[WestG] [AKT] Holocaust-Gedenktag: Kranzniederlegung in Annen, 27.01.2008, Annen
Alexander Schmidt
Alexander.Schmidt at lwl.org
Do Jan 24 10:26:01 CET 2008
Von: "Universitätsstadt Witten" <info at presse-service.de>
Datum: 23.01.2008, 10:08
AKTUELL
Holocaust-Gedenktag: Kranzniederlegung in Annen
Wittener sind zur Teilnahme am 27. Januar eingeladen
Die Stadt Witten, die Deutsch-Israelische Gesellschaft und der
Freundeskreis der Israelfahrer rufen die Wittenerinnen und
Wittener auf, sich am kommenden Sonntag (27.1.) an der
Gedenkfeier und Kranzniederlegung anlässlich des
Holocaust-Gedenktages zu beteiligen. Bürgermeisterin Sonja
Leidemann, der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Witten in der
Deutsch-Israelischen Gesellschaft, Klaus Lohmann und der
Vorsitzende des Freundeskreises der Israelfahrer, Karlheinz
Dressel, werden um 15 Uhr einen Kranz am ehemaligen
KZ-Außenlager Buchenwald an der Immermannstraße in Annen
niederlegen.
Der Holocaust-Gedenktag erinnert an die über sechs Millionen
Opfer des nationalsozialistischen Völkermords. 1996 erklärte
Bundespräsident Roman Herzog den 27. Januar zum nationalen
Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus. An öffentlichen
Gebäuden werden die Flaggen am Sonntag (27.1.) wegen des
Holocaust-Gedenktages auf Halbmast gesetzt.
Der 27. Januar 1945 war der Tag der Befreiung von Auschwitz. Das
größte nationalsozialistische Konzentrations- und
Vernichtungslager gilt im internationalen Sprachgebrauch als
Synonym für Unmenschlichkeit und die Katastrophe (Shoah) in der
Menschheitsgeschichte. Großbritannien erklärte im Jahr 2000 den
27. Januar offiziell zum Holocaust-Gedenktag und zum Gedenktag
für alle Völkermorde in der Welt. 2005 hat die UNO den 27.
Januar offiziell zum Holocaust-Gedenktag erklärt, verbunden mit
einer Resolution, in der alle Mitgliedsstaaten aufgerufen werden,
an diesem Tag an den Judenmord zu erinnern. In Israel wurde der
"Jom haShoah" schon 1959 (am 27. Nisan) zum Gesetz erhoben.
"Jüdische Zeitreise"
Die Stadt Witten und die Deutsch-Israelische Gesellschaft
begehen den Holocaust-Gedenktag seit 1996 mit verschiedenen
Kooperationspartnern, meist unter der Federführung des
Stadtarchivs. Neben Kranzniederlegungen an der Gedenkstele auf
dem jüdischen Friedhof Ledderken oder am Ort des ehemaligen
KZ-Außenlagers Buchenwald werden Zeitzeugen in Schulen
eingeladen, Ausstellungen präsentiert oder szenische Lesungen
mit Jugendlichen entwickelt. In diesem Jahr laden die
Organisatoren am Sonntag (27.1.) um 19 Uhr zu einer „Jüdischen
Zeitreise“ ins Haus Witten ein. Einlass ist bereits ab 18.30
Uhr. Dany Bober wird bei der kostenfreien Veranstaltung Lieder,
Berichte und jüdische Weisheiten vortragen.
Historische Informationen zum Holocaust-Gedenktag von Dr.
Martina Kliner-Fruck
Vernichtungslager Auschwitz
Auschwitz war das größte nationalsozialistische Konzentrations-
und Vernichtungslager. Es wurde auf Befehl des Reichsführers-SS
und Chef der deutschen Polizei, Heinrich Himmler, 1940 etwa 60
km westlich von Krakau errichtet. Das Gelände befand sich nahe
der Stadt Oswiecim im polnischen Ostoberschlesien.
Zunächst wurden 300 Juden aus der näheren Umgebung für
Bauarbeiten herangezogen. Ab Juni 1940 trafen die ersten
SS-Gefangenentransporte in Auschwitz ein, und Anfang März 1941
waren bereits 10.900 Häftlinge registriert. Ein Jahr später
befahl Himmler den Bau eines zweiten Lagerkomplexes, Auschwitz
II oder Birkenau genannt. Anschließend wurde ein drittes Lager -
Auschwitz III - im nahe gelegenen Monowitz errichtet. Im Lauf
der Zeit entstanden weitere 45 Nebenlager. Die meisten
Gefangenen wurden jedoch in Birkenau eingeliefert - in der
Mehrzahl jüdische Menschen aus Deutschland und Polen.
