[WestG] [CFP] "Vom buergerlichen Erziehungs- und Bildungsideal zum Standortfaktor in der Staedtekonkurrenz"
Alexander Schmidt
Alexander.Schmidt at lwl.org
Mi Sep 9 11:40:17 CEST 2009
Von: "Karl Ditt" <karl.ditt at lwl.org>
Datum: 09.09.2909, 11:02
CALL FOR PAPERS
LWL-Institut für westfälische Regionalgeschichte, Münster
7. bis 9. Oktober 2010, Wissenschaftspark Gelsenkirchen
CFP: "Vom bürgerlichen Erziehungs- und Bildungsideal zum
Standortfaktor in der Städtekonkurrenz. Kultur und
Kulturpolitik in Städten der Bundesrepublik 1945-2010."
Die Tagung soll den Wandel des Kulturlebens und der
Kulturpolitik in den Städten der alten und neuen Bundesrepublik
während der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts behandeln.
Der Zeitraum lässt sich in drei Phasen untergliedern. Zwischen
dem Ende des Dritten Reiches und den 1960er Jahren zeichnete
sich die Kulturpolitik durch eine Rückbesinnung auf die
idealistischen Zielsetzungen der klassischen bürgerlichen
Kultur, die Kontinuität der Förderung des Heimatbewusstseins
und die Öffnung für die kulturelle Moderne aus. Über die
Akzeptanz dieser Zielsetzungen hinaus richteten sich die
Interessen der Bevölkerung vor allem auf Angebote der
Massenkultur. Die späten 1960er und die 1970er Jahre waren
institutionell durch das Ziel einer "Kulturpolitik für alle",
d.h. die Förderung von kultureller Partizipation und
Kommunikation, geprägt.
Gesellschaftlich zeichnete sich diese Phase durch eine Vielzahl
kultureller Eigeninitiativen einzelner, oft
gesellschaftskritischer Gruppen aus, die die "Kultur für alle"
durch eine "Kultur von allen" ergänzen wollten. In der dritten
Phase seit den 1980er Jahren wurde Kultur verstärkt zu einem
Instrument des Stadtmarketings und der kommunalen
Wirtschaftsförderung. Das kulturelle Angebot beinhaltete jetzt
zunehmend "Events" und "Leuchtturmprojekte" und richtete sich
auf Imagebildung. Es sollte einerseits dazu dienen, die Stadt
für Unternehmen, Fachkräfte und Touristen attraktiv zu machen,
andererseits aber auch den Einwohnern
Identifikationsmöglichkeiten mit ihrer Stadt zu geben und ihr
lokales Heimatbewusstsein zu stärken. In der Bevölkerung ließen
die bisherigen kulturellen Eigeninitiativen zugunsten einer
Haltung des Kulturkonsums nach. Dafür entwickelten sich eine
hohe Freizeitmobilität und die Bereitschaft zu einem
Kulturtourismus, um das Angebot an städtischer Eventkultur
wahrzunehmen.
Bei der Beschreibung und Erklärung des Wandels des kulturellen
Lebens und der Kulturpolitik in den bundesrepublikanischen
Städten sollen zwei Aspekte besondere Berücksichtigung
erfahren. Zum Ersten sollen die Folgen des wirtschaftlichen und
sozialen Wandels sowie der wechselnden kulturellen Paradigmen
und politischen Konzepte auf nationaler und internationaler
Ebene für das kulturelle Leben in der Stadt behandelt werden.
Inwieweit beeinflussten z.B. die Verschiebungen in der
Sozialstruktur mit der Abnahme der Arbeiter- und der Zunahme
der Dienstleistungsberufe, ferner die Herausbildung der 'jungen
Generation', der Frauenbewegung und der Zuwanderer aus dem
Ausland das informelle, organisatorische und institutionelle
Spektrum der lokalen Kultur? Welche Rolle spielten der Wandel
ideologischer Leitbilder, die Empfehlungen und Einflüsse
übergeordneter Ebenen (z.B. Deutscher Städtetag, Länder, Bund)
oder die nationale und internationale Städtekonkurrenz?
Zum Zweiten soll die Kulturpolitik der etablierten Kräfte
innerhalb der Stadt untersucht werden: von den Gewerkschaften
über die Unternehmer und die Kirchen bis hin zur Kommune.
Welche Akteure konnten ihre Interessen in besonderer Weise
durchsetzen? Über welche Palette an ideellen und praktischen
Mitteln (Personal- und Finanzpolitik, Organisations- und
Institutionengründungen, Traditionserfindungen etc.) verfügte
sie? Wie stark war insbesondere die Eigenständigkeit der
kommunalen Kulturpolitik mit ihren Organisationen und
Institutionen?
Die Behandlung dieser inner- und außerstädtischen
Rahmenbedingungen und Einflüsse soll letztlich dazu dienen, die
vorstehend skizzierte Phasengliederung des kulturellen Lebens
in der Bundesrepublik zu überprüfen und festzustellen,
inwieweit die kulturellen Aktivitäten der sozialen und
politischen Kräfte zu kulturellem Austausch, zur Überwindung
traditioneller sozialer Segregationen, letztlich zu Formen
interstädtischer Urbanität oder städtischer Individualität
beitrugen.
Vor dem Hintergrund dieser Zielsetzungen und Themenkomplexe
sind sowohl chronologisch als auch systematisch angelegte
Beiträge zum kulturellen Leben und zur Kulturpolitik in
bundesrepublikanischen Städten unterschiedlicher Größenordnung
nicht nur aus lokaler, sondern auch aus überlokaler Perspektive
während der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts erwünscht.
Städte aus Westfalen sollten auf der Tagung repräsentiert sein.
Interessenten, die mit einem historischen, sozial-,
wirtschafts- oder politikwissenschaftlichen Beitrag an dieser
Tagung teilnehmen wollen, werden gebeten, bis zum 31. Oktober
2009 eine ein- bis zweiseitige Themenskizze zu den oben
vorgestellten chronologischen Schwerpunkten oder den
systematischen Zielsetzungen an die Organisatoren
Dr. Karl Ditt (karl.ditt at lwl.org)
Tel.: 0251/5915690
Cordula Obergassel M.A. (cordula.obergassel at gmx.de)
Tel.: 0151/58143078,
LWL-Institut für westfälische Regionalgeschichte
Karlstraße 33
48147 Münster
zu senden. Reise- und Unterbringungskosten werden vom
LWL-Institut übernommen; eine Drucklegung der Beiträge in
den "Forschungen zur Regionalgeschichte" ist geplant.
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