[WestG] [KONF] "Streitfall Galen" -- Anfragen, Kontroversen und Antworten
Dr. Marcus Weidner
mw at jmr-weidner.de
Sam Apr 15 13:37:26 CEST 2006
Von: "Peter Sieve" <psieve at bmo-vechta.de>
Datum: 10.04.2006
Übernahme aus der E-Mailing-Liste "H-Soz-u-Kult"
TAGUNGSBERICHT
"Streitfall Galen" - Anfragen, Kontroversen und Antworten
10.04.2006 Sieve, Peter <psieve at bmo-vechta.de> Druckversion
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Veranstalter: Kardinal-von-Galen-Haus Stapelfeld und Hochschule Vechta
Datum, Ort: 10.03.2006-11.03.2006, Cloppenburg
Bericht von:
Peter Sieve, Archiv des Bischöflichen Offizialates
E-Mail: <psieve at bmo-vechta.de>
Trotz einer Fülle von wissenschaftlichen und populären Publikationen
über Clemens August Kardinal von Galen (1878-1946), den durch seine
öffentlichen Proteste gegen nationalsozialistisches Unrecht weit über
Deutschland hinaus bekannt gewordenen Bischof von Münster, werden immer
noch viele Aspekte seines Lebens und Wirkens kontrovers diskutiert. Im
März 2006, sechzig Jahre nach seinem Tod und fünf Monate nach seiner
Seligsprechung durch die katholische Kirche, führte das anhaltende
Interesse an Galens Persönlichkeit dazu, dass ihm in kurzem Abstand
gleich zwei wissenschaftliche Tagungen in den Katholischen Akademien in
Cloppenburg und in Münster gewidmet wurden.
Die erste der beiden Tagungen wurde von Joachim Kuropka (Vechta)
initiiert und fand am 10. und 11. März 2006 im Kardinal-von-Galen-Haus
in Cloppenburg-Stapelfeld statt. Unter der Überschrift "Streitfall
Galen" befassten sich elf Referenten und eine Referentin mit dem
Wirkungsbereich und dem Umfeld des Bischofs sowie mit kritischen
Anfragen an die Galen-Forschung.[1] Der kommissarische Leiter des
Kardinal-von-Galen-Hauses, Heinrich Dickerhoff, und die Präsidentin der
Hochschule Vechta, Marianne Assenmacher, konnten rund fünfzig
Teilnehmerinnen und Teilnehmer begrüßen. Joachim Kuropka ging in seiner
Einführung insbesondere auf die im Zusammenhang mit der Seligsprechung
Galens im Oktober 2005 geführte öffentliche Diskussionen über die
Bewertung seines Wirkens in der NS-Zeit ein.
Neue Forschungen zum Wirkungsbereich des Pfarrers und Bischofs Clemens
August Graf von Galen
Die ersten vier Referate am Freitagnachmittag standen unter der
Überschrift "Neue Forschungen zum Wirkungsbereich des Pfarrers und
Bischofs Clemens August Graf von Galen". Paul Dünnebacke (Münster)
befasste sich mit Galens Tätigkeit als Pfarrer von St. Lamberti in
Münster von 1929 bis 1933 und konnte seinem Beitrag eine erst kürzlich
neu entdeckte Quelle zugrunde legen: fünf Jahrgänge des "Katholischen
Kirchenblatts für die Stadt Münster" mit dem Mantelteil der Pfarrei St.
Lamberti, der zahlreiche Beiträge Galens enthält. Als Seelsorger
entfaltete Galen vielfältige Aktivitäten, um den Glauben seiner Gemeinde
in der Endphase der Weimarer Republik zu stärken. Er bemühte sich mit
Erfolg um die Jugendarbeit, war an den Vorbereitungen des Katholikentags
1930 beteiligt und förderte nachhaltig die Stadtmission 1931. Darüber
hinaus profilierte er sich durch seinen Einsatz für Arme und Bedürftige
als "Mann der Caritas" und war im Fürsorgeausschuss der Stadt Münster
vertreten.
