[WestG] [AUS] Westf. Industriemuseum: Schaetze der Arbeit, Dortmund, 20.06.-12.09.04

Rita Börste rita.boerste at lwl.org
Die Mai 25 11:16:44 CEST 2004


Von: "LWL-Pressestelle", <presse at lwl.org>
Datum: 25.05.2004, 10:15


AUSSTELLUNG

Sanfte Teufel in der Stahlfabrik

LWL zeigt zum Jubiläum seines Industriemuseums "Schätze der Arbeit"

Mit einer großen Ausstellung feiert der Landschaftsverband
Westfalen-Lippe (LWL) in diesem Jahr das 25-jährige Bestehen des Westfälischen
Industriemuseums. Mehr als 250.000 Objekte hat das Museum in dieser Zeit zusammengetragen -
ein Gedächtnis der Region: Die Objekte liefern einmalige Einblicke in die Arbeits- und
Alltagsgeschichte der Industrialisierung. Das Spektrum reicht vom Abortkübel bis zur
Dampflok, von der Glasmacherpfeife bis zum Henkelmann. Nur ein Bruchteil der Stücke ist
normalerweise in den Dauerausstellungen an den acht Standorten des Museums in Bocholt
(Kreis Borken), Bochum, Dortmund, Hattingen (Ennepe-Ruhr-Kreis), Lage (Kreis Lippe),
Petershagen (Kreis Minden-Lübbecke), Waltrop (Kreis Recklinghausen) und Witten
(Ennepe-Ruhr-Kreis) für die Öffentlichkeit zugänglich. Zum Jubiläum packt das WIM sein
Lager aus und zeigt ab dem 20. Juni in der Zentrale auf der Zeche Zollern II/IV in Dortmund rund
500 "Schätze der Arbeit". 

In einer Serie stellt der LWL die originellsten, ältesten und bedeutsamsten Exponate 
der Ausstellung vor. Das Ölgemälde "Die Krupp'schen Teufel" von
Heinrich Kley Das Bild ist erschreckend: Riesenhafte Wesen haben eine Fabrikhalle besetzt
und sich die Arbeiter scheinbar untertan gemacht. Rauch wabert durch das Dunkel. Und mitten
in dieser dämonischen Szene brennt das Höllenfeuer. Ist es wirklich das Höllenfeuer? Was hat
es auf sich mit den "Krupp'schen Teufeln", wie der Maler Heinrich Kley (1863 bis 1945) sein
Bild genannt hat? Und warum hat die Firma Krupp ein so finsteres Werk in Auftrag gegeben?
Fragen, die der Besucher der WIM-Ausstellung "Schätze der Arbeit" selbst beantworten kann,
wenn er sich in das Bild vertieft. So schrecklich, wie es auf den ersten Blick scheint, ist die
Fabrikszene gar nicht, eher amüsant. Heinrich Kley hält die Stimmung eines wirtschaftlich
erstarkenden Landes fest. Es ist das Jahr 1911. Die Industrie hat Deutschland zu einer der
führenden Nationen in der Welt gemacht. Die Menschen sind stolz auf Technik und Fortschritt,
es herrscht der feste Glauben, die Natur und alles, was noch vor 50 Jahren unberechenbar
schien, beherrschen zu können. Vor diesem Hintergrund ist Kleys Gemälde zu sehen: 

In der Fabrikhalle ruht die Arbeit an den Maschinen, statt dessen halten riesige Teufel und Satyrn
ein Trinkgelage ab. "Kleys Teufel und Satyrn sind allegorische Gestalten, die das
Riesenhafte und Monströse der Schwerindustrie verkörpern", erklärt Olge Dommer,
wissenschaftliche Mitarbeiterin des WIM. "Das Bild ist jedoch nicht als Industriekritik
gemeint, im Gegenteil. Die Arbeiter versorgen die ,Krupp'schen Teufel' mit flüssigem Stahl
und halten sie so im Zaum * ein Symbol dafür, dass die Arbeiter und das Unternehmen die
gewaltigen Kräfte der Stahlproduktion unter Kontrolle haben." Der Mensch wirkt
verschwindend klein angesichts der Riesen. Doch sein Fleiß und sein Know-How machen es
möglich, das Positive aus den Energien zu bündeln, das Monumentale zu beherrschen. Ein
aufmunterndes Bild, das sich in das neue Selbstbewusstsein der Zeit einfügt und eine
Unternehmerideologie widerspiegelt: Das Unkalkulierbare, das Explosive - dargestellt
durch die Teufel - verliert seinen Schrecken, wenn es mit Hilfe neuer Produktionsformen
kontrolliert werden kann. Heinrich Kley war nach seinem Studium an den Kunstakademien in
Karlsruhe und München zunächst als Landschaftsmaler, Genremaler und Historienmaler
tätig, bevor er sich ab der Jahrhundertwende verstärkt der Industriemalerei zuwandte. 

In den "Krupp'schen Teufeln" werden seine vielfältigen Interessen sichtbar, zum Beispiel in
der impressionistischen Atmosphäre mit den starken Licht-Schatten-Spielen oder in den
verwischten Konturen. Doch beherrscht wird das Bild von dem bizarren Gelage. Hier deutet
sich schon sein nächstes Arbeitsfeld an: die satirische Zeichnung. Bis die Zeitschrift 1944
eingestellt wurde, veröffentlichte Kley illustrative Arbeiten in der satirischen
Wochenschrift "Simplicissimus". Die "Krupp'schen Teufel" sind ein Beispiel dafür, wie
Kunst den Geist der Zeit widerspiegeln kann. In der Jubiläumsausstellung "Schätze der
Arbeit" nimmt das großformatige Gemälde von Heinrich Kley aufgrund seiner allegorischen
Bildsprache eine Sonderstellung ein. 


INFO

Schätze der Arbeit 
25 Jahre Westfälisches Industriemuseum 
20. Juni bis 12. September 2004 
(Eröffnung 20. Juni, 11 Uhr) 
Zeche Zollern II/IV
Grubenweg 5
Dortmund-Bövinghausen 
Geöffnet dienstags bis sonntags von 10 bis 18 Uhr