[WestG] [AUS] Helden im Zeichen von Schlaegel und Eisen, Dortmund ab 18.04.2010
Marcus Weidner
Marcus.Weidner at lwl.org
Mo Apr 19 12:22:16 CEST 2010
Von: "Christiane Spänhoff" <christiane.spaenhoff at lwl.org>
Datum: 15.04.2010, 13:47
AUSSTELLUNG
15.4.2010
Helden im Zeichen von Schlägel und Eisen
Ausstellung zum Denkmalkult im LWL-Industriemuseum Zeche Zollern
"Die Kompagnie erfüllt hiermit die traurige Pflicht,
Ihnen die traurige Mitteilung zu machen, dass Ihr Ehemann, der
Wehrmann
Theodor Wischermann in treuer Pflichterfüllung am 5.3.1916 im Kampfe
vor
Verdun den Heldentod gestorben ist."
Diese Mitteilung machte Anna Wischermann aus Bottrop mit einem Schlag
zur Kriegerwitwe. Sie musste sehen, wie sie sich und ihre zwei kleinen
Kinder durchbrachte. Ganz ähnlich war das Schicksal der
Hinterbliebenen
von Grubenunglücken. Auf den Feiern, die den Grubenkatastrophen
folgten,
sprachen die Redner immer öfter vom "heldenhaften Einsatz auf dem Feld
der Arbeit". In der neuen Sonderausstellung "Helden im Zeichen von
Schlägel und Eisen" zeigt der Landschaftsverband Westfalen-Lippe
(LWL) vom 18. April bis 22. August 2010 in seinem Industriemuseum
Zeche
Zollern, wie im Revier den Opfern von Grubenunglücken und Kriegstoten
des Bergbaus gedacht wurde.
Die Schau macht anhand von Fotos, Texten und Objekten ein Stück
Denkmalkultur und politische Geschichte des Reviers zwischen dem
späten
Kaiserreich und den frühen Jahren der Bundesrepublik anschaulich.
Prominentestes Objekt ist ein Denkmal für die 46 tödlich verunglückten
Bergleute der Zeche Zollern, das aus Dortmund-Marten in die alte
Zechenwerkstatt nach Bövinghausen transportiert wurde. Mitte Juni wird
eines der ganz wenigen noch erhaltenen Denkmale für die gefallenen
Bergleute der Zeche Ickern aus Castrop-Rauxel hinzukommen. Bis dahin
dient ein Großfoto als "Platzhalter".
Dokumentiert sind in der Ausstellung die insgesamt 114 größeren
Grubenunglücke mit zehn und mehr Opfern, die zusammen 4.014 Tode
forderten. Hinzu kamen Hunderte kleinerer Unglücke. "Die Familien
standen nach dem Schicksalsschlag durch Schlagwetterexplosionen und
Grubenbrände vor dem Nichts. Zwischen Reden und Ritualen und der
Lebenswirklichkeit der Hinterbliebenen klaffte eine große Lücke",
erklärte LWL-Museumsleiterin Dr. Ulrike Gilhaus am Donnerstag (15.4.)
bei der Vorstellung der Ausstellung in Dortmund.
Hintergrund
Im späten 19. Jahrhundert entstanden erste öffentliche und private
Denkmale für die Opfer der Arbeit im Bergbau. Aber anders als die
Kriegerdenkmale standen sie abgerückt auf stillen Friedhöfen. Ulrike
Gilhaus: "Die ständige öffentliche Erinnerung an den hohen Blutzoll
des
Berg-baus war unerwünscht." In Parlamenten und Zeitungen lieferten
sich
die politischen Lager heftige und zum Teil polemisch geführte
Debatten.
Das "Antreibe- und Ausbeutersystem" des Bergbaus, das für die Unglücke
verantwortlich gemacht wurde, stand am Pranger. Der Bergbau brauchte
Symbole der Beschwichtigung und Heroisierung seiner Opfer. Die
abstrakte
Formensprache der anfänglich schlichten Obelisken wich deshalb noch
vor
dem Ersten Weltkrieg zunehmend drama-tischen Monumenten, um
schließlich
Platz zu machen für naturalistische Denkmale expliziter
"Helden-Bergarbeiter". Zunehmend beschworen sie die
Schicksalhaftigkeit
der Unglücke und die "Majestät des Todes". Sie belegen eine wachsende
Abwehrhaltung gegen die stetige gesellschaftliche Anklage.
Die neuen Rituale des Bergbaus lehnten sich an die parallel geführten
"unabwendbaren" Kriege an. Dem Kriegstod wurde nationale
Sinnhaftigkeit
zugeschrieben. Innerhalb weniger Jahrzehnte entwickelten
Bergbaukonzerne
und Politik Deutungsmuster und Bewältigungsstrategien für die neue
Dimension der Grubenunglücke. Wie die Toten "auf dem Feld der Ehre"
wurden auch die Toten auf dem Feld der Arbeit immer mehr zu "Helden im
Zeichen von Schlägel und Eisen".
Die Dortmunder Präsentation ist ein Begleitprojekt zur
Kulturhaupthauptstadt-Ausstellung "Helden. Von der Sehnsucht nach dem
Besonderen", die der LWL bis 31. Oktober in seinem Hattinger
Industriemuseum zeigt.
INFO
Helden im Zeichen von Schlägel und Eisen
Denkmale für verunglückte und gefallene Bergleute im Ruhrgebiet
18. April bis 22. August 2010; Eröffnung: So, 18.4.2010, 11 Uhr
LWL-Industriemuseum Zeche Zollern
Grubenweg 5, 44388 Dortmund
Geöffnet Di - So 10 - 18 Uhr
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