[WestG] [AKT] Archaeologisches Pilotprojekt in Schloss Horst in Gelsenkirchen

Marcus Weidner Marcus.Weidner at lwl.org
Mit Mar 15 17:00:47 CET 2006


Von: "LWL-Pressestelle" <presse at lwl.org>
Datum: 15.03.2006, 17:00


[siehe auch den redaktionellen Hinweis auf Ressourcen im Internet-Portal "Westfälische Geschichte"
zum Thema Schloss Horst am Ende der E-Mail]


AKTUELL

Mit Gips und Grips - der Schlossgeschichte auf der Spur
Archäologisches Pilotprojekt in Schloss Horst in Gelsenkirchen

Im Gelsenkirchener Schloß Horst startet heute "Mit Gips und Grips - der Schlossgeschichte auf der Spur". Das Projekt ist die Aufarbeitung der 15-jährigen Ausgrabungen im bedeutendsten Renaissance-Schloss in Nordwestdeutschland. Das Besondere: Die Arbeiten der Wissenschaftler finden soweit wie möglich unter den Augen der Öffentlichkeit statt. Besucher des Schlosses können sich nicht nur über den aktuellen Stand der Ergebnisse informieren, sondern den Wissenschaftlern bei ihrer Arbeit zuschauen und bei Veranstaltungen unter fachlicher Betreuung selbst Hand anlegen. Mit diesem auf zwei Jahre angelegten Pilotprojekt setzen der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) und die Stadt Gelsenkirchen ihre langjährige Kooperation im Rahmen der Sanierung von Schloss Horst fort. 

In Schloß Horst können sich die Besucher unter dem Motto "Archäologen, Anthropologen und Restauratoren über die Schulter schauen" nun selbst ein Bild machen von dem, was nach 15 Jahren Ausgrabung in Schloß Horst passiert: Archäologen, Anthropologen, Restauratoren und andere Spezialisten müssen Tausende von Keramik- und Glasscherben, Lederreste, Knochen und Metallfragmente bestimmen, konservieren und inventarisieren. Archäologen werten die Zeichnungen und Fotos der im Boden erhaltenen Spuren wissenschaftlich aus und bringen sie mit den Funden zusammen. Ihr Ziel ist es, daraus ein detailliertes Bild der tausendjährigen Geschichte von Schloß Horst und seinen Bewohnern zu erstellen und eine Dokumentation für zukünftige Generationen bereit zu stellen.

Das Westfälische Museum für Archäologie des LWL und die Stadt Gelsenkirchen haben sich ent-schlossen, diese Arbeiten soweit wie möglich öffentlich stattfinden zu lassen. Besucher des Schlosses können sich in den beiden nächsten Jahren über den aktuellen Stand der Ergebnisse informieren und den Experten bei der Arbeit zuschauen. Außerdem können sie zum Beispiel bei Veranstaltungen unter fachlicher Betreuung selbst Hand anlegen und die Methoden der Archäologen nachvollziehen. 

"Die Auswertung von Ausgrabungen findet normalerweise hinter verschlossenen Türen statt. Sie ist aber ein wichtiger Teil der archäologischen Arbeit und oft mindestens genauso spannend wie die Aus-grabung selbst. Schloß Horst bietet zum ersten Mal die Möglichkeit, diesen Teil unserer Arbeit in einem größeren Ausmaß öffentlich zu machen. Wir wollen damit dazu beitragen, dass die Bürger verstehen, warum es sich lohnt, sorgsam und verantwortungsvoll mit den Spuren aus der Vergangenheit umzuge-hen. Deshalb freuen wir uns, dass wir die bisherige erfolgreiche Zusammenarbeit mit der Stadt Gelsenkirchen fortsetzen können und wünschen uns viele neugierige Besucher" fasste Dr. Gabriele Isenberg, Direktorin des Westfälischen Museums für Archäologie und LWL-Chefarchäologin bei der Vorstellung des Projektes (15.3.) das Anliegen ihres Hauses zusammen. 

Das Sockelgeschoss von Schloß Horst bietet dafür beste räumliche Voraussetzungen. Im Südturm des Schlosses befindet sich der offene Arbeitsbereich der Archäologen, hier untersuchen und inven-tarisieren sie die Funde. Allerdings können nicht alle Objekte im Schloss selbst bearbeitet werden. Organische Materialien zum Beispiel verlangen eine besondere Behandlung, die technische Ausrüs-tung dafür ist nur in der zentralen Restaurierungswerkstatt des LWL-Museums für Archäologie in Münster-Coerde vorhanden. Diese Arbeiten und die jeweiligen Ergebnisse veranschaulicht eine Präsentation in den südlichen Flügeln des Schlosses, die regelmäßig aktualisiert wird. Nach den Sommerferien sollen dann auch Exkursionen, Führungen und Werkstattgespräche über bestimmte Funde, Methoden und Ergebnisse angeboten werden.

