[WestG] [AKT] LWL-Volkskundler aus Muenster beobachten Braeuche zum 1. Mai

Alexander Schmidt Alexander.Schmidt at lwl.org
Do Apr 30 10:42:15 CEST 2009


Von: "LWL-Pressestelle" <presse at lwl.org>
Datum: 29.04.2009, 14:59


AKTUELL

Von Hexen und buntgeschmückten Bäumen: 
LWL-Volkskundler aus Münster beobachten Bräuche zum 1. Mai

Nicht nur auf dem Blocksberg im Harz, auch an den westfälischen 
Externsteinen in Horn-Bad Meinberg (Kreis Lippe) gibt es in der 
Nacht zum 1. Mai wieder ein buntes Treiben: Eines buntes 
Treibens vereint in der Walpurgisnacht spirituell-esoterisch 
Interessierte, neuheidnische Gruppen und Neugierige an diesem 
Ort.

Die einen verehren ihn als Kultplatz und die anderen schätzen 
ihn wegen seines besonderen Erlebnischarakters. Musiker mit 
exotisch anmutenden Instrumenten, Feuerspucker und 
mittelalterlich gewandete Tänzer geben sich ein Stelldichein. 
"Vor allem seitdem im (Spiegel) und im (Stern) von den 
Externfesten berichtet wurde, haben diese Kultstatus erlangt 
und ziehen jährlich Tausende von Besuchern aus der näheren und 
weiteren Umgebung an", weiß Christiane Cantauw von der 
Volkskundlichen Kommission für Westfalen beim 
Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL).

Die Walpurgisfeiern an den Externsteinen sind jedoch nicht die 
einzigen Feste und Feiern, die den Wonnemonat Mai einleiten: 
"Seit etwa 30 Jahren werden auch in Westfalen vielerorts wieder 
Maibäume aufgestellt, um die herum am 1. Mai oder zu Pfingsten 
getanzt und gefeiert wird", berichtet Cantauw von den 
Beobachtungen der LWL-Volkskundler.

Einzelne Belege für Maibäume in Westfalen liegen bereits aus 
dem 17. Jahrhundert vor. Im Siegen-Wittgensteinischen Bürbach 
und in Horstmar (Kreis Steinfurt) wurden 1619 und 1623 
nachweislich Maibäume aufgestellt, was offenbar aber nicht bei 
allen Ortsansässigen auf Gegenliebe stieß. Jedenfalls 
beschwerten sich in Bürbach die Mitglieder des Presbyteriums 
über den Brauch.

"In Horstmar herrschte dahingegen mehr Einigkeit. Die 
Stadtmusikanten spielten auf zum Tanze und Bürgerkinder und 
Studenten sollen unter der Ägide des Schulmeisters Ringelreihen 
getanzt haben. Außerdem wurde zu dieser Lustbarkeit aus der 
Stadtkasse einiges beigesteuert", berichtet Cantauw über den 
Brauch, der als "Maiböcke richten" bekannt war.

Im 19. und vor allem im 20. Jahrhundert lässt sich ein Rückgang 
des ehemals bunten Treibens in der Mainacht und am Maitag 
beobachten. Die Maizeche in Unna, die 1853 endgültig verboten 
wurde, ist kein Einzelfall. "Auch die Maigrafenfeste und 
Mailehen, bei denen die unverheirateten jungen Leute sich ein 
Oberhaupt wählten und teils ausschweifende Feste feierten, gab 
es zu dieser Zeit nicht mehr so häufig. Abgeschwächte Formen 
wie Maigänge und der Tanz in den Mai, der von 
Gaststättenbetreibern veranstaltet wurde, lösten das ehemals 
teils wilde Treiben ab", erläutert Cantauw.

Der 1. Mai als Feiertag
Mit den offiziellen, politischen Maifeiern kamen im 20. 
Jahrhundert noch eine andere Festkomponente hinzu. Bereits die 
Weimarer Nationalversammlung hatte einen Anlauf genommen, den 
1. Mai zum gesetzlichen Feiertag zu bestimmen. Das 
entsprechende Gesetz bezog sich allerdings nur auf den 1. Mai 
1919. 14 Jahre später, 1933, wurde der 1. Mai dann von den 
Nationalsozialisten zum gesetzlichen Feiertag, dem "Tag der 
nationalen Arbeit" erklärt. Er wurde mit Aufmärschen, Umzügen, 
politischen Reden, Fahnenweihen und mit dem möglichst 
flächendeckenden Aufrichten von Maibäumen begangen.

Die Tatsache, dass die Nationalsozialisten die Maibäume und 
Maifeierlichkeiten für sich vereinnahmt haben, trug nach 1945 
nicht unwesentlich dazu bei, dass dieser Brauch in der 
Versenkung verschwand. Eine Umfrage der Volkskundlichen 
Kommission für Westfalen ergab 1948, dass nur noch in fünf von 
275 Orten in Westfalen, die sich an der Umfrage beteiligt 
hatten, ein Maibaum aufgestellt wurde.

"Erst in den 1970er und 1980er Jahren stieg das Interesse für 
diesen Brauch wieder an. Unterschiedliche Vereine in 
Stadtteilen und ehemals selbständigen Gemeinden wollen durch 
das Aufstellen von Maibäumen und die Veranstaltung eines Festes 
die lokale Identität stärken. Ein Anliegen, das vor allem seit 
der kommunalen Neuordnung durchaus an Bedeutung gewonnen hat".


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