[Rechtsfr.] Führerscheinentzug: Auch wer betrunken mit dem Rad erwischt wird, ist gefährdet!

Alfred Oehlmann Alfred.Oehlmann at lwl.org
Di Mai 27 14:39:48 CEST 2008


Werte Leserinnen und Leser,

besonders für Fachkräfte die mit der Gruppe der ab 17jährigen
zusammenarbeiten, die einen Führerschein gemacht haben, könnte das
nachfolgende Urteil von Interesse sein:

Das Bundesverwaltungsgericht hat in einem Urteil vom 21.05.2008
entschieden, dass    der Führerscheinentzug auch nach Trunkenheitsfahrt
mit Fahrrad möglich ist (Az.3 C 32.07). Hat ein Fahrerlaubnisinhaber als
Radfahrer mit einem Blutalkoholgehalt von 1,6 Promille oder mehr am
Straßenverkehr teilgenommen, darf die Fahrerlaubnis entzogen werden,
wenn die Gefahr besteht, dass er künftig auch ein Kraftfahrzeug in
fahruntüchtigem Zustand führen wird. Dem Urteil lag folgender
Sachverhalt zugrunde:

Bei einer Polizeikontrolle war festgestellt worden, dass der Kläger mit
einer Blutalkoholkonzentration von mindestens 2,09 Promille Fahrrad
fuhr. In zwei medizinisch-psychologischen Gutachten wurde dem Kläger die
Fähigkeit abgesprochen, zwischen Alkoholkonsum und dem Führen von
Kraftfahrzeugen hinreichend trennen zu können, da er sein Trinkverhalten
nicht hinreichend stabil geändert habe. Daraufhin entzog ihm die
Beklagte die Fahrerlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen der Klasse C1E
(früher Klasse 3). Diese Entscheidung hat das Verwaltungsgericht
aufgehoben. Es ist der Auffassung, dass vom Kläger keine stabile
Änderung seines Trinkverhaltens gefordert werden dürfe, da er bislang
nur mit einem Fahrrad, nicht aber mit einem Kraftfahrzeug betrunken am
Straßenverkehr teilgenommen habe. 
Das Bundesverwaltungsgericht hat das angegriffene Urteil geändert und
die Klage abgewiesen. Nach der Wertung der Fahrerlaubnisverordnung
begründet auch die Trunkenheitsfahrt mit einem Fahrrad bei einem
Alkoholpegel von mindestens 1,6 Promille Zweifel an der
Kraftfahreignung. In dem deshalb einzuholenden
medizinisch-psychologischen Gutachten ist zu klären, ob nach dem
gezeigten Trinkverhalten, der Vorgeschichte und dem Persönlichkeitsbild
des Betroffenen die Gefahr besteht, dass er künftig auch ein
Kraftfahrzeug unter unzulässigem Alkoholeinfluss führen wird. Wurde beim
Betroffenen ein chronisch überhöhter Alkoholgenuss und eine damit
einhergehende Unfähigkeit zu einer realistischen Einschätzung der bei
einer Teilnahme am Straßenverkehr drohenden Gefahren festgestellt, setzt
die Bejahung der Kraftfahreignung regelmäßig eine gefestigte Änderung
seines Trinkverhaltens voraus. 
BVerwG 3 C 32.07 - Urteil vom 21. Mai 2008 

Ihr 
Alfred Oehlmann-Austermann
LWL-Landesjugendamt
Westfalen/Münster