 
für Skulptur-Künstler aus aller Welt, Parkplatz, Fläche für den 
Send und andere Events: Zur bewegten Geschichte des 
Schlossplatzes ist jetzt ein umfassender Forschungsband 
erschienen. Damit liegt zum ersten Mal eine wissenschaftliche 
Publikation zu 350 Jahren Planungs-, Bau- und 
Nutzungsgeschichte des weitläufigen Areals zwischen Altstadt 
und Schloss, zwischen Neutor und Gerichtsstraße vor.

Die gemeinsame Arbeit von Stadtmuseum und Landschaftsverband 
Westfalen-Lippe (LWL) ist zugleich Begleitbuch für die 
gleichnamige Ausstellung "350 Jahre viel Platz! Schlossplatz - 
Hindenburgplatz - Neuplatz" (ab 2. Oktober im Stadtmuseum). 
"Der 250-seitige Forschungsband passt gut in das Profil unserer 
Schriftenreihe über Baudenkmäler in Westfalen", erläutert 
Herausgeber Dr. Markus Harzenetter, Leiter des LWL-Amtes für 
Denkmalpflege, Landschafts- und Baukultur in Westfalen. Mehr 
als zwei Jahre Forschungsarbeit liegen hinter dem 
Wissenschaftlerteam aus den beiden Häusern um Museumsdirektorin 
Dr. Barbara Rommé; die Initiative dazu kam vom früheren 
LWL-Chefdenkmalpfleger und Landeskonservator Prof. Dr. Eberhard 
Grunsky.

Zeichnungen, Kartenausschnitte, Fotografien - die früheste 
datiert aus 1857 - führen den Leser anschaulich durch drei 
Jahrhunderte. Hilfreich sind die neu erarbeiteten Pläne, die 
Veränderungen des zweiteiligen Platzgefüges rasch erfassen 
lassen. "Dieser Band ist eine Basis für weitere Forschungen und 
Planvorhaben in den nächsten Jahren", hofft Autor Dr. Bernd 
Thier vom Stadtmuseum. Rund 20 Beiträge skizzieren die 
historische Bedeutung der Esplanade (freies Schussfeld), 
beleuchten differenziert aber auch offensichtliche Mängel im 
heutigen Erscheinungsbild. Bernd Thier: "Besonders die 
Chronologien zur Nutzung des Platzes sind mit dem Aufsatz zur 
Platzrandbebauung als Referenzwerke zum Nachschlagen angelegt."

12,5 Hektar Fläche

Gäbe es ein Ranking, wäre der Schlossplatz mit seinen 12,5 
Hektar der zweitgrößte Stadtplatz in Europa (Stand vor 1939) 
noch vor Berühmtheiten wie Place de la Concorde (8,7) oder 
Petersplatz (3,5). Mehr Fläche weist mit 12,6 Hektar nur die 
Esplanade des Quinconces im französischen Bordeaux auf. Erst 
der Bau der Zitadelle 1661 unter Fürstbischof Christoph 
Bernhard von Galen ließ den Platz vor Münsters Stadttoren als 
unverbautes Schussfeld entstehen. Die Esplanade, von 
Barockbaumeister Schlaun in zwei Plätze aufgeteilt, blieb immer 
unbebaut. Mit den Resten der sternförmigen Zitadelle - heute 
Schlossgarten - dem Residenzschloss und der grünen Promenade 
ein Areal mit viel Potential.

Das, so spiegeln die Aufsätze, schon immer Planer und Gestalter 
beflügelte. Beiträge skizzieren mit Akribie die "vielen Papier 
gebliebenen Projekte" aus rund 300 Jahren. Darunter: die 
Schifffahrtstraße zwischen Zwolle und Münster mit einem 
Kanalbassin am Neuplatz (1723), ein zweites Kanalprojekt vom 
Rhein bis zur Elbe über den Neuplatz (1862-1864) und - immer 
wieder - städtebauliche Ideenwettbewerbe. Dokumentiert werden 
auch die tatsächlich realisierten Bebauungen am Rand des 
Platzes.

Huldigungsfeiern für die Machthaber

Ebenso spannend zu lesen sind die Beiträge von Menschen und 
Ereignissen auf der Fläche, die als politische Bühne für die 
Stadt- und Landesgeschichte eine große Rolle spielte. Der 
ersten Huldigungsfeier anno 1661 sollten viele folgen - für 
Fürstbischöfe, preußische Könige wie für den deutschen Kaiser. 
Ob Spießrutenlaufen von Deserteuren, ob Paraden oder 
Massenaufmärsche: bis 1945 dominierten auf dem großen Platz 
militärische Nutzungen.

Selbst in der Kunst. Bis 1942 demonstrierte, nur unweit vom 
Schlossportal, das mächtige Reiterstandbild Kaiser Wilhelm I. 
herrschaftliche Macht. Später sollte sich das Gelände als 
"heimlicher Star" aller möglichen Skulptur-Projekte in Münster 
entwickeln. Für 17 Projekte war der Platz zwischen 1977 und 
2007 Inspirationsquelle. Vier Arbeiten sind bis heute erhalten.

Während des Zweiten Weltkrieges wuchs zwischen Luftschutzgräben 
Getreide auf dem Paradeplatz. Nissenhütten sorgten nach dem 
Krieg für Notunterkünfte. 130 000 Teilnehmer feierten zuvor 
1930 den Deutschen Katholikentag. Als Parkplatz und Heimat des 
Sends und als einen multifunktionalen Stadtraum für Kultur, 
Sport und Freizeit kennt man ihn heute. Auch der langwierigen 
Namensfindung ist ein Kapitel gewidmet. Diese beginnt nicht 
etwa in den letzten Jahren, sondern sie geht um viele 
Jahrhunderte zurück. Und sie zieht sich bis zum Bürgerentscheid 
am 16. September 2012.


INFO

Der Band "Schlossplatz - Hindenburgplatz - Neuplatz in Münster. 
350 Jahre viel Platz". 11. Arbeitsheft, Herausgeber LWL-Amt für 
Denkmalpflege, Landschafts- und Baukultur in Westfalen. 255 
Seiten, 276 III., Tabellen, graphische Darstellungen, gegen 
eine Schutzgebühr (10 Euro) im Stadtmuseum Münster erhältlich.


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