[WestG] [AUS] "Visuelle Revolten": Dreiteilige Ausstellungsserie ueber die Plakatszene um 1968, Muenster, 20.01.2011-11.03.2012
Alexander Schmidt
Alexander.Schmidt at lwl.org
Fr Jan 21 09:37:49 CET 2011
Von: "LWL-Pressestelle" <presse at lwl.org>
Datum: 20.01.2011, 12:01
AUSSTELLUNG
"Visuelle Revolten" im LWL-Landesmuseum
Dreiteilige Ausstellungsserie über die Plakatszene um 1968
In der dreiteiligen Ausstellungsserie "Visuelle Revolten" über
die Plakatszene um 1968 zeigt das LWL-Landesmuseum für Kunst
und Kulturgeschichte in Münster ab dem 20. Januar jeweils weit
über 100 Plakate, Flugblätter und Cover von Zeitschriften, etwa
"pardon" und "Konkret", die sich mit lokalen und globalen
Aspekten von 1968 beschäftigen.
Warnungen vor "geistigen Bombenlegern" und "Konsumterror" oder
Slogans wie "Wir wollen billiger wohnen, baut weniger Kanonen":
Solche zugespitzten und im Wortsinn "plakativen" Botschaften
zeichnen die Plakate der späten 1960er Jahre aus, von denen
sich viele Hundert in der Sammlung des LWL-Landesmuseums
befinden. Sie spiegeln den Zeitgeist um 1968 wider und drehen
sich vor allem um die sogenannten "Studenten-Unruhen" und deren
kulturelles Umfeld.
Einige der in der Plakatsammlung konservierten Exponate weisen
Gebrauchsspuren auf, die die Spannung und Hektik jener Jahre
verdeutlichen, etwa, wenn Plakate schichtenweise übereinander
geklebt wurden. Solche Zeitzeugnisse entstanden oft über Nacht
für den politischen Tageskampf und wurden meist nicht gezielt
gesammelt, sondern sind durch Zufall und frühe
Sammelleidenschaft erhalten geblieben.
"Eine Besonderheit in der Sammlung des LWL-Landesmuseums sind
Arbeiten der beiden wichtigsten Plakatentwerfer der Zeit, Klaus
Staeck und Ernst Volland. Diese Plakate zeigen die
leidenschaftliche Dynamik des Aufbruchs dieser Zeit wie keine
andere Kunstgattung", sagte Museumsdirektor Dr. Hermann
Arnhold. Jeweils etwa 50 Arbeiten von Volland und Staeck zu
fast allen Themen befinden sich im LWL-Landesmuseum. Zudem sind
viele der Plakate Vollands vom Künstler datiert und signiert.
Die erste Ausstellung "Münster - Mehr als ein Nebenschauplatz"
(20. Januar bis 1. Mai 2011) bildet den Einstieg in die
'68er-Bewegung, die in Münster in engem Zusammenhang mit einer
der schon damals größten Hochschulen der Bundesrepublik, der
Westfälischen Wilhelms-Universität (WWU), steht. Plakate aus
der "Studentenrevolte" werden in die aufflammenden, lange
aufgestauten gesellschaftlichen Diskussionen eingebettet: Die
Studierenden prangerten Missstände an, z. B. bei Themen wie
Bildungsnotstand in Schule und Hochschule, Polizei-Gewalt,
Notstandsgesetzen und dem Kampf gegen alte und neue Nazis.
"Ihre Ziele waren eine breite gesellschaftliche Öffnung, gemäß
der Forderung von Willy Brandt, mehr Demokratie zu wagen", so
Kurator Dr. Jürgen Krause.
Ausgehend von Münster wirft der zweite Teil "Globale
Protestkulturen" (19. Mai bis 21. August 2011) den Blick über
die Landesgrenzen hinaus. Neue Protestformen entwickelten die
schwarze Bürgerrechts-Bewegung und die Studentenrevolte in den
USA (z. B. Berkeley): Sie besetzten Universitäten bei "Go-Ins"
und "Teach-Ins" oder riefen zum "Marsch auf Washington" auf.
Deutsche Studierende nutzten die amerikanischen Bewegungen als
Vorbild und planten den "Marsch auf Bonn". Im Pariser Mai '68
entstanden häufig spontan Plakate, etwa im stilprägenden
"Atelier Populaire" und dem Satire-Organ "Enragé".
Wichtige Schauplätze für die Solidarität der "Neuen Linken" mit
der "Dritten Welt" waren Vietnam, Lateinamerika, die
Befreiungsbewegungen gegen US-gestützte Diktatoren und der
Nahost-Konflikt, in dem die Parteinahme für die
palästinensische PLO im Vordergrund stand. Bemerkenswert ist
dabei die erstmals (fast schon) globale Vernetzung der
Protest-Bewegungen.
Die dritte Sequenz widmet sich unter dem Titel "Langzeitwirkung
'‘68‘ - Der visuelle Umbruch" (15. Dezember 2011 bis 11. März
2012) dem langen Schatten von "‘68", vor allem dem tiefen
Einschnitt in den Seh- und Konsummentalitäten der
Plakat-Adressaten seit "‘68": Wenigstens ansatzweise soll der
um zwei Jahrzehnte verschleppte kulturelle Bruch nach dem Ende
der NS-Diktatur sichtbar werden.
Als Bahnbrecher avantgardistischen Grafik-Designs verdienen
hierbei die Plakate der Jazz-Szene der frühen Bundesrepublik
einen besonderen Ehrenplatz. In den späten 1960er Jahre setzte
sich die US-amerikanisch dominierte POP-Art in der westlichen
Welt durch. Spannend sind die Wechselwirkungen zwischen
weltweiter Pop- und Protestkultur vom New York Andy Warhols
über das Düsseldorf von Joseph Beuys bis zur Vermarktung
Westberliner Wohnkommunen um die Kommunarden Teufel, Langhans
und Kunzelmann.
Auch Unternehmen benutzen jetzt den angriffslustigen,
frech-ironischen Stil der außerparlamentarischen
Oppositionellen aus der "Neuen Linken". So warb die Bundesbahn
mit ungewohnt flapsigen Sprüchen wie "Unsere Loks gewöhnen sich
das Rauchen ab".
INFO
Münster - Mehr als Nebenschauplatz: 20.1.-1.5.2011
Globale Protestkulturen: 19.5.-21.8.2011
Langzeitwirkung "‘68" - Der visuelle Umbruch: 15.12.2011-11.3.2012
Eröffnung: 20. Januar, 19 Uhr
LWL-Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte
Domplatz 10
48143 Münster
Tel.: +49 251 5907-01
Fax: +49 251 5907-210
E-Mail: landesmuseum(at)lwl.org
Öffnungszeiten:
Dienstag bis Sonntag von 10 bis 18 Uhr, Donnerstag bis 21 Uhr
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