[Rechtsfr.] Vereinsvormundschaften: BGH_ Urteil _Vergütung und Aufwendungsersatz aus der Staatskasse

Alfred Oehlmann Alfred.Oehlmann at lwl.org
Mo Aug 8 11:35:24 CEST 2011



Werte Leserinnen und Leser
 
wie Sie dem anliegenden Beschluss des Bundsgerichtshofes vom
25.05.2011, Az. XII ZB 625/10 entnehmen können, hat der Senat in
Abänderung seiner bisherigen Rechtsprechung beschlossen, dass nur
noch dann eine Vergütung und Aufwendungsersatz von der Staatskasse
beansprucht werden kann, wenn der Mitarbeiter eines Vereins zum Vormund
bestellt wird.
Der BGH hält nicht mehr an seiner bisherigen Auffassung fest, dass es
für den Vergütungsanspruch unerheblich sei, ob der Mitarbeiter des
Vereins oder der Verein selbst zum Vormund bestellt wird.
 
Wichtig ist jedoch, dass der BGH in 2011 im Ergebnis an einer Vergütung
für die Tätigkeit des (Vereins)-Vormunds festhält und diese nochmals
bekräftigt, wenn eben auch mit der nach vorliegender Auffassung eher
formalen Einschränkung, dass namentlich ein Mitarbeiter des Vereins
bestellt werden muss. 
Der BGH begründet seine Auffassung übrigens u. a. damit, dass das
Gericht so die Möglichkeit hat, auf die Auswahl der die Vormundschaft
tatsächlich führenden Personen Einfluss zu nehmen (vgl. Rn 21 des
Beschlusses). Auch dürfte so eine höhere Transparenz bei der Zahl der
Vormundschaften (Betreuungen) zukünftig realistischer sein (siehe auch
aktuelle Diskussion um Fallzahlbegrenzungen in der Amtsvormundschaft).
 
Bitte beachten Sie aber, dass jedenfalls nach derzeit herrschender
Meinung die Familiengerichte nicht verpflichtet sind, Vereinsvormünder
bzw. Vereine z.B. vorrangig vor Jugendämter (letztere als Amtsvormünder)
zu benennen. 
 
Zur Vergütungshöhe: Der Beschluss führt aus, dass für den
Vergütungsanspruch der Vormundschaftsvereine analog die Regelungen
für Betreuungsvereine anzuwenden sind. Nach Auffassung des BGH sind
nicht die Vorschriften für die Vergütung einer Verfahrenspflegschaft
anzuwenden, sondern diejenigen zur Vergütung der Betreuung selbst, wobei
dann statt der von § 7 VBVG in Bezug genommenen §§ 4 und 5 VBVG, die
speziell auf die Vergütung des Betreuers zugeschnitten sind, § 3
anzuwenden ist, der die Vergütung des Vormunds betrifft. Die Vergütung
richtet sich also nach Auffassung des BGH dann nach dem § 3 VBVG,
Stundensatz des Vormunds (siehe Anlage und Randnummer 26 des BGH
Beschlusses vom 25. Mai 2011).
 
Wenn das Gericht einem einzelnen Mitarbeiter die Vormundschaft
überträgt, steht der Vergütungsanspruch dem Verein zu, § 1897
Absatz 2 Satz 1 BGB in Verbindung mit § 7 VBVG analog, vgl. auch Rn 22
des BGH Beschlusses.
Der Mitarbeiter selber hat keinen Anspruch, § 7 Abs. 3 VBVG analog,
sondern eben sein Anstellungsträger.
 
Für die Praxis bedeutet dies, dass in allen Fällen in denen der Verein
bestellt wird, die Staatskasse nicht mehr verpflichtet wäre, eine
Vergütung zu zahlen (vgl. Rn 37 des BGH Beschlusses).
Ob die bisher bestellten Vereine aus Vertrauensschutzgründen doch noch
Ansprüche gegen die Staatskasse realisieren können, lässt der BGH offen,
scheint dies aber immerhin anzudeuten.
 
Mit freundlichen Grüßen
Ihr 
Alfred Oehlmann
LWL-Landesjugendamt 
Westfalen/Münster 
 





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