[WestG] [LIT] Brademann, Jan / Freitag, Werner (Hgg.): Leben bei den Toten
Alexander Schmidt
Alexander.Schmidt at lwl.org
Fr Feb 29 10:52:48 CET 2008
Von: "Jan Brademann" <brademann at uni-muenster.de>
Datum: 28.02.2008, 10:41
LITERATUR
Tagungsband "Leben bei den Toten" erschienen
Am 4. März 2005 fand im Schloss zu Münster eine Tagung zum Thema
"Der Kirchhof im Dorf" statt. Seit kurzem liegen ihre Beiträge
schriftlich vor in dem von Jan Brademann und Werner Freitag
herausgegebenen Buch "Leben bei den Toten. Kirchhöfe in der
ländlichen Gesellschaft der Vormoderne".
Es sind vornehmlich westfälische Beispiele, anhand derer sich
der Band aus interdisziplinärer Perspektive dem
mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Begräbnisplatz auf dem
Land widmet, der zum Großteil bis ins 19. Jahrhundert um die
Parochialkirche verharrte. In kleinen Dörfern besteht dieser
Zustand teilweise bis heute fort; die Vielschichtigkeit und
Intensität, mit der der Kirchhof, von Wohnhäusern und Speichern
gesäumt, in der Vormoderne in das Alltagsleben einbezogen war,
ist jedoch auch dort nicht mehr spürbar.
Im Mittelpunkt der Untersuchungen stehen die mannigfachen
Funktionen dieser öffentlichen Plätze, ihr topographisches und
architektonisches Aussehen und die soziale Situation ihrer
Bewohner. Ein Schwerpunkt liegt auf der Wahrnehmung des
Kirchhofs durch die Gemeindeglieder und die Vertreter der Kirche,
ihrem mit Formen symbolischer Kommunikation verbundenen Umgang
mit dem Tod. Dabei stehen Konflikte im Mittelpunkt, die sich aus
dem Zugriff der Kirche, der alles Profane von diesem heiligen
Ort verbannen wollte, und daraus ergaben, dass die
Gedächtniskultur an die soziale Ordnung gekoppelt war.
Von besonderem Interesse für den regionalgeschichtlich
interessierten Leser dürften z.B. die Überlegungen Manfred
Balzers zur Rolle von Kirchhöfen im mittelalterlichen
Siedlungsgang in Westfalen sein. David Luebke gewährt Einblicke
in die Begräbniskonflikte in Warendorf im konfessionellen
Zeitalter, Bärbel Sunderbrink analysiert Friedhofsverlagerungen
im Ravensberger Land um 1800, und Fred Kaspar bietet einen
feingliedrigen Überblick über westfälische Kirchhofsbebauungen.
Einen münsterländischen Schwerpunkt setzen die bauhistorischen
Aufsätze von Thomas Spohn und Peter Ilisch. Jochen Ossenbrink
und Philipp Dotschev liefern Mikrostudien zu den Kirchhöfen in
Herzebrock und Badbergen.
Der Band ist Teil des Kirchhofsprojekts der Abteilung für
westfälische Landesgeschichte der Universität Münster (URL
http://www.uni-muenster.de/Geschichte/hist-sem/LG-G/forschung/Welcome.shtml)
. Er ist in der Reihe des Sonderforschungsbereichs 496
"Symbolische Kommunikation und gesellschaftliche Wertesysteme"
(http://www.uni-muenster.de/SFB496/Welcome.html) beim
Rhema-Verlag Münster erschienen.
Die Abteilung für Westfälische Landesgeschichte, das Institut
für Religiöse Volkskunde und das Bistumsarchiv Münster
veranstalten eine Vortragsreihe zur Kirchengeschichte und
religiösen Volkskunde Westfalens. In diesem Rahmen findet eine
öffentliche Buchpräsentation im Bistumsarchiv (Georgskommende 19),
am Dienstag, 22. April 2008, um 18 Uhr statt. Interessenten
sind herzlich eingeladen, ebenso zu dem anschließenden Vortrag
von Sabine Kötting über "Küster im Oberstift Münster im Spiegel
von Visitationen und status ecclesiarum".