[WestG] [TV/R] Index - Die schwarze Liste des Vatikan, ZDF, 07./08.04.2009
Alexander Schmidt
Alexander.Schmidt at lwl.org
Do Apr 2 10:32:51 CEST 2009
Von: "Pressestelle der WWU Münster" <pressestelle at uni-muenster.de>
Datum: 01.04.2009, 16:11
TV / RADIO
Die schwarze Liste des Vatikan
Münsterscher Kirchenhistoriker bei ZDF-Dokumentation zur
Indexkongregation
Langsam fährt der Kirchenhistoriker Prof. Dr. Hubert Wolf von
der WWU Münster den handgeschriebenen Katalog entlang. Doch von
Karl Marx fehlt jede Spur. Der Autor des "Kommunistischen
Manifestes" musste sich niemals der Prüfung der Indexkongregation
im Vatikan unterziehen. Anders dagegen Heinrich Heine: Seine
Schriften galten als besonders gefährlich, weil sein
literarisches Genie sie so überzeugend machte. Die
ZDF-Dokumentation "Index - Die schwarze Liste des Vatikan",
deren erster Teil am 7. April um 22.45 Uhr und deren zweiter
Teil am 8. April um 22.15 Uhr ausgestrahlt wird, beleuchtet,
wie und warum vom Vatikan zensiert wurde.
Mit der Erfindung des Buchdrucks begann der Kampf um die
Deutungshoheit über die Welt. Waren die Gläubigen zuvor darauf
angewiesen gewesen, was ihnen von der Kanzel herab gepredigt
wurde, konnten sie nun selbst die - relativ - billig zu
druckenden Bücher lesen. Der Vatikan versuchte deshalb, das
neue Wissen einzudämmen und in seinem Sinne zu beeinflussen und
erfand die Liste der verbotenen Bücher, den Index. Erst nach
dem zweiten Vatikanischen Konzil wurde diese Liste aufgegeben.
Doch die Archive blieben noch viele Jahre geschlossen. Erst der
münstersche Krchenhistoriker Prof. Dr. Hubert Wolf durfte ab
1992, noch vor der offiziellen Öffnung im Jahr 1998, in den
Archiven der für die Buchzensur zuständigen Indexkongregation
arbeiten. Dabei kam erstaunliches ans Licht: Intensiv untersucht
wurde beispielsweise Harriet Beecher-Stowes "Onkel Toms Hütte",
doch schließlich kamen die Zensoren zum Schluss, dass der Aufruf
zur Aufhebung der Sklaverei im Sinne der christlichen
Nächstenliebe sei. Unberührt blieb auch Kants "Kritik der reinen
Vernunft", publiziert in der "Barbarensprache" Deutsch, die die
Zensoren nicht interessierte.
In der ZDF-Dokumentation führt der Katholik Wolf den
evangelischen Journalisten Wolf von Lojewski durch die Archive.
Im Streitgespräch zwischen den beiden Männern entwickelt sich
die Diskussion um die Rolle des Vatikan, dessen Handeln vor
allem während der Zeit des Nationalsozialismus weiter rätselhaft
bleibt. So wurden die Schriften von Hitler, Mussolini, Stalin
immer wieder genauestens untersucht. "Mein Kampf" wurde bis in
jede Einzelheit analysiert, doch niemals verboten. "Die
Verfahren wurden auf unbestimmte Zeit vertagt", so Wolf.
"Manchmal macht es die Heilige Schrift dem Gläubigen wirklich
schwer, sie zu verstehen", seufzt von Lojewski an dieser Stelle
als Kommentar zum Römer-Brief, in dem es heißt, dass der Gläubige
sich der weltlichen Macht unterzuordnen habe, da diese stets
von Gott eingesetzt sei.
Der Film, der neben dem Gespräch zwischen Wolf und von Lojewski
auch Spielszenen bietet, bleibt nicht in der Vergangenheit
stehen, sondern stellt auch Fragen, die auf die heutige Welt
zielen. Könnte Zensur nicht auch hilfreich bei der Bekämpfung
von Kinderpornographie sein? Im Kampf gegen Rassismus oder
Terror? Soll wirklich jedes Wissen, jede Idee weltweit
verbreitet werden? Antworten gibt es darauf am 7. und 8. April
nicht, aber spannende Einblicke in die Denk- und Arbeitsweise
des Vatikan.
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