Jürgen Kampmann (Münster) thematisierte in seinem Vortrag über "Bischof
von Galen und die evangelischen Christen" nicht die persönlichen
Kontakte einzelner Vertreter der Bekennenden Kirche (zum Beispiel Martin
Niemöller) zum Bischof von Münster, sondern das Verhältnis der leitenden
Organe des westfälischen Protestantismus zu ihm. Der Kirchenjurist
Gerhard Thümmel, in der NS-Zeit als Konsistorialpräsident in Münster
höchster Repräsentant der evangelischen Kirche in Westfalen, wies die
ihm unterstellten Pfarrer 1942 an, jeden Versuch einer Weiterverbreitung
der Galen-Predigten bei der Gestapo zur Anzeige zu bringen. Schon viel
früher war der deutsch-christliche Versuch, ein nach dem Führerprinzip
aufgebautes "evangelisches Bistum Münster" zu installieren, kläglich
gescheitert. Doch auch die Leitung der Bekennenden Kirche achtete
darauf, dass ihre vielfach bekundete Loyalität gegenüber dem Staat nicht
durch eine öffentliche Solidarisierung mit Bischof von Galen in Frage
gestellt werden konnte. In den Darstellungen über den evangelischen
Kirchenkampf in Westfalen, die nach dem Krieg erschienen, wird Galen nur
ganz am Rande erwähnt. Als Fazit hielt der Referent fest, dass sich die
Leitungsebene der evangelischen Kirche von dem regimekritischen
katholischen Bischof deutlich distanziert hat, während die Einstellung
der evangelischen Gläubigen auf Gemeindeebene zu Galens Wirken mangels
Quellen noch nicht abschließend bewertet werden kann.
Winfried Süß (München) legte überzeugend dar, aufgrund welcher konkreten
Voraussetzungen die berühmten Galen-Predigten vom Juli/August 1941 ihre
starke Wirkung erzielen konnten. Im Gegensatz zu den papiernen Eingaben,
mit denen sich kirchliche Stellen schon früher gegen die
Euthanasie-Maßnahmen gewandt hatten, erregte Galens öffentlicher Protest
größtes Aufsehen, indem er in einer kritischen Situation des Krieges
andeutete, dass die staatlich organisierte Tötung von "unproduktiven
Menschen" wie Geisteskranken in letzter Konsequenz auch zur Tötung von
Kriegsversehrten führen müsse. Die in den offiziellen Medien
totgeschwiegenen Predigttexte fanden weite Verbreitung, da die
katholische Subkultur für ihre illegale Vervielfältigung sorgte und die
Alliierten sie als Flugblätter abwarfen. Das Regime sah sich in die
Defensive gedrängt. Hitler setzte die allzu offensichtlichen Methoden
des Krankenmords aus. Die "Abrechnung" mit Galen verschob er auf die
Zeit nach dem gewonnenen Krieg, weil der Bischof bei den 1,8 Millionen
katholischen Gläubigen seiner Diözese große Popularität genoss.
Michael Höhle (Berlin) referierte anschaulich über den "Berliner Klerus
in den 1920er-Jahren". Bevor Galen 1929 Pfarrer von St. Lamberti in
Münster wurde, hatte er dreiundzwanzig Jahre lang in der praktischen
Seelsorge der Reichshauptstadt gewirkt und war dort mit ganz anderen
sozialen Milieus in Berührung gekommen als in seinem Heimatbistum. Höhle
skizzierte die rasche Aufwärtsentwicklung des Berliner Katholizismus
nach dem Ersten Weltkrieg, die schließlich zur Errichtung des Bistums
Berlin führte (Preußenkonkordat von 1929). Persönlichkeiten wie
Maximilian Kaller und Carl Sonnenschein trugen maßgeblich dazu bei, ganz
neue Wege der Großstadt-Pastoral zu beschreiten. Ein junger und
aufgeschlossener Klerus gab der katholischen Kirche in Berlin ein
modernes Gesicht und verschaffte ihr auch bei Andersgläubigen Ansehen.
Als Laienbewegung spielte die "Katholische Aktion" unter dem Vorsitz von
Erich Klausener eine große Rolle, und die jährlichen "Märkischen
Katholikentage" zogen oft mehr als 45.000 Menschen an. In diesem Umfeld
machte sich Galen, seit 1919 Pfarrer von St. Matthias, einen Namen als
Förderer der caritativen Arbeit und zugleich als strenger Vertreter
kirchlicher Grundsätze. 1935 stand er auf der Vorschlagsliste des
Domkapitels für den Bischofsstuhl von Berlin an erster Stelle.
