[WestG] [AKT] Ein Zeichen gegen das Vergessen - Paderborn erinnert an die Pogromnacht vor 80 Jahren

Holtrup, Sandra Sandra.Holtrup at lwl.org
Di Nov 13 08:45:31 CET 2018


Von: "Pressestelle der Stadt Paderborn" <pressestelle at paderborn.de>
Datum: 12.11.2018, 09:18


AKTUELL

Ein Zeichen gegen das Vergessen - Paderborn erinnert an die Pogromnacht vor 80 Jahren  

Anlässlich des 80. Jahrestages der Reichspogromnacht wurde am Freitag, 9. November, der geflohenen und ermordeten Paderborner Jüdinnen und Juden gedacht. Die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit hatte zusammen mit der Stadt Paderborn zu einer Gedenkfeier am Mahnmal An der Alten Synagoge eingeladen, an die ein Vortrag des Historikers Dr. Ludger Joseph Heid im Historischen Rathaus anschloss. Beide Veranstaltungen fanden im Rahmen der Reihe "Gemeinsam gegen Antisemitismus" statt, an der sich im Zeitraum von Oktober bis Dezember verschiedene Initiativen und Vereine beteiligen. 

Zu Beginn der Gedenkfeier erinnerte Monika Schrader-Bewermeier, katholische Vorsitzende der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit, an die Novemberpogrome von 1938, bei denen auch die Synagoge in Paderborn zerstört wurde. An ihrem damaligen Standort, an dem heute das Mahnmal des 2018 verstorbenen Künstlers Per Kirkeby steht, findet das jährliche Gedenken an die Ereignisse statt. "Das Erinnern bedarf immer auch einer Einordnung in die heutige Zeit", betonte Schrader-Bewermeier, die dazu aufforderte, entschieden für ein Leben in Freiheit und Sicherheit einzutreten. 

Auch Bürgermeister Michael warnte davor, die Augen vor der Vergangenheit zu verschließen. Dreier zeigte sich besorgt angesichts der steigenden Zahl antisemitischer Vorfälle in Deutschland und der Welt. In seiner Ansprache blickte er unter anderem auf den jüngsten Anschlag in einer Synagoge in Pittsburgh, bei dem elf Menschen getötet und sechs weitere verletzt wurden. "Wir müssen dafür sorgen, dass wir auch in Zukunft friedlich zusammenleben können", mahnte Dreier. Das Gedenken der zahlreichen Bürgerinnen und Bürger, die zum Mahnmal gekommen waren, sei "ein wichtiges Zeichen gegen das Vergessen und für die Versöhnung". Gemeinsam mit Monika Schrader-Bewermeier und Alexander Kogan, Vorsitzender der Jüdischen Kultusgemeinde Paderborn, legte er einen Kranz am Mahnmal nieder. Zuvor verlasen Schülerinnen und Schüler der Friedrich-Spee-Gesamtschule die Namen der ermordeten Paderborner Jüdinnen und Juden. Auszubildende der Stadt Paderborn erinnerten an das Schicksal der Paderborner Familie Schirding und von Emilie Rosenthal. Musikalisch gestaltet wurde die Veranstaltung von Johannes Schäfer (Akkordeon) und Matthias George (Violine). 

Im Anschluss an die Gedenkstunde hielt Dr. Ludger Joseph Heid von der Universität Duisburg-Essen einen Vortrag zum Thema "Der Novemberpogrom 1938 und sein Platz in der Geschichte". Vor rund 150 Zuhörern sprach der Historiker im großen Saal des Historischen Rathauses über die Geschehnisse in der Nacht vom 9. auf den 10. November, über die politischen Entwicklungen, die ihr vorausgingen, sowie über ihre Folgen. Dabei ging er auch auf die Ausschreitungen in Paderborn ein, die anders als in vielen anderen Städten erst am 10. November begannen, da die Feuerwehr zunächst Vorkehrungen zum Schutz der Nachbarhäuser traf, ehe die Synagoge in Brand gesetzt wurde. Als "nicht enden wollende Kette von Straftaten in aller Öffentlichkeit, von konkreten Tätern an konkreten Opfern" habe die Reichspogromnacht alles verändert, so Heid. Sie sei zugleich eine Art Test an der Bevölkerung gewesen, inwieweit sie bereit dazu war, diese Entwicklung zu akzeptieren. Die Antwort auf die Frage, wie es so weit kommen konnte, ließe sich nicht nur in der Geschichte beantworten, sagte Heid mit Blick auf die Verfolgung von Menschen auch in heutiger Zeit. 

Nach dem Vortrag hatten die Besucher die Möglichkeit, sich die Ausstellung "Nie mehr vergessen" von Schülerinnen und Schülern des Goerdeler-Gymnasiums anzusehen. Auf Stellwänden teilten sie ihre Gedanken und Gefühle zu einer Fahrt nach Ausschwitz, die sie im September 2018 unternommen hatten.



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