[WestG] [AKT] Historisches Roemerschiff setzt noch im Fruehjahr erstmals die Segel

Alexander Schmidt Alexander.Schmidt at lwl.org
Di Apr 1 10:21:04 CEST 2008


Von: "LWL-Pressestelle" <presse at lwl.org>
Datum: 31.03.2008, 13:23


AKTUELL

Geschichte zum Anfassen
Historisches Römerschiff setzt noch im Frühjahr erstmals die 
Segel

Hamburg. 2000 Jahre nach der historisch bedeutsamen 
Varusschlacht, auch bekannt als "Schlacht im Teutoburger Wald", 
steuert wieder ein Römerschiff über Lippe und Ems. 
Wissenschaftler und Studierende der Universität Hamburg, die 
Werft Jugend in Arbeit e.V. Hamburg-Harburg sowie das 
Römermuseum des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) in 
Haltern lassen dieses Szenario Wirklichkeit werden.

Das 16 Meter lange und fast drei Meter breite Schiff zieht 
jedoch anders als damals nicht in den Krieg. Stattdessen geht es 
im Sommer auf eine monatelange, friedliche Reise. Während seiner 
Fahrt auf Donau, Rhein, Lippe, Ems und Weser kündigt das 
Römerschiff ein besonderes Ausstellungsprojekt an: "IMPERIUM 
KONFLIKT MYTHOS. 2000 Jahre Varusschlacht."

Projektpartner
Partner des Ausstellungsprojektes sind der LWL, die 
Varusschlacht im Osnabrücker Land GmbH - Museum und Park 
Kalkriese, der Landesverband Lippe sowie der Kreis Lippe.

Drei Museen an Originalschauplätzen im westfälischen Haltern, im 
niedersächsischen Kalkriese und in Detmold (Kreis Lippe) 
beleuchten unter diesem Titel im kommenden Jahr unterschiedliche 
Facetten des historischen Ereignisses im Jahr 9 nach Christus.

Die Kooperationspartner des Ausstellungsprojektes IMPERIUM 
KONFLIKT MYTHOS. 2000 Jahre Varusschlacht, die Universität 
Hamburg sowie die Werft Jugend in Arbeit e.V. haben das über 
200.000 Euro teure Schiffsprojekt finanziert.

Der Fahrplan
Der Tag, an dem sich das vier Tonnen schwere Holzschiff zur 
Erfüllung seiner Mission auf den Weg begibt, rückt langsam 
näher. In Hamburg findet am 30. Mai die Taufe statt. Zuvor 
stellt das Kriegsschiff bereits seine Seetauglichkeit und 
Manövrierfähigkeit unter Beweis. Im Sommer geht das Schiff zum 
Beispiel in Rheine (11.-13.7.), Nijmwegen (22.-24.8.) und Bonn 
(29.8.-31.8.) vor Anker. Als weitere Stationen sind u.a. 
Magdeburg, Mainz, Ingolstadt oder auch Hannover geplant.

Der Startschuss für den Baubeginn fiel im Januar 2007, als das 
Schiff auf der Harburger Werft von Jugend in Arbeit e. V. auf 
Kiel gelegt wurde. Zwei Bootsbauer, 17 Studierende und drei 
Bootsbaulehrlinge arbeiteten seitdem an der Fertigstellung des 
Schiffes.

Als Vorlage für den Bau dienten den Schiffbauern und 
Studierenden des Seminars für Alte Geschichte zwei römische 
Schiffwracks, die man im Jahr 1986 in der Nähe des Legionslagers 
bei Oberstimm unweit von Ingolstadt entdeckte und 1994 barg.

"Der Befund, nach dem wir uns richten, stammt zwar aus der Zeit 
um 100 nach Christus, doch die Bauweise von Militärschiffen 
dieser Größenordnung wird zur Zeit des Varus kaum anders gewesen 
sein", stellt der Hamburger Professor Dr. Christoph Schäfer 
fest. Bei den Wracks handele es sich um die am besten erhaltenen 
Funde römischer Kriegsschiffe.

Schäfer leitet die Gruppe von Geschichtswissenschaftlern, die 
gemeinsam mit dem LWL-Römermuseum in Haltern das Römerschiff in 
Originalgröße rekonstruieren. "Wir haben mit ihm einen 
erfahrenen Seebären gewonnen, den nicht nur seine private 
Passion des Segelns für das Projekt prädestiniert", spielt Dr. 
Rudolf Aßkamp, Leiter des LWL-Römermuseums, auf Schäfers frühere 
Beteiligung am Nachbau eines spätantiken Kriegsschiffes in 
Regensburg an.

Archäologisches Experiment
Wie leistungsstark und manövrierfähig solche Schiffe waren, ist 
nicht bekannt. Dies soll in einem archäologischen Experiment 
ermittelt werden. In diesem Sinne dient das Projekt auch dazu, 
wissenschaftliche Erkenntnisse zu gewinnen. Die Fertigstellung 
des frühkaiserlichen Schiffstypus soll eine Lücke in der 
experimentellen Schiffsarchäologie schließen.

Testfahrten auf dem Ratzeburger See sollen Mitte April zu 
Auskünften über Geschwindigkeiten oder Beschleunigungsverhalten 
führen. Anhand der ermittelten Geschwindigkeiten lassen sich 
Vermutungen über die Strecken anstellen, die diese römischen 
Schiffe vor 2000 Jahren am Tag bewältigen konnten.

Die Manövrierfähigkeit der Flussfahrzeuge wird sowohl unter 
Einsatz der 20 Ruderer als auch unter Segel erprobt. "Wir wollen 
wissen, wie hoch man mit dem Schiff an den Wind gehen kann", 
erklärt Schäfer.

Außerdem wollen die Historiker und Archäologen herausfinden, wie 
lang es dauert, eine Crew für ein solches Kriegsschiff 
seetauglich zu machen. Von den Antworten auf diese Fragen 
erwartet sich das Team von Wissenschaftlern neue Erkenntnisse im 
Hinblick auf die Etablierung der römischen Herrschaft auf 
germanischem Boden.

Für den Bau des Schiffes lieferte das Museum für Antike 
Schifffahrt in Mainz die grundlegende archäologische Studie und 
stellte ein Modell zur Verfügung, an dem sich die Konstrukteure 
auf der Harburger Werft orientieren konnten. Die Materialien für 
den Schiffbau kamen aus Lippe: Dazu zählt zum einen das 
Eichenholz für das Spantgerüst, einschließlich 700 gedrechselter 
Holznägel, die das Schiff zusammenhalten. Hinzu kommt 
Lärchenholz für Planken und Mast sowie Fichte für die Riemen. 
Das Holz lieferte der Landesverband Lippe aus seinem 16.000 
Hektar großen Waldvermögen.

Wie bei den Römern vor 2000 Jahren benutzen die Schiffbauer auch 
diesmal die Nut- und Federbauweise. Kreissäge und Bohrmaschine 
kamen damals allerdings nicht zum Einsatz. "Wir können zum Glück 
neben den antiken Techniken zur Rekonstruktion moderne 
Hilfsmittel verwenden, die Konstruktion des Rumpfes entspricht 
aber genau dem antiken Vorgänger", so Schäfer.


INFO

Gisela Söger
Tel.: 05468 9204-17
E-Mail: gisela.soeger at kalkriesevarusschlacht.de 

Katrin Winter 
Tel.: 05231 9925-28
E-Mail: winter at imperium-konflikt-mythos.de 

URL: www.imperium-konflikt-mythos.de