[WestG] [LIT] Neuerscheinung: Das aeltere Protokollbuch der Sprockhoeveler Markengenossenschaft

Pawlitta, Pascal Pascal.Pawlitta at lwl.org
Mi Sep 10 08:48:23 CEST 2014


Von: "Geschichtskultur Ruhr" <geschichtskultur-bounces at hclist.de>
Datum: 09.09.2014, 09:09
Übernahme aus der Liste "Geschichtskultur Ruhr"


LITERATUR

Neuerscheinung: Das aeltere Protokollbuch der Sprockhoeveler Markengenossenschaft


Im Rahmen seiner Schriftenreihe hat der Heimat- und Geschichtsverein Sprockhövel e.V. soeben den 10. Band veröffentlicht:

Christian F. Seidler:
Das ältere Protokollbuch der Sprockhöveler Markengenossenschaft.
Die Höltings-Protokolle von 1634 bis 1664
- vollständige Quellenedition - 


Das ältere Protokollbuch ist die für die Ortgeschichte und die Familienforschung in Sprockhövel wichtigste Quelle des 17. Jahrhunderts. In ihr werden 343 Vorgänge aufgezeichnet, die vor allem Pachtabgaben der Markenerben und Kötter an die Markengenossenschaft betreffen. Daneben werden die Auswirkungen des Dreißigjährigen Krieges und die Verstöße gegen die Markenordnung beschrieben. Waldfrevel oder Grenzverletzungen ahndete die Markengenossenschaft mit hohen Geldstrafen. In zwei Fällen sind sogar Haftstrafen überliefert. 

Der bekannte Regionalhistoriker Fritz Lehmhaus veröffentlichte schon 1929 seine 46seitige Schrift "Die Sprockhöveler Markengenossenschaft". Robert Grosse-Stoltenberg publizierte 1975 seinen sechsseitigen Aufsatz "Auszüge aus den Höltings-Protokollen von Sprockhövel" im Märker, der landeskundlichen Zeitschrift für den Bereich der ehemaligen Grafschaft Mark und den Märkischen Kreis. Doch erst jetzt erscheint erstmals eine vollständige Quellenedition des älteren Protokollbuchs mit Abbildung und Transkription sämtlicher Protokollseiten. Der Autor ist Christian F. Seidler, ein selbständiger Düsseldorfer Unternehmensberater, der sich seit vielen Jahren in seiner Freizeit mit Familienkunde, Namenforschung und Regionalgeschichte beschäftigt. In Sprockhövel forscht er vor allem zur Geschichte der Familie und des Siedlungsplatzes Freisewinkel. Dieser Name wird in den Höltings-Protokollen mehrfach genannt. Deshalb beschloss Seidler, das ältere der beiden überlieferten Protokollbücher zu transkribieren und editieren. Er beschreibt zunächst allgemein die historische Entwicklung von Marken  und Markengenossenschaften. Dann untersucht er die insgesamt spärlichen Überlieferungen zur Sprockhöveler Mark und Markengenossenschaft. Dabei weist er die Existenz der Sprockhöveler Mark um 1400 nach: In einer Handschrift aus der Klevischen Kanzlei, in der die Marken in der Grafschaft Mark beschrieben werden, heißt es: "Primo in der Sprochoveler marke nicht ekerens".  - Wegen geringem Fruchtansatz konnten im Berichtsjahr keine Schweine zur Eichelmast in den Markenwald getrieben werden. Seidler legt in seinem Buch dar, dass die Sprockhöveler Markengenossenschaft als frühe Form der Selbstverwaltung von Bauern und Köttern deutlich vor 1634, dem Beginn der Überlieferungen, entstanden sein muss. Er stützt sich dabei auf Indizien im Protokollbuch selbst, z. B. das plötzliche Einsetzen der knappen Aufzeichnungen, die etablierte Strukturen offensichtlich als bekannt voraussetzen. Auch die Strafgelder für Verstöße gegen die Markenordnung verweisen auf die Entstehung vor 1634: Sie wurden in Goldgulden festgesetzt, der zur Zeit der Zugehörigkeit der Mark zu den Vereinigten Herzogtümern Jülich-Kleve-Berg (1521-1609) im Umlauf war, während mit der Zugehörigkeit der Mark zu Brandenburg-Preußen (ab 1609) sukzessive der Taler Landeswährung wurde. 

Es gelingt dem Autor, fast alle im älteren Protokollbuch genannten Höfe und Kotten sowie zahlreiche Markenfluren zu lokalisieren. Dafür vergleicht er die Lagebeschreibungen im älteren Protokollbuch mit dem Urkataster (1820/30). So weist er nach, dass die Anwesen immer noch an derselben Stelle und häufig noch im Besitz derselben Familien waren. Seidler zeigt auf, dass im 17. Jahrhundert Markengrundstücke auch noch in der Nähe der Siedlungskerne lagen, und dass die zumeist am Rande der damaligen Besiedlung gelegenen Markenkotten auch 1820/30 noch die wesentliche Grundlage für die Gemarkungsgrenze Niedersprockhövels nach dem Urkataster bildeten. 
  
Ein besonderes Highlight des Buches ist die herausnehmbare Karte im Format DIN A2. Weil für Sprockhövel des 17. Jahrhundert keine Karte überliefert ist, sind die Lagen der Anwesen aus dem älteren Protokollbuch und die Gemarkungsgrenze des frühen 19. Jahrhunderts auf eine aktuelle topographische Karte projiziert. So wird in einer Art Synopse die Entwicklung der Besiedlung über einen Zeitraum von fast 400 Jahren sichtbar. Abgerundet wird die Quellenedition durch ein nach Namen geordnetes Register und ein umfangreiches Literaturverzeichnis. 

Der HGV hofft, dass die durch Förderung der Sparkassenstiftung ermöglichte Veröffentlichung bei den an der Geschichte unserer Stadt interessierten Lesern großen Zuspruch  findet. Der Verein stellt das Buch der Öffentlichkeit im Rahmen des Stadtfests am 14.09. um 16:00 Uhr in seiner Heimatstube Hauptstraße 85 / Am Grevendiek vor. 

Das aufwändig ausgestatte Buch umfasst 215 Seiten DIN A4 mit über 70 s/w Abbildungen und kann ab 12.09.2014 über den HGV e.V. und den Buchhandel zum Preis von 14,50 EUR bezogen werden. ISBN 978-3-00-046718-9 

Kontakt: Rainer Kaschel, Tel. 02339/124489 oder Christian F. Seidler Tel. 0172/2967817


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