[WestG] [AUS] "Scheiße sagt man nicht!" - LWL-Freilichtmuseum Detmold stellt die Geschichte der Toilette in den Mittelpunkt des Themenjahrs
Pattberg, Julia
Julia.Pattberg at lwl.org
Fr Mär 18 10:33:29 CET 2016
Von: "LWL-Pressestelle" <presse at lwl.org>
Datum: 17.03.2016, 12:20
AUSSTELLUNG
"Scheiße sagt man nicht!" - LWL-Freilichtmuseum Detmold stellt die Geschichte der Toilette in den Mittelpunkt des Themenjahrs
Keine Frage, der Gang zur Toilette ist für die meisten Menschen etwas sehr Intimes, darüber zu reden ist ein Tabu. Doch war das Gefühl von Scham bei früheren Generationen auch schon so ausgeprägt? Seit wann gibt es die Wasserspülung und Toilettenpapier? Und wie funktioniert die Kommunikation auf öffentlichen Toiletten? Diese und weitere Fragen rund um das "stille Örtchen" beantwortet das LWL-Freilichtmuseum Detmold in der Saison 2016. In seinem Themenjahr unter dem Titel "Scheiße sagt man nicht! Eine Ausstellung über/für Groß und Klein" rückt das Museum des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) ab Karfreitag (25.3.) die Geschichte der Toilette und Hygiene in den Mittelpunkt.
"Der Umgang mit der Toilette und die Entwicklung des stillen Örtchens im Laufe der Geschichte sagen sehr viel über das Leben früherer Generationen und unsere heutige Gesellschaft aus", erklärte LWL-Kulturdezernentin Dr. Barbara Rüschoff-Thale bei der Vorstellung des Themenjahres am Donnerstag (17.3.). Wurde die Notdurft früher noch draußen verrichtet, beispielsweise auf dem Donnerbalken oder im hölzernen Aborthäuschen, so rückte schon mit dem Bau von Aborterkern an Burgen, Schlössern und Wohnhäusern die Toilette enger an den Wohnbereich heran. Zahlreiche Beispiele dieser unterschiedlichen Toilettenformen gibt es im Museumsgelände zu sehen.
"Und auch in unserer Sammlung sind sehr interessante Objekte, die zeigen, dass dieses Thema ein wichtiger Aspekt der Alltagskultur ist und insofern hervorragend zu unserem Landesmuseum für Volkskunde passt", ergänzte LWL-Museumsdirektor Prof. Dr. Jan Carstensen. Vor allem die sogenannten Nacht- und Leibstühle veranschaulichen, dass das Verrichten der Notdurft schon früher gerne getarnt wurde. Denn diese geben erst bei genauer Betrachtung ihre Funktion preis. Auf den ersten Blick sehen sie aus wie Wohnmöbel, beispielsweise wie Kommoden, Sessel oder Nachtschränke. Auch wenn diese "Toiletten-Möbel" längst aus der Mode gekommen sind, so gibt sich auch unsere heutige Gesellschaft alle Mühe, die unangenehmen Aspekte des Toilettengangs zu verstecken. Das Bad wird zur Wellnessoase, in der Duftspender oder Toiletten, die Musik abspielen, die natürlichen Gerüche und Geräusche übertönen sollen. "Niemand gibt gerne Einblick in seine Toilettengewohnheiten, aber manchmal kommen wir nicht mehr darum herum", so Rüschoff-Thale. "Wenn wir im Krankenhaus oder pflegebedürftig sind, erst dann wird einem so richtig bewusst, dass der Gang zur Toilette viel mit einem selbstbestimmten Leben zu tun hat." Es sei daher auch ein wichtiges gesellschaftliches Thema, das im LWL-Freilichtmuseum einen würdigen und passenden Rahmen gefunden habe, so die LWL-Kulturdezernentin. Denn auch die Grenzen der eigenen Autonomie werden in der Sonderausstellung thematisiert. Aber auch Aspekte wie Ökologie, Hygiene, Krankheiten, Toilettenzubehör oder mittelalterliche Kloakenfunde finden sich in der Ausstellung. Zudem haben die Besucher die Gelegenheit zu einem Blick über den Schüsselrand auf vielfältige Toiletten aus aller Welt.
Eine Bahnhofstoilette in der Ausstellung
Der Höhepunkt innerhalb der Sonderausstellung ist ein Raum, der wie eine öffentliche Toilette, etwa ein Bahnhofsklo, gestaltet ist. Die Wände wurden weiß gefliest und anschließend von fünf Illustratoren mit Ausstellungstexten und Zeichnungen im Graffiti-Stil beschriftet. Ein davon abgegrenzter "Tabubereich" thematisiert den Zusammenhang von öffentlichen Toiletten, Sex und Drogen. "Dort können die Besucher selbst entscheiden, ob sie es sich ansehen möchten oder nicht", so Ausstellungskuratorin Janina Raub.
Doch auch Familien mit Kindern kommen nicht zu kurz, denn für die Kleinen ist ebenfalls ein Bereich eingerichtet, in dem sie sich spielerisch mit dem Thema Sauberkeitserziehung beschäftigen können. "Da wir in diesem Jahr nicht nur eine Ausstellung über das große und kleine Geschäft zeigen möchten, sondern auch für unsere großen und kleinen Besucher, haben wir sogar eigene Geländestationen für Kinder. Dabei können die jüngeren Besucher der bekannten Geschichte 'Vom kleinen Maulwurf, der wissen wollte, wer ihm auf den Kopf gemacht hat' von Werner Holzwarth und Wolf Erlbruch folgen und die verschiedenen Museumstiere noch einmal auf neue Art kennenlernen", so Raub.
Begleitprogramm und Veranstaltungshöhepunkte
Darüber hinaus gibt es auch im Jahresprogramm einige Veranstaltungen, die sich spielerisch und kreativ mit den Themen Toilette und Hygiene auseinandersetzen: von der Seifenherstellung über den Märchennachmittag mit Klolektüre bis hin zum Basteln mit Klorollen, von der Führung durch die Detmolder Kläranlage über das Flechten von Toilettenpapierkörbchen bis zum "Stoffwechselturbo Sauerkraut". Feste Größen im Terminkalender sind erneut der Freilichtgenuss (3./4. September) und der Museumsadvent (2.-4. Dezember). "Wenn wir diese Veranstaltungen nicht mehr anbieten würden, würden sich unsere Besucher massiv beschweren", so Carstensen.
Alle, die gerne einen eintrittsfreien Tag für ihren Museumsbesuch nutzen möchten, sollten sich jeweils am 22. eines Monats auf den Weg ins LWL-Freilichtmuseum Detmold machen. Einzige Ausnahme: Da der 22. August ein Montag ist, ist in dem Fall der 23. August eintrittsfrei.
Projekt "Museumsschläfer - Expedition in die Geschichte" startet im Mai
"Ich freue mich sehr, dass wir in dieser Saison den Hof Remberg für Schulklassen öffnen können", so Rüschoff-Thale. Ab Mai können dort Kinder und Jugendliche als "Museumsschläfer", so der Titel des Projekts, in die Geschichte eintauchen und an bis zu vier Tagen den Museumsalltag miterleben und selbst ausprobieren, wie die Menschen früher gelebt haben. "Das werden unvergessliche Erlebnisse, die Geschichte noch einmal ganz anders zugänglich machen", zeigte sich Rüschoff-Thale überzeugt.
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