Im Juni 1941 erhielt der Erste Lagerkommandant von Auschwitz,
Höss, von Himmler den Auftrag zur Errichtung von
Massenvernichtungsanlagen für die "Endlösung" der Judenfrage.
Der systematische und in Arbeitsteilung begangene Massenmord
erfolgte ab Januar 1942. Die ersten Opfer waren Juden aus
Oberschlesien, die mit Zyklon B ermordet wurden. Ab Mai 1942
wurden die ersten Selektionen in so genannte arbeitstaugliche
und arbeitsunfähige Häftlinge vorgenommen. Alte, schwache,
kranke Menschen sowie Schwangere und Kinder aus den
"Judentransporten" des Reichssicherheitshauptamtes wurden seit
dieser Zeit direkt nach ihrer Ankunft selektiert und ohne
Registrierung in den Gaskammern von Auschwitz ermordet. Diese
fabrikmäßige Ermordung der Menschen in Auschwitz, ihre
Drangsalierungen durch Zwangsarbeiten und die furchtbaren
medizinischen Versuche an ihnen sind für uns heute unfassbar -
das Leid der Opfer ist unermesslich.
Die SS betrieb die Gaskammern von Auschwitz zwei Jahre und zehn
Monate lang. Allein in diesem nationalsozialistischen
Vernichtungslager wurden mehr als eine Millionen Frauen, Männer
und Kinder auf bestialische Weise umgebracht. Als am 27. Januar
1945 Einheiten der Roten Armee in Auschwitz einrückten, fanden
sie lediglich noch 7.600 Häftlinge lebend vor. Um Spuren zu
verwischen, trieb die SS etwa 58.000 Gefangene, vorwiegend
Jüdinnen und Juden, vor der Befreiung aus den Lagern noch auf
die so genannten Todesmärsche. Doch die sowjetischen Soldaten
entdeckten am 27. Januar 1945 beispielsweise noch 348.820
Männeranzüge, 836.525 Frauenkleider sowie große Mengen an
Kinder- und Babykleidung. Sie fanden zehntausend Paar Schuhe und
über sieben Tonnen Menschenhaar, verpackt für den Transport zur
industriellen Verwertung.
Deportation Wittener jüdischer Bürgerinnen und Bürger Wittener
Familien und Einzelpersonen jüdischer Herkunft wurden neben den
ersten Deportationen im Zuge der so genannten Polenaktion am 28.
Oktober 1938 und der Verschleppung jüdischer Männer am 9./10.
November nach der Reichspogromnacht im November 1938
(vornehmlich in das Konzentrationslager Sachsenhausen) mit
folgenden sieben Transporten aus dem Regierungsbezirk Arnsberg
über Dortmund deportiert:
am 27. Januar 1942 in das Ghetto von Riga,
am 27./28. April 1942 nach Zamosc im Distrikt Lublin in Polen,
am 29. Juli 1942 nach Theresienstadt,
am 01. März 1943 nach Auschwitz,
am 17. Mai 1943 nach Theresienstadt.
Wenn sie den Transport überlebten, kamen sie am Ankunftsort - je
nach Aufnahmekapazität der Lager und nach dem aktuellen Bedarf
der umliegenden Rüstungsbetriebe - in die dortigen Ghettos oder
Lager. Die als nicht arbeitsfähig eingestuften Deportierten
wurden meist durch Massenerschießungen oder in den Gaskammern
der Vernichtungslager ermordet.
Nach dem derzeitigen Stand der Stadtgeschichtsforschung wurden
90 jüdische Menschen, die in Witten geboren wurden oder hier
gelebt haben, direkt oder über Zwischenstationen nach Auschwitz
deportiert. Nur fünf von ihnen haben KZ-Haft und Zwangsarbeit
überlebt.
