[WestG] [AUS] Karriere mit Lehre. Frauen im Handwerk in Westfalen-Lippe, Hagen, ab 14.06.2009

Alexander Schmidt Alexander.Schmidt at lwl.org
Mo Jun 15 11:10:14 CEST 2009


Von: "LWL-Pressestelle" <presse at lwl.org>
Datum: 10.06.2009, 13:30


AUSSTELLUNG

Karriere mit Lehre. Frauen im Handwerk in Westfalen-Lippe
Ausstellung im LWL-Freilichtmuseum Hagen 

Die Berufs- und Ausbildungswege von Frauen im Handwerk stehen 
im Mittelpunkt der Ausstellung "Karriere mit Lehre", die der 
Landschaftsverband Westfalen-Lippe ab Sonntag, 14. Juni, in 
seinem Freilichtmuseum Hagen zeigt. Anhand von über 20 
Beispielen stellt die Ausstellung Frauen in Bild und Text, mit 
ihren Werkzeugen und an Arbeitsplätzen vor.

Als "Pfuscherinnen" bezeichneten viele Handwerker am Anfang des 
20. Jahrhunderts Frauen, die im Handwerk arbeiteten. Sie 
leiteten ihr Urteil aus den bis dahin üblichen verkürzten 
Ausbildungsgängen für Frauen in Handwerksberufen ab. Erst als 
Handwerkerinnen seit 1911 allmählich qualifizierte Ausbildungen 
durchlaufen konnten und 1922 die rechtliche Gleichstellung mit 
männlichen Handwerkern endgültig erreicht hatten, fanden sie 
Anerkennung als Gesellinnen und Meisterinnen, boten ihnen 
handwerkliche Berufe verschiedene Arbeitsmöglichkeiten. In 
Zeiten von Arbeitskräftemangel wurde besonders dafür geworben, 
dass Frauen einen handwerklichen Beruf aufnahmen. In den 
1970er- und 1980er-Jahren wurden beispielsweise auch gezielt 
Frauen gesucht, die in "Männerhandwerken" eine Ausbildung 
beginnen wollten.

Das Verhältnis zwischen Frauen und Handwerksberufen ist sehr 
vielschichtig. "Noch heute gibt es im Handwerk überwiegend 
männlich und überwiegend weiblich besetzte Berufe. Es scheint, 
als beeinflussten in diesem Arbeitsbereich immer noch 
traditionelle Zuschreibungen, nach denen etwa Männer immer 
stark, Frauen dagegen immer kreativ, aber der Technik abgeneigt 
sind, die Berufswahl junger Menschen", so die 
Ausstellungsmacherin Dr. Anke Hufschmidt. Aber ein Blick in die 
Geschichte zeigt, dass sich diese, scheinbar so natürlichen 
Zuschreibungen wandeln können. So wurde der heute unter jungen 
Frauen beliebteste Ausbildungsberuf "Friseur" bis in die 
1950er-Jahre überwiegend von Männern ausgeübt. "Wir wollen mit 
der Ausstellung die Besucher anregen, darüber kritisch 
nachzudenken, welche angeblich spezifischen Eigenschaften 
Frauen und Männer zugeschrieben werden", so Anke Hufschmidt.

Wie sich im Handwerk Ausbildungs- und Berufswege von Frauen 
entwickelten, stellt die Ausstellung am Beispiel 
Westfalen-Lippe vor. Sie beleuchtet damit für die Region 
erstmals die Rolle von Frauen in Handwerksberufen: Seit wann 
war es Frauen überhaupt möglich, eine Lehre zu machen? Welche 
Handwerksberufe wählten sie? In welchen Handswerksberufen 
arbeiteten besonders viele Frauen? Wie fanden sie sich in 
sogenannten Männerhandwerken zurecht? Und wie unterstützten 
Ehefrauen, Töchter und andere weibliche Verwandte Handwerker 
bei ihrer Arbeit? Dies sind nur einige Fragen, der die 
Ausstellung im Hagener LWl-Freilichtmuseum an ausgewählten 
Beispielen nachgeht.

Persönliche Erinnerungen
Grundlage für die Ausstellung war eine wissenschaftliche Tagung 
zum Thema "Frauen im Handwerk" im November 2008, auf der aus 
ganz unterschiedlichen Perspektiven Beiträge zum Thema 
vorgestellt wurden. Der Tagungsband wird im Juni 2009 
vorliegen. Die Ausstellung selbst zeigt ab dem 14. Juni 2009 
aussagekräftige Objekte aus Museen und Archiven, so etwa 
Werkzeuge und Maschinen aus dem Zahntechnikerlabor, das die 
erste Zahntechnikermeisterin Deutschlands in den 1930er-Jahren 
in Lemgo eingerichtet hat. Von besonderem Interesse sind aber 
die vielen Gegenstände, Fotos und schriftlichen Unterlagen, die 
mit ganz persönlichen Erinnerungen an einen Handwerksberuf 
verbunden sind.

Im Rahmen des Ausstellungsprojektes hat die Volontärin Julia 
Setter Handwerkerinnen befragt und so viel über deren 
Lebenswirklichkeit erfahren. Die Frauen absolvierten zwischen 
1936 und 1997 ihre Gesellen- oder Meisterprüfung in 
unterschiedlichen Handwerken, haben also bereits viele Jahre im 
Handwerk gearbeitet oder sind heute noch tätig. Die Besucher 
können erfahren, welche Bedeutung der Beruf für die 
Handwerkerinnen hat, welche Schwierigkeiten bewältigt werden 
mussten oder müssen und welche Erfolgserlebnisse mit der 
Tätigkeit im Handwerk verbunden sind.

Aus den Interviews wurde aber auch deutlich, dass die 
handwerkliche Ausbildung auch einen Übergang bilden kann, sei 
es zwischen Berufstätigkeit und Familie oder als Grundlage für 
ein Studium. Arbeitsproben, Gesellen- und Meisterstücke, 
Erinnerungen an Prüfungen und Betriebsgründungen, Fotos von 
Werkstätten und Arbeitsstücken vermitteln einen anschaulichen 
Eindruck von Frauen in Handwerksberufen. Die Präsentation lädt 
dazu ein, sich mit Fragen der Berufswahl auseinander zu setzen, 
denn auch über die Gründe, die zu ihrer Berufswahl geführt 
haben, haben die Handwerkerinnen berichtet.

Im Rahmen der Ausstellung präsentiert der Meisterkurs im 
Fotografenhandwerk, Handwerkskammer Dortmund, unter dem Titel 
"gleich gut und weiblich" Fotografien von Handwerkerinnen.


INFO

LWL-Freilichtmuseum Hagen
Westfälisches Landesmuseum für Handwerk und Technik
Mäckingerbach
58091 Hagen
Tel.: 02331 7807-0
Fax: 02331 7807-120
E-Mail: freilichtmuseum-hagen at lwl.org


Mehr Informationen über die Mailingliste Westfaelische-Geschichte