[Rechtsfr.] OVG : Kindertagespflege / Versagung / Erlaubnis / Grundsätzliches
Alfred Oehlmann
Alfred.Oehlmann at lwl.org
Mo Okt 19 12:47:05 CEST 2009
Werte Leserinnen und Leser,
die Kindertagespflege soll quantitativ immer mehr ausgebaut werden.
Insofern ist es sicher von Bedeutung, unter welchen Voraussetzungen die
Erlaubnis zur Kindertagespflege zu versagen ist. Deshalb übermittele ich
Ihnen einen Beschluss des Oberverwaltungsgericht für das Land NRW (Az.
12 B 1224/08, Vorinstanz VG Münster) vom 2.September 2008.
Das Hauptsacheverfahren wurde erst Anfang Oktober 2009 beendet,
nachdem die Klägerin auf entsprechenden richterlichen Hinweis zu den
mangelnden Erfolgsaussichten Ihrer Klage die Klage zurückgenommen hat.
Dem Text des OVG Beschlusses (Anlage) sind selbst gebildete Leitsätze
voran gestellt.
Mit freundlichem Gruß
Ihr
Alfred Oehlmann-Austermann
LWL-Landesjugendamt
Westfalen/Münster
Alfred Oehlmann-Austermann, LWL- Landesjugendamt Westfalen-Lippe,
Münster/Westfalen
Bestätigung der Nichterteilung einer Betrieberlaubnis für
Kindertagespflegeperson nach § 43 SGB VIII wg. nicht gewaltfreier
Betreuung und wegen mangelnder Kooperation mit dem Jugendamt
Das nachfolgende Beschluss (siehe Anlage) bestätigt die bisherige Linie
der Rechtsprechung des OVG Münster, dem Kindesschutz und Kindeswohl
auch im Rahmen von Erlaubniserteilung sei es für Einrichtungen oder z.B.
wie hier für Kindertagespflegepersonen deutlichen Vorrang vor sonstigen
Kriterien einzuräumen.
1. Mit Blick auf die in § 43 Abs. 2 Sätze 2 und 3 SGB VIII deutlich
erkennbare Zielrich-
tung des § 43 Abs. 2 SGB VIII, über das Merkmal der Eignung der
Tagespflegeper-
son Qualitätsstandards zu setzen und eine kindgerechte Pflege der zu
betreuenden
Kinder sicherzustellen, kann sich eine Tagespflegeperson u.a. nur dann
durch ihre
Persönlichkeit und Sachkompetenz im Sinne des § 43 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1
SGB VIII
„auszeichnen, wenn sie den zu betreuenden Kindern ein in jeder
Beziehung, kindge-
rechtes Umfeld zur Verfügung stellt und die Kinder bei der Tagespflege
deshalb auch
nicht solchen Risiken oder Gefährdungen aussetzt, die ihrer Entwicklung
schaden
können. (Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 8. November 2006 12 B 2077/06 -),
siehe S. 5 des Beschlusses.
2. Danach gehört zu den erforderlichen charakterlichen Eigenschaften
einer Pflegeper-
son, die diese befähigt, die in § 22 Abs. 2 und 3 SGB VIII normierten
Ziele der Ta-
gespflege erfüllen zu können, eine ausreichende psychische
Belastbarkeit und Zu-
verlässigkeit, um in der Bewältigung auch unerwarteter Situationen
flexibel reagieren
zu können, sowie ausreichendes Verantwortungsbewusstsein und
hinreichende emo-
tionale Stabilität, damit das Kind und seine Rechte voraussichtlich
unter allen Um-
ständen geachtet werden. Ferner muss eine geeignete Tagespflegeperson
ihr Han-
deln begründen und reflektieren können und fähig zum konstruktiven
Umgang mit
Konflikten und Kritik sein (siehe Seite 5 des Beschlusses)
3. Diesen Anforderungen muss eine Tagesmutter namentlich auch im
Hinblick auf den
vom Kindeswohl umfassten Anspruch auf gewaltfreie Erziehung (siehe §
1631 Abs. 2
BGB) genügen (Seite 6 des Beschlusses).
4. Der in der Ablehnung der Tagespflegeerlaubnis begründete
Grundrechtseingriff steht
auch im übrigen nicht außer Verhältnis zu dem verfolgten Zweck. Denn es
spricht
alles dafür, dass der Zweck, die Tagespflegekinder vor u.U. sogar
traumatisierenden
Erlebnissen zu bewahren, gegenüber dem in erster Linie wirtschaftlichen
Interessen
der Antragstellerin, als Tagespflegemutter tätig zu sein, deutlich
vorrangig ist (s .letzte Seite des Beschlusses).
Der OVG Beschluss und der zugrunde liegende Sachverhalt ist beigefügt.
Der LWL im Überblick:
Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet als
Kommunalverband mit 13.000 Beschäftigten für die 8,5 Millionen Menschen
in der Region. Der LWL betreibt 35 Förderschulen, 19 Krankenhäuser, 17
Museen und ist einer der größten deutschen Hilfezahler für Menschen mit
Behinderung. Er erfüllt damit Aufgaben im sozialen Bereich, in der
Behinderten- und Jugendhilfe, in der Psychiatrie und in der Kultur, die
sinnvollerweise westfalenweit wahrgenommen werden. Die neun kreisfreien
Städte und 18 Kreise in Westfalen-Lippe sind die Mitglieder des LWL. Sie
tragen und finanzieren den Landschaftsverband, den ein Parlament mit 100
Mitgliedern aus den Kommunen kontrolliert.
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