[WestG] [AKT] LWL zeichnet die JVA Muenster als Denkmal des Monats aus - Aeltestes erhaltenes Gefaengnis aus preussischer Zeit

Pawlitta, Pascal Pascal.Pawlitta at lwl.org
Mi Nov 12 15:58:40 CET 2014


Von: "LWL-Pressestelle" <presse at lwl.org>
Datum: 12.11.2014, 13:05


AKTUELL

LWL zeichnet die JVA Münster als Denkmal des Monats aus - Ältestes erhaltenes Gefängnis aus preußischer Zeit

In Münster soll eine neue Justizvollzugsanstalt (JVA) entstehen. Deshalb machen sich die Denkmalpfleger des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) schon jetzt Gedanken, was dann mit dem historischen Gefängnis passieren soll. Sie haben in der Stadt die Diskussion um mögliche neue Nutzungen der sanierungsbedürftigen Anlage angestoßen und sie als Denkmal des Monats ausgezeichnet.

"Hier ist das ganze Architektursystem erhalten, es hat aber natürlich in den vergangenen 160 Jahren Modernisierungen und Erweiterungen gegeben", erklärt LWL-Denkmalpfleger Dr. Jost Schäfer. "Dennoch hat die Anlage sich eine einzigartige Aussagekraft erhalten, die sie nicht nur für Westfalen, sondern zumindest für das ehemalige preußische Gebiet in Deutschland bedeutend macht." Den Denkmalwert des münsterschen Gefängnisses hat man bereits in den 1960er-Jahren erkannt. So wurde es auch aufgenommen in das "Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler. Nordrhein-Westfalen", den sogenannten Dehio-Westfalen. 

Der Gebäudekomplexes wurde in der Zeit von 1848 bis 1851 nach Plänen des Schinkel-Mitarbeiters Carl Ferdinand Busse aus dunkelroten Ziegeln gebaut. Die Grundform des Gebäudes ist ein unregelmäßiges Fünfeck. "Die JVA besteht aus einem zinnenbekrönten Mittelbau mit Turm und vier radial angeordneten Flügeln sowie einigen Nebengebäuden. Der Einfluss von Schinkels historisierenden Schlossbauten, die sich an der englischen Gotik orientieren, ist hier deutlich zu erkennen", so Schäfer. Laute Dehio zeigt das Gefängnis die "wohl künstlerisch bedeutendste erhaltene Architektur des 19. Jahrunderts in Münster."


Hintergrund

Im 19. Jahrhundert beschäftigten sich die Staaten intensiv damit, wie man mit Verurteilten Straftätern umgehen und wie man sie unterbringen sollte. Dabei spielten vor allem Fragen der effizienten Überwachung und der Hygiene eine Rolle spielten. Als Antwort darauf erfand man zunächst in Philadelphia (USA) und dann in England das System eines mehrstrahligen Zellentraktsystems, dessen Gebäudetrakte auf einen im Inneren offenen Zentralbau zuliefen. Die Zellentrakte erhielten so gleich viel Licht und Luft und die Zentrale funktionierte als panoptisches Bewachungssystem. Das bedeutet, dass von hier aus nur wenige Überwacher nötig waren, um alle Flure im Auge halten zu können. Das erste Gefängnis mit panoptischem System wurde in den frühen 1840er-Jahren nach Plänen des englischen Architekten Joshua Jebb in London Pentonville errichtet. Dieses "Mustergefängnis" fand großen Anklang und Nachfolgebauten nicht nur in Europa. Der preußische König Friedrich Wilhelm IV. stattete den Gefängnis bei seinem Besuch in London schon kurz nach der Fertigstellung einen Besuch ab. Danach beauftragte er den Architekten Busse, entsprechende Pläne für neue Gefängnisse in Preußen zu machen. Zu-nächst machte er einen Entwurf für Berlin-Moabit (1842), direkt danach (1843) einen weiteren für Münster als etwas kleinere Kopie.

Die Berliner Anlage wurde bereits in den 1950er-Jahren abgerissen, damit ist die JVA Münster das älteste noch erhaltene Gefängnis aus preußischer Zeit.


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