Oberbürgermeister Frank Baranowski betonte bei der Vorstellung den innovativen Charakter des Projektes und dessen Chancen für die Entwicklung der Stadt. "Die Ausgrabungen auf Schloß Horst veranschaulichen für jedermann, dass Umbrüche in Gelsenkirchen an der Tagesordnung waren und immer Neues daraus gewachsen ist. Diese Erkenntnis sollte uns Mut machen und Zuversicht geben für den Weg zum "neuen Gelsenkirchen", auf dem wir uns befinden", sagte er bei seiner Begrüßung der Gäste, die sich beim Startschuss über das Auswertungsprojekt informierten.

Das Projekt "Mit Gips und Grips - der Schlossgeschichte auf der Spur" wird finanziert vom LWL und der Stadt Gelsenkirchen, mit Unterstützung des Ministeriums für Bauen und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen. 

Bedingt durch die Sanierung und Restaurierung des Schlosses mussten die LWL-Archäologen zwischen 1990 und 2005 großflächige Ausgrabungen vornehmen. Sie dokumentierten dabei die tausend-jährige Geschichte des Ortes: von einer Hofstelle des 11. beziehungsweise 12. Jahrhunderts über eine hölzerne Wehranlage im 13. und eine Steinburg im 14. und 15. Jahrhundert bis hin zur Errichtung des heutigen Schlosses im 16. Jahrhundert. Einige der bedeutendsten Funde, darunter Geräte aus einer Alchemisten-Werkstatt, venezianisches Luxusgeschirr und bauplastischer Schmuck, sind im Westfälischen Museum für Archäologie des LWL in Herne ausgestellt. 

Schloß Horst, erbaut zwischen 1554 und 1572, ist das bedeutendste Renaissance-Schloss Nordwest-deutschlands. Im Laufe der Jahrhunderte verfiel es trotz vielfacher Anstrengungen seiner Besitzer zunehmend. 1988 kaufte die Stadt Gelsenkirchen das Schloss, 1990 begannen die Sanierungs- und Aufbauarbeiten. Dabei wurde besonderer Wert darauf gelegt, dass die alte und die neue Bausubstanz den Betrachtern bewusst bleibt. Heute ist Schloß Horst Ort für Kulturveranstaltungen und das zentrale Standesamt der Stadt, es beherbergt die Bezirksverwaltungsstelle Gelsenkirchen-West und bietet gehobene Gastronomie.


INFO

Termine und Kosten: 
Dokumentation "Mit Gips und Grips - der Schlossgeschichte auf der Spur": Montag und Dienstag 8 bis 16 Uhr, Mittwoch und Freitag 8 bis 13 Uhr, Donnerstag 8 bis 19 Uhr. Samstag, Sonntag und an Feier-tagen zunächst nur nach Vereinbarung. 
"Archäologen, Anthropologen und Restauratoren über die Schulter schauen": Montag bis Donnerstag 8 bis 16 Uhr, Freitag bis 8 bis 13 Uhr. 
Der Eintritt ist für Einzelbesucher frei. Gruppen können nur geführt die Räumlichkeiten besuchen, der Preis beträgt pro Person € 2,50. Eine Anmeldung ist erforderlich unter Tel. 0209 169-6162 oder schloss.horst at gelsenkirchen.de.
Veranstaltungen ab Sommer 2006 werden gesondert angekündigt und mit einem geringen Kostenbeitrag belegt. 

Informationen und Kontakt: 
Schloß Horst
Turfstr. 21
45899 Gelsenkirchen-Horst
Tel. 0209 169-6162
schloss.horst at gelsenkirchen.de, www.archaeologie-in-westfalen-lippe.de 



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Redaktioneller Hinweis auf Ressourcen im Internet-Portal "Westfälische Geschichte" 
zum Thema Schloss Horst, u.a. [MW]:

- H.-W. Peine / C. Kneppe: Haus Horst im Emscherbruch
http://www.lwl.org/westfaelische-geschichte/portal/Internet/ku.php?tab=web&ID=351

- Computeranimationen von verschiedenen Baustufen von Schloss Horst 
http://www.lwl.org/westfaelische-geschichte/portal/Internet/ku.php?tab=web&ID=347