[WestG] [AKT] Dilthey-Fellowships für Nachwuchsforscher der Universitaet Bielefeld
Alexander Schmidt
Alexander.Schmidt at lwl.org
Don Jun 1 16:59:57 CEST 2006
Von: "Brigitte Honerlage" <brigitte.honerlage at uni-bielefeld.de>
Datum: 01.06.2006, 13:05
AKTUELL
Dilthey-Fellowships für Nachwuchsforscher der Universität Bielefeld
Linguistin und Historiker erhalten im Rahmen der Initiative "Pro
Geisteswissenschaften" jeweils jährlich 80.000 Euro Förderung
Dr. Katharina J. Rohlfing (Technische Fakultät) und Dr. Frank
Uekötter (Fakultät für Geschichtswissenschaft, Philosophie und
Theologie) erhalten jeweils ein Dilthey-Fellowship. Die Fritz Thyssen
Stiftung und die Volkswagenstiftung vergeben die Stipendien im
Rahmen der Initiative "Pro Geisteswissenschaften". Das Besondere
an den Stipendien ist die lange Laufzeit: Die Förderung erfolgt
zunächst für eine Dauer von fünf Jahren - kann aber um weitere
drei bis maximal fünf Jahre verlängert werden. Damit ist es den
Stipendiaten möglich, auch langfristige Projekte verlässlich finanziert
umzusetzen. Die jährliche Fördersumme beträgt jeweils 80.000 Euro.
Insgesamt haben die beiden Stiftungen diesem Jahr acht Dilthey-
-Fellowships vergeben.
Die Linguistin Dr. Katharina J. Rohlfing (35 Jahre) forscht und lehrt
seit 2005 an der Universität Bielefeld. Der Mutter zweier Kinder gelingt
ein Kuriosum, denn sie arbeitet als Stipendiatin der Initiative "Pro
Geisteswissenschaften" in der Technischen Fakultät: Dr. Katharina J.
Rohlfing ist in der Arbeitsgruppe "Angewandte Informatik" tätig und
untersucht, wie Kinder von Eltern lernen und ob man diese
Erkenntnisse in einer Mensch-Roboter-Interaktion umsetzen kann. Der
Titel ihres Dilthey-Projekts: "Symbiose von Sprache und Handlung".
Ähnlich wie Roboter werden Kinder mit neuen Informationen überschüttet.
Anders als bisher konstruierte Roboter sind Kinder jedoch in der Lage,
jegliche Unterstützung der Umwelt zu nutzen, um diese Informationen
über die Welt zu strukturieren. Denn die Umwelt passt sich an sie an:
Erwachsene äußern einen speziellen multimodalen Input oder Feedback.
Diese Unterstützung ändern sie je nach kognitiven und sprachlichen
Fähigkeiten ihres Kindes und in Abhängigkeit von situativen Faktoren.
Selbst eine Auseinandersetzung mit der gegenständlichen Umwelt findet
in dieser sozialen Einbettung statt. Das zentrale Anliegen des Projektes
ist es, diese Unterstützung der Umwelt in Studien mit Kindern und ihren
Eltern zu erforschen, und somit das Lernen im Allgemeinen, und Sprach-
lernen im Speziellen als Angleichung zweier Kommunikationspartner zu
untersuchen. Die gewonnenen Erkenntnisse zum Lernen werden in der
Mensch-Roboter-Interaktion modelliert und evaluiert.
Der Geschichtswissenschaftler Dr. Frank Uekötter (35 Jahre) ist
wissenschaftlicher Angestellter an der Fakultät für Geschichtswissenschaft,
Philosophie und Theologie. Er beschäftigt sich mit der Wissensgeschichte
der Landwirtschaft. Von 1991 bis 1997 war er Stipendiat der Studienstiftung
des deutschen Volkes. Der Titel seines Dilthey-Projekts: "Wissensgeschichte
der Landwirtschaft im 20. Jahrhundert. Auf dem Weg zu einer Epistemologie
des Vergessens".
Die wenigsten Menschen denken bei Landwirtschaft zuerst an Wissenschaft.
Tatsächlich gehören die Agrarwissenschaften jedoch zu den Giganten der
Forschung, durchaus vergleichbar mit der Medizin und den Ingenieur-
wissenschaften. Aber anders als diese Fächer ist die Geschichte des
landwirtschaftlichen Wissens nur sehr bruchstückhaft erforscht. Hier setzt
das Projekt an und analysiert den Wandel des landwirtschaftlichen
Produktionswissens, der im 20. Jahrhundert den Aufstieg zu einer historisch
präzedenzlosen Produktivität ermöglichte, aber zugleich ökonomische und
ökologische Probleme in ebenfalls völlig neuartigem Umfang hervorrief.
Durch eine Erweiterung der Wissenschaftsgeschichte zur Wissensgeschichte
kommen dabei auch die landwirtschaftlichen Praktiker in den Blick: Wie
gelangte wissenschaftliches Know-how zu den Landwirten? Was fand und
findet den Weg von den Praktikern zu den Forschern zurück? Es geht in
dem Projekt daher auch um historische Grundlagen einer ökologischen
Wende der Landwirtschaft, die in der gegenwartspolitischen Agrardebatte
viel zu wenig Beachtung finden.