[WestG] [LIT] Sieve: Ein Amtsmedicus juedischer Herkunft im Fuerstbistum Muenster

Pawlitta, Pascal Pascal.Pawlitta at lwl.org
Mo Mai 26 08:47:08 CEST 2014


Von: "Peter Sieve " <peter.sieve at bmo-vechta.de>
Datum: 22.05.2014, 10:41 
 
 
LITERATUR
 
Neuerscheinung: "Ein Amtsmedicus jüdischer Herkunft im Fürstbistum Münster"

Am 21. Mai 2014 wurde im historischen Saal des Alten Rathauses in Vechta der neue Band der vom Oldenburger Landesverein für Geschichte, Natur- und Heimatkunde herausgegebenen Reihe "Oldenburger Forschungen" vorgestellt: eine biographische Arbeit über den Vechtaer Amtsmedicus Dr. Franz Joseph Jacobi (1734-1816). Als Vorsitzender des Landesvereins begrüßte Pfarrer i. R. Reinhard Rittner ca. 30 Gäste. Nach einer Einführung durch Bibliotheksdirektor a. D. Dr. Egbert Koolman, der den Band für den Landesverein redigiert hat, stellte der Verfasser Peter Sieve M. A., Archivar im Bischöflichen Offizialat in Vechta, die Neuerscheinung vor, die das Ergebnis von mehr als zehn Jahre dauernden Recherchen ist. 

Zum Inhalt: Im August 1756 trat ein junger Jude, der als Sohn eines Wanderlehrers in Polen geboren und in Potsdam aufgewachsen war, in Münster zum katholischen Glauben über. Bei der Taufe in der St.-Jacobi-Kirche übernahmen der Domherr Graf von Nesselrode und die Gräfin von Plettenberg die Patenstellen. Nach dem Ende des Siebenjährigen Krieges konnte Franz Joseph Jacobi, wie sein neuer Name lautete, in Groningen und Wien Medizin studieren und in Erlangen promovieren. Er war mit dem bedeutenden Arzt Christoph Ludwig Hoffmann befreundet und wurde von der Familie des münsterschen Erbkämmerers von Galen gefördert. So erlangte er 1772 die Stelle eines Amtsmedicus im Amt Vechta (Niederstift Münster), wo er in den folgenden vier Jahrzehnten die Verantwortung für das öffentliche Gesundheitswesen trug. Am Anfang seiner Berufstätigkeit war er der einzige akademisch ausgebildete Arzt im ganzen Amtsbezirk. Seit 1785 in kinderloser Ehe mit einer Adelstochter aus dem Oberstift Münster verheiratet und seit 1788 Besitzer eines Burgmannshofes in Vechta, brachte er es zu großem beruflichen Ansehen. Er starb 1816 als einer der wohlhabendsten Einwohner des Amtes Vechta. Gemäß seinem Testament floss der Großteil seines Vermögens in eine Stiftung zugunsten der öffentlichen Schulen in Dinklage und in Quakenbrück. Trotz seiner regionalen Verdienste um die Modernisierung der Gesundheitsvorsorge und um die Schulbildung geriet Dr. Jacobi nach seinem Tod vollständig in Vergessenheit. In der vorliegenden Arbeit wird anhand weit verstreuter Quellen in niedersächsischen und westfälischen Archiven erstmals den Spuren dieses spannungsreichen Lebens nachgegangen. Zu den bemerkenswertesten Quellenfunden gehören ein eigenhändiger Rechenschaftsbericht Jacobis über seine Konversion sowie eine umfangreiche Kladde, in welcher er über seine Geldanlagen Buch führte und nach dem 1813 erfolgten Tod seiner Frau die Einnahmen und Ausgaben für seine Hauswirtschaft dokumentierte. Auch die Lebensgeschichte von Jacobis Ehefrau Theresia von Schilling wird in dem neuen Band dargestellt: Sie entstammte einer auf Haus Buxfort bei Selm erbgesessenen, im 19. Jahrhundert ausgestorbenen Familie, deren Genealogie in einem Exkurs thematisiert wird, und war vor ihrer Heirat Stiftsdame in Hohenholte bei Havixbeck. In Jacobis Testament wurde ihre Großnichte Theresia von Droste-Kerckerinck zu Stapel (eine Kusine von Annette von Droste-Hülshoff) als ihr Patenkind mit einem reichen Legat bedacht.


INFO

Peter Sieve:
Dr. Franz Joseph Jacobi. Ein Amtsmedicus jüdischer Herkunft im Fürstbistum Münster.
Zugleich ein Beitrag zur Medizingeschichte des Amtes Vechta.
Oldenburg: Isensee 2014.
(Oldenburger Forschungen. Neue Folge, Band 29.) 

Broschiert, 160 Seiten, 35 Abbildungen,
Preis 16,- Euro, ISBN 978-3-7308-1068-2.


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