[Rechtsfr.] Bundeskinderschutzgesetz - weiter im Fahrplan

Alfred Oehlmann Alfred.Oehlmann at lwl.org
Fr Jul 1 13:01:15 CEST 2011


Achtung: Anlage umfasst 113 Seiten! 
 
Bundeskinderschutzgesetz - 1. Lesung zum Gesetzentwurf der
Bundesregierung am 1.Juli im Bundestag - Überweisung zur Beratung an die
Fachausschüsse beschlossen
oder warum Lotte Marie wahrscheinlich mit einem neuem
Bundeskinderschutzgesetz aufwachsen wird
 
 
Werte Leserinnen und Leser, 
 
zum Gesetzentwurf der Bundesregierung hat  heute morgen (1.Juli ) in 1.
Lesung im Plenum des Bundestages über den Entwurf des
Bundeskinderschutzgesetzes beraten.  Zur 1. Lesung waren immerhin 1:15
Minuten vorgesehen (siehe TOP 35 der Tagesordnung im beigefügten Link):
 
http://www.bundestag.de/dokumente/tagesordnungen/118.html
 
Der Bundestag hat erwartungsgemäß den Gesetzentwurf der Bundesregierung
zur weiteren Beratung an die Fachausschüsse des Bundestages überweisen.
Damit ist der Gesetzentwurf noch vor der Sommerpause in den Bundestag
eingebracht und das Ziel einer Verabschiedung mit einem In-Kraft-Treten
zum 1.01.2012 nicht unrealistisch, wenngleich die Liste der  möglichen
Diskussion- und Verhandlungspunkte lang ist. Gleichwohl wird Lotte Marie
(Glückwunsch zur Geburt!), die Tochter der Bundesfamilienministerien,
wohl mit einem neuen Bundeskinderschutzgesetz aufwachsen (aber mit
großer Sicherheit davon nicht betroffen sein). 
 
Interessant an dem Gesetzentwurf (BT-Drucksache 17/6256 vom 22. Juni
2011) ist neben dem eigentlichen Entwurfstext die ungewöhnlich
umfangreiche Vorabstellungnahme des Bundesrates (vgl. Seite 70 - 97 der
BT Drucksache) und die dazu erfolgte Gegenäußerung der Bundesregierung
(Seite 98 bis 112 der BT- Drucksache 17/6256). 
 
Immerhin will die Bundesregierung in mehreren Punkten den Anregungen
des Bundesrates folgen. So soll u.a. die Verantwortung für
Kinderschutznetzwerke klar Aufgabe der Jugendhilfe sein und die
Verantwortung eindeutig beim örtlichen Träger der Jugendhilfe liegen
(S.74, 101, BT-Drucksache) u.a.m.
 
Abgelehnt wird hingegen der Vorschlag des Bundesrates für eine
Länderöffnungsklausel im Hinblick auf die Weitergabe von
Informationen durch Berufsgeheimnisträger z.B. Ärzte. Die
Bundesregierung will keine Verpflichtung zur Weitergabe von
Informationen zur Kindeswohlgefährdung durch Länderrecht ermöglichen,
weil dies Eltern davon abhalten könnte, ihr Kind einem Arzt/einer Ärztin
vorzustellen (S. 102, 76 BT-Drucksache).
 
Beibehalten will die Bundsregierung auch die Einführung verbindlicher
Vorgaben für eine kontinuierliche Qualitätsentwicklung in der Kinder-
und Jugendhilfe. Entgegen der Auffassung des Bundesrates setze der
Gesetzentwurf nicht auf eine staatliche Definition fachlicher Standards,
sondern auf eine verbindliche Verständigung, Qualitätsmerkmale, Maßstäbe
zur Bewertung von Qualität und Instrumente zur Sicherung von Qualität im
Rahmen eines Qualitätsdialogs zwischen öffentlichen und freien Trägern
(S. 104, 80 und 81 der BT-Drucksache). 
Schließlich lehnt die Bundsregierung - aus meiner Sicht bedauerlich -
eine Art über das SGB V finanzierten "Präventionsbeitrag" des
Gesundheitssystem z. B. zur finanziellen Absicherung von Netzwerken und
für die allgemeine Gesundheitsvorsorge von Kindern ab (Seite 106, 87
BT-Drucksache)
 
Abgelehnt wird letztlich auch eine isolierte Änderung des
Adoptionswirkungsgesetzes mit ausführlicher Begründung (Seite 109-111
BT-Drucksache)
 
Hinsichtlich weiterer Details wird auf die beigefügte bzw. auf der
Homepage des Bundestages downloadbare Fassung der BT- Drucksache
17//6256 vom 22. Juli 2011 verwiesen. 
 
Ferner ist der Text des Bundstagespressedienstes von dieser Woche zum
Bundeskinderschutzgesetz an diesen Mailtext zur Information angehängt. 
 
