[WestG] [AKT] Walpurgisnacht auf Westfaelisch
Alexander Schmidt
Alexander.Schmidt at lwl.org
Mit Apr 28 14:47:12 CEST 2004
Von: "LWL-Pressestelle", <presse at lwl.org>
Datum: 27.04.04, 09:39
AKTUELL
Walpurgisnacht auf Westfaelisch
In der Walpurgisnacht (Nacht vom 30. April auf den 1. Mai) treiben
die Hexen auf dem Brocken im Harz ihr Unwesen. Das ist spätestens
seit Goethes "Faust" bekannt. Auch in Westfalen "spukte" es früher in der
Walpurgisnacht, doch hier waren die Urheber irdischer Natur: "In vielen
Dörfern trieben die jungen Burschen in der Walpurgisnacht Streiche.
So setzten sie den Mädchen, die zum 1. Mai den Garten noch nicht
bestellt hatten, einen Fuhlen oder Maikerl vor die Tür. Dies war meist eine
Strohpuppe, der alte Kleidungsstücke angezogen wurden", schildert Christiane
Cantauw, Volkskundlerin beim Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL)
einen der "Rügebräuche".
Diese Bräuche stellten diejenigen bloß, deren Verhalten nicht mit der Norm
übereinstimmte. Fleißige Mädchen bekamen anstelle des Maikerls in der Nacht
zum ersten Mai ein Maibäumchen in Form einer kleinen Birke. Auch heimliche
Verehrer stellten ihrer Angebeteten ein grünes Bäumchen - den Ehrenmai - unters
Fenster. In der Gegend um Lübbecke (Kreis Minden-Lübbecke) wurden in der
Walpurgisnacht Gerätschaften, die am Haus abgestellt worden waren,
auseinandergenommen und versteckt. Deshalb waren die Dorfbewohner am
30. April besonders darauf bedacht, ihre Wagen und Pflüge in Schuppen,
Scheunen oder Remisen zu stellen und gut zu verschließen.
Das wilde westfälische Walpurgistreiben hat mit den Hexen am Blocksberg nichts
zu tun: "Der 1. Mai ist ein alter Musterungstermin. Die Nacht vor dem Eintritt in den
Militärdienst galt als Freinacht, in der die jungen Burschen vorerst die letzte
Gelegenheit zu allerhand Unfug hatten", so Cantauw. Die Volkskundlerin betont,
dass sich das ausgelassene Treiben in der Walpurgisnacht bis zur Mitte des
20. Jahrhunderts gehalten habe. "Dazu hat sicherlich beigetragen, dass die
Walpurgisnacht günstig zwischen die anstrengenden Zeiten des Säens und des
Mähens fällt", so Cantauw weiter.
Heute werden die Walpurgisbräuche in Westfalen nicht mehr ausgeübt sttattdessen
hat sich der Maigang am folgenden 1. Mai inzwischen durchgesetzt. Der Brauch,
einen mit bunten Bändern geschmückten Maibaum an zentraler Stelle aufzurichten
und am Fuß dieses Baumes zu tanzen und zu feiern, war gegen Ende des
19. Jahrhunderts nur in wenigen Regionen Westfalens, nämlich im Siegerland
und im Wittgensteiner Land, bekannt. Mittlerweile werden in den meisten
westfälischen Regionen derartige Maibäume aufgestellt. Hintergrund:
Der Name der Walpurgisnacht geht auf die Äbtissin Walburga zurück, die im
8. Jahrhundert lebte und deren Heiligsprechung auf den 1. Mai fiel. Bis auf
die Bezeichnung hat die Walpurgisnacht aber nichts mit der heiligen Walburga
zu tun. Im Gegenteil: Die heilige Walburga wurde früher als Schutzpatronin
gegen die Zauberkunst angerufen.