[WestG] [AKT] Zweiter Band des philosophischen Briefwechsels des Universalgelehrten Gottfried Wilhelm Leibniz veroeffentlicht

Alexander Schmidt Alexander.Schmidt at lwl.org
Fr Mär 27 10:54:21 CET 2009


Von: "Pressestelle der WWU Münster" <pressestelle at uni-muenster.de>
Datum: 26.03.2009, 17:00


AKTUELL

Herausragender Nachlass
Zweiter Band des philosophischen Briefwechsels des 
Universalgelehrten Gottfried Wilhelm Leibniz veröffentlicht

Ein weiterer wichtiger Teil der im Jahr 2008 von der UNESCO zum 
Weltdokumentenerbe erklärten Korrespondenz des Universalgelehrten
Gottfried Wilhelm Leibniz ist nun für die Öffentlichkeit 
zugänglich: Der zweite Band des philosophischen Briefwechsels in 
der großen historisch-kritischen Leibniz-Akademieausgabe ist 
erschienen. Bearbeitet wurde er von der Leibniz-Forschungsstelle 
der Universität Münster, einer Arbeitsstelle der Akademie der 
Wissenschaften zu Göttingen.

Der neue Band umfasst Leibniz' philosophischen Briefwechsel der 
Jahre 1686 bis 1694. Damit liegen nun 31 von 53 Jahren 
philosophischer Korrespondenz von Leibniz komplett vor. Der erste
Band war bereits im Jahr 1926 als reine Textausgabe erschienen 
und wurde im Jahr 2006 von der Leibniz-Forschungsstelle in 
erweiterter und vollständig neu bearbeiteter Auflage 
veröffentlicht. 

Zusammen mit der Reihe I des allgemeinen, politischen und 
historischen Briefwechsels und der Reihe III des mathematischen, 
naturwissenschaftlichen und technischen Briefwechsels ist damit 
bereits über die Hälfte der Korrespondenz von Leibniz aus den 
Handschriften entschlüsselt worden und steht der weiteren 
Forschung zur Verfügung. "Der zweite Band des philosophischen 
Briefwechsels begleitet Leibniz' Entwicklung zur Reife - in 
diesen Jahren hat er sich zu dem Philosophen entwickelt, als den 
wir ihn heute kennen", so Editionsleiter Prof. Dr. Martin 
Schneider von der Leibniz-Forschungsstelle der WWU.

Die Vielseitigkeit der Leibnizschen Briefkontakte fast zur 
gesamten damaligen gelehrten und politischen Welt spiegelt sich 
auch in seiner philosophischen Korrespondenz wider. 
Philosophische Gedanken tauscht Leibniz unter anderem aus mit 
Jacques-Bénigne Bossuet, dem berühmten Kanzelredner und Erzieher 
des Dauphin, mit dem großen Physiker Christiaan Huygens, mit dem 
bedeutenden Occasionalisten Nicolas Malebranche, mit Pierre 
Bayle, dem Herausgeber des historisch-kritischen Wörterbuchs, 
welches philosophisch-theologische Themen aus aufgeklärt-
skeptischer Perspektive behandelndt, und schließlich mit dem 
berühmten Jansenisten Antoine Arnauld ("dem großen Arnauld"). 

Der Briefwechsel mit Arnauld ist der philosophisch gehaltvollste 
des Bandes und gilt in der Forschung als einer der wichtigsten 
überhaupt, weil er die Grundfragen der Leibnizschen Metaphysik 
betrifft, deren ersten Entwurf in Form des sogenannten "Discours 
de métaphysique" er begleitet und vertieft. Er ist hier erstmals 
vollständig unter Berücksichtigung aller Quellen wiedergegeben.

Zentrale Themen des Bandes sind der metaphysische Begriff der 
Substanz, der das Individuum - das Ich - ins Zentrum der 
Philosophie stellt, und der naturphilosophische Begriff der 
Kraft, der ein dynamisches Moment in die Physik einführt und 
sich gegen den geometrisch-statischen Materiebegriff Descartes' 
richtet. Leibniz formuliert hier eine Vorform des im 
19. Jahrhundert von Mayer und Helmholtz aufgestellten 
Energieerhaltungssatzes in Gestalt des Gesetzes von der im 
Universum konstant bleibenden Quantität der Kraft. Hier tritt 
Leibniz aber auch auf als Vertreter einer aufgeklärten 
Religiosität, die das Absurde, Widervernünftige aus der 
Religion ausschließt und Glauben und Vernunft für vereinbar hält.

Der nächste Band (II, 3), der die philosophische Korrespondenz 
von 1695 - 1700 umfasst, ist in Bearbeitung.


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