Ich wünsche allen Leserin und Leserinnen möglichst beizeiten ein
schönes Wochenende 
 
Ihr 
Alfred Oehlmann
LWL-Landesjugendamt 
Westfalen/Münster 
 
(siehe ggf. auch: 
http://www.bmfsfj.de/BMFSFJ/kinder-und-jugend,did=173722.html
 
oder 
Heute im Bundestag Nr. 65 vom 28.Juli 2011 (Auszug): 
 
"1.   Regierung bringt Bundeskinderschutzgesetz in den Bundestag ein
Familie, Senioren, Frauen und Jugend/Gesetzentwurf
Berlin: (hib/AW) Die Bundesregierung will den aktiven Schutz von
Kindern und Jugendlichen stärken. Über den entsprechenden Gesetzentwurf
(17/6256 ( http://dip.bundestag.de/btd/17/062/1706256.pdf )) berät der
Bundestag am Freitag in erster Lesung. Ziel des Gesetzes ist es zum
einen, Kinder und Jugendliche besser gegen sexuellen Missbrauch zu
schützen. So sollen zukünftig alle in der Kinder- und Jugendhilfe
Beschäftigten zur Vorlage eines erweiterten Führungszeugnisses
verpflichtet werden. Zudem sollen die Träger der öffentlichen Kinder-
und Jugendhilfe zusammen mit den freien Trägern Vereinbarungen über die
Tätigkeiten treffen, bei denen die Vorlage erweiterter Führungszeugnisse
auch durch ehrenamtliche Personen notwendig ist. Durch diese Regelung
sollen alle einschlägig vorbestraften Personen von der Beaufsichtigung,
Betreuung, Erziehung oder Ausbildung von Kindern und Jugendlichen
ausgeschlossen werden. Die Erfahrung habe gezeigt, dass Menschen mit
pädophilen Neigungen gezielt nach Tätigkeiten in der Kinder- und
Jugendarbeit suchten. Mit dieser Bestimmung werde auch ersten
Ergebnissen des Runden Tisches gegen sexuelle Gewalt Rechnung getragen.
Nicht betroffen sind ehrenamtliche Tätigkeiten beispielsweise bei der
Freiwilligen Feuerwehr, dem Kirchenchor oder in Sportvereinen außerhalb
der Jugendarbeit. 

Um die Gefährdung von Kindern und Jugendlichen abzuwenden, sollen nach
dem Willen der Regierung Geheimnisträger notfalls Informationen an die
Jugendämter weiterzugeben. Zuvor sollen sie allerdings bei den
betroffenen Kindern und Jugendlichen sowie ihren Sorgeberechtigten auf
die Inanspruchnahme von Hilfsangeboten hinwirken. Zu den Geheimträgern
zählen Ärzte, Hebammen und Angehörige anderer Heilberufe mit
staatlich geregelter Ausbildung, Psychologen, Ehe, Familien-,
Erziehungs- und Jugendberater, Berater für Suchtfragen, Mitglieder einer
anerkannten Beratungsstelle nach dem Schwangerschafts-konfliktgesetzes,
staatlich anerkannte Soziarbeiter und Sozialpädagogen, sowie Lehrer an
öffentlichen Schulen. Außerdem soll die Zusammenarbeit der
Jugendämter zum Schutz von Kindern verbessert werden, deren Eltern
sich durch Wohnungswechsel der Kontaktaufnahme entziehen wollen.
Einen zweiten Schwerpunkt legt die Bundesregierung in ihrem
Gesetzentwurf auf den Ausbau von Hilfen zur Stärkung der elterlichen
Erziehungskompetenz während der Schwangerschaft und in den ersten
Lebensjahren des Kindes. So sollen Eltern sowie werdende Mütter und
Väter über das Leistungsangebot von Beratungsstellen im örtlichen
Einzugsbereich informiert werden. Die nach dem jeweiligen Landesrecht
für die Information zuständigen Stellen sind zudem befugt, den Eltern
ein persönliches Gespräch anzubieten. In den Bundesländern sollen zudem
verbindliche Strukturen der Zusammenarbeit der Leistungsträger und
Institutionen im Bereich des Kinderschutzes aufgebaut werden. In das
Netzwerk sollen unter anderem die Einrichtungen der öffentlichen und
freien Jugendhilfe, Gesundheits- und Sozialämter, Schulen, Polizei- und
Ordnungsbehörden, Agenturen für Arbeit, Krankenhäuser, Schwangerschafts-
und Beratungsstellen für soziale Problemlagen, Familienbildungsstätten
und Familiengerichte eingebunden werden. Durch eine zeitlich befristete
Bundes-initiative soll außerdem das System von Familienhebammen
ausgebaut werden. 
Nach Angaben der Regierung entstehen durch das Gesetzes-vorhaben in den
Jahren 2012 bis 2015 für den Bund jährliche Ausgaben von 30 Millionen
Euro. Die Hauptlast der Ausgaben hingegen müssten von den Bundesländern
getragen werden. Neben einmaligen Umstellungs- und Aufbaukosten von
25,08 Millionen Euro im Jahr 2012 und 25 Millionen Euro im Jahr 2013
fallen jährliche Mehrkosten von 64,03 Millionen Euro an."
(Auszug aus Pressedienst Heute im Bundestag Nr. 265  vom 28. Juni
2011)
 


Der LWL im Überblick:  
Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet als
Kommunalverband mit 13.000 Beschäftigten für die 8,3 Millionen Menschen
in der Region. Der LWL betreibt 35 Förderschulen, 20 Krankenhäuser, 17
Museen und ist einer der größten deutschen Hilfezahler für Menschen mit
Behinderung. Er erfüllt damit Aufgaben im sozialen Bereich, in der
Behinderten- und Jugendhilfe, in der Psychiatrie und in der Kultur, die
sinnvollerweise westfalenweit wahrgenommen werden. Die neun kreisfreien
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tragen und finanzieren den Landschaftsverband, den ein Parlament mit 101
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