Namen der in Auschwitz ermordeten Jüdinnen und Juden, die in
Witten geboren wurden und/oder in Witten gelebt haben:
Abrahamsohn, Arthur, Anschel, Adolf, Anschel, Erna, Baruch,
Bernhard, Blau, Johanna, Bornstein, Wilhelm, Eichenwald, Emma,
Eichenwald, Gustav, Eisenstaedt, Kurt, Endel, So fie, Ernst,
Clara Else, Ernst, Marianne, Feldheim, Ernst, Frank, Heinz,
Frank, Isidor, Goldwein, Sofie, Grünebaum, Artur, Grünebaum,
Berta, Grünebaum, Sally, Hanf, Rebecca, Herold, Johanna, Herz,
Hermann, Hoffmann, Dorothea, Jacob, Josephine, Joseph, Felix,
Dr. Kahn, Bernhard, Kahn, Georg, Kantrowitz, Louis, Katz,
Antonie, Katz, Liesel, Katz, Martha, Katz, Theodor, Klein, Toni,
Kleve, Bertha, Koppel, Bernhard, Kratz, Käthe, Leverpoll, Gerson,
Leverpoll,Nico, Levy, Alice, Lindenbaum, Martha, Löhnberg,
Willy, Löwenstein, Benno, Löwenstein, Bernhard, Löwenstein,
Sophie, Maier, Karolina, Marx, Anna, Mayer, Kurt, Mayer, Max,
Meyer, Hildegard, Neubeck, Johanna Anna, Noach, Ella, Rosenbaum,
Elfriede, Rosenbaum, Fritz, Rosenbaum, Julius, Rosengarten, Max,
Rosenthal, Albert, Sänger, Bob, Sänger, Edith, Sänger, Friedrich,
Salomon, Gottfried, Schacher, Mathilde, Schacher, Theodor,
Schwarzschild, Else, Simon, Albert, Steintal, Lilli, Stern, Paul,
Stern, Rosa, Stern, Rosa, Weinberg, Edith, Weinberg, Klara,
Weiß, Rosa, Wilzig, Alfred, Wilzig, Berta, Wilzig, Denny, Wilzig,
Hermine, Wilzig, Herz, Wilzig, Rosalie, Wilzig, Sophie, Wilzig,
Samuel, Wilzig, Theodor Louis, Wilzig, Ursula, Windmüller,
Albert, Windmüller, Else, Winter, Karl, Wolfstein, Wilhelmine.
Schicksale der Sinti und Roma aus Witten:
Über 50 wurden nach Auschwitz deportiert
Vor drei Jahren veröffentlichte das Stadtarchiv Witten seine
ersten, lückenhaften Forschungsergebnisse über die Deportation
von Sinti und Roma aus Witten. "Es gab immer wieder Fragen aus
der Bevölkerung, ob es zu diesem Thema detailliertere
Informationen gäbe als den Hinweis, dass Menschen aus dem so
genannten 'Zigeunerlager' im Dorneywald in Witten-Stockum nach
Auschwitz-Birkenau deportiert worden seien", so Dr. Martina
Kliner-Fruck.
Mehrere Jahre sammelte die Archiv-Chefin Quellenfunde zur
rassistischen Verfolgungssituation der genannten Minderheit, um
eine systematische Auswertung zu ermöglichen. "Diese Quellen
waren nicht umfassend, aber wir können jetzt erste
Einzelschicksale nachvollziehen. Über 50 Männer, Frauen und
Kinder, die Anfang März 1943 im 'Zigeunerlager' Dorneywald
gelebt haben, sind über Bochum in das Konzentrationslager
Auschwitz-Birkenau deportiert worden", so Dr. Kliner-Fruck.
Die Mehrzahl der in Witten gemeldeten und nach der rassistischen
Ideologie der Nazis als "Zigeuner" und damit als "Untermenschen"
eingestuften Frauen und Männer befand sich ab 1939 auf den nicht
umzäunten Lager- bzw. Wohnwagenplätzen am Kornmarkt, in der
Nachtigallstraße (Nr. 25), im Kohlensiepen und in der
Voedestraße. Anfang April 1940 wurden nahezu alle im Dorneywald
konzentriert. Die meisten von ihnen wurden mit einem Transport
aus dem Reichsgebiet am 12. und 13. März 1943 in
Auschwitz-Birkenau als KZ-Häftlinge eingewiesen.
"Auch 60 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs sind die
Schicksale zahlreicher Verfolgtengruppen aus Witten immer noch
nicht hinreichend bekannt," so Dr. Martina Kliner-Fruck, "aber
es gibt eine erste, noch unvollständige Liste mit Namen und
Schicksalen rassistisch verfolgter Sinti und Roma aus Witten,
die in Auschwitz-Birkenau ums Leben gebracht wurden:
Bamberger, Bernhard, Bamberger; Barbara geborene Reinhard
[Gross], Bamberger, Gustav, Bamberger, Anton, Gross, Anita
[Anna] geborene Reinhard, Gross, Reinhold, Gross, Otto, Gross,
Elisabeth, Gross, Maria, Gross, Annemarie, Gross, Toni, Groß
[Gross], Anton, Gross, Walpurga, Laubinger, Minna [Mina],
Laubinger, Gisela, Laubinger, Amanda, Laubinger, Anita,
Reinhardt Selma, Steinbach, Anna, Steinbach, Jonny, Steinbach,
Robert, Weiss, Wilhelm, Wiegand, Johnny, Winterstein, Christian,
Winterstein, Marie Gisela, Lehmann, Harry, Winterstein, Josepha,
Winterstein, Karl, Winterstein, Johann, Winterstein, Reinhold.
(jk - 23/01/08)
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