[WestG] [AKT] "Zur eigenen Geschichte stehen", Schueler diskutieren mit Buergermeister ueber Stadtjubilaeum
Alexander Schmidt
Alexander.Schmidt at lwl.org
Mit Apr 26 11:24:22 CEST 2006
Von: "Pressestelle der Stadt Münster" <info at presse-service.de>
Datum: 25.04.2006, 15:02
AKTUELL
"Zur eigenen Geschichte stehen"
Schüler diskutieren mit Bürgermeister über Stadtjubiläum
Darf eine Stadt ihr Jubiläum an Hitlers Geburtstag feiern? Und wie
soll künftig mit diesem heiklen Thema umgegangen werden? Diese
und viele weitere Fragen diskutierten Abiturientinnen und Abiturienten
des Städtischen Gymnasiums mit Bürgermeister Dr. Uli Paetzel,
Stadtarchivar Dr. Michael Hensle und ihrer Lehrerin Barbara Keimer.
Für einen offensiveren Umgang mit der Stadtgeschichte plädierte die
Mehrheit der Schülerinnen und Schüler. "Natürlich soll Herten feiern
dürfen, auch an diesem Tag - man könnte aus einer solchen Feierlichkeit
vielleicht sogar eine Protestaktion gegen Nationalsozialismus und
Fremdenfeindlichkeit machen", fanden die Gymnasiasten Anna Vatteroth
und Johannes Bock.
Lange genug seien Daten und Fakten zu diesem Thema totgeschwiegen
und aus der kollektiven Erinnerung ausgeblendet worden. Einig sind sich
die Abiturientinnen und Abiturienten vor allem in einem Punkt: Auf keinen
Fall dürfe das Gedenken an die Opfer der Nazis in den Hintergrund treten.
Tatsache ist, das beweisen historische Dokumente, dass das Streben
Hertens nach Stadtwerdung keine Erfindung der NSDAP war. Schon
zuvor hatte sich der Verkehrsverein dafür eingesetzt, jedoch sein Ziel
nicht erreicht. Dass die Stadturkunde schließlich ausgerechnet an "Führers"
Geburtstag, dem 20. April 1936, verliehen wurde, war zu jenen Zeiten
üblich. Die Gymnasiasten wollten, so die einhellige Aussage der
Diskussionsteilnehmer, keineswegs die Rolle Hertens im Nationalsozialismus
verharmlosen.
Sie sprachen sich jedoch deutlich für einen unverkrampfteren Umgang
mit der eigenen Geschichte aus. Tenor: "Aus der Vergangenheit lernen,
aber sich nicht dafür verstecken". So solle zum Beispiel auch die in der
Versenkung gehaltene Stadturkunde mit einem erläuternden Text versehen
und an einem öffentlichen Ort aufgehängt werden.
Uli Paetzel zeigte sich am Ende des Gesprächs überrascht über die klare
Position der Jugendlichen. "Nach allem, was ich von den Schülern gehört
habe, sollten wir unsere Konzeption zum Stadtjubiläum in einigen Punkten
nochmal überdenken."