Im öffentlichen Abendvortrag ging Manfred Eder (Osnabrück) der Frage
nach, ob die Kirche nach dem nationalsozialistischen "Endsieg" eine
Zukunft gehabt hätte. In krassem Gegensatz zur parteioffiziellen Linie
des "positiven Christentums" stand Hitlers privat geäußerte Verachtung
für den christlichen Glauben, die in der Endphase des Krieges in
Vernichtungsphantasien gipfelte. Nicht ohne Erfolg versuchte das Regime,
den bedingungslosen "Glauben an Führer, Volk und Vaterland" durch
ausgefeilte, in vielem an die kirchliche Liturgie angelehnte
Feierlichkeiten im öffentlichen wie im privaten Leben zu verankern. Der
in Himmlers SS praktizierte Okkultismus blieb innerhalb der NS-Bewegung
jedoch umstritten. Der Referent kam zu dem Ergebnis, der
Nationalsozialismus sei eher als Religionsersatz denn als Ersatzreligion
zu werten, und beendete seine Ausführungen mit Kästners Gedicht "Die
andere Möglichkeit".
Neue Beiträge zu kontroversen Themen
Als "neue Beiträge zu kontroversen Themen" waren die vier Vorträge am
Samstagvormittag angekündigt. Stefan Gerber (Jena) gab unter dem Titel
"Legalität, Legitimität und Volkssouveränität" eine präzise
Positionsbestimmung Clemens August von Galens im Verfassungsstreit des
deutschen Katholizismus der Weimarer Republik. Aus der Perspektive des
Seelsorgers hat sich der Berliner Pfarrer in der katholischen Presse
wiederholt zur anhaltenden Diskussion um die Weimarer Reichsverfassung
geäußert. Zwar lehnte er die Revolution grundsätzlich ab und übernahm
die von der Obersten Heeresleitung propagierte "Dolchstoßlegende", aber
dennoch verblieb er im Lager der gemäßigten Verfassungskritiker und
erkannte -- anders als Kardinal Faulhaber -- die Legitimität der
republikanischen Obrigkeit an. Seine Vorbehalte beruhten auf seiner
Skepsis gegenüber der liberalen Fortschrittsideologie und bezogen sich
insbesondere auf das Fehlen einer im Verfassungstext festgeschriebenen
Verpflichtung des Volkssouveräns auf die Verantwortung vor Gott. Als
mögliche Folge befürchtete er die Gefahr einer Mehrheitsdiktatur bzw.
Demagogenherrschaft.
Joachim Kuropka (Vechta) stellte sich dem heiß umstrittenen Thema
"Bischof von Galen und die Juden". Unter Verweis auf die mangelhafte
Rezeption der bisherigen Literatur, die sich etwa in den
Falschinformationen der "Enzyklopädie des Holocaust" (Galen als
Erzbischof und KZ-Häftling) und in den Fehlurteilen von Beth
Griech-Polelle widerspiegelt, gab der Referent zunächst eine
Zusammenfassung des aktuellen Forschungsstandes. So verwies er etwa auf
Wilhelm Dambergs bislang zu wenig beachtete Entdeckung, dass die
Bistumsleitung in Münster im Juni 1938 alle Pfarrer angewiesen hat, eine
den Antisemitismus kritisch beurteilende Broschüre mit dem Titel "Die
Nathanaelfrage unserer Tage" den Gläubigen zur Lektüre zu empfehlen.
Kuropka betonte ferner das gute persönliche Verhältnis Galens zum
Münsteraner Rabbiner Fritz Steinthal. Für dessen aus der Erinnerung
getroffene Aussage, nach der Pogromnacht sei auf Anordnung Galens in
allen Kirchen des Bistums Münster für die Juden gebetet worden, fehlen
Nachweise in den kirchlichen Archiven, doch konnte der Referent
bestätigende Belege aus rheinländischen Gestapoakten anführen. In seinem
Resümee betonte er die Einmaligkeit der Broschürenverbreitung und der
Gebetsaktion. Den richtigen Zeitpunkt zur "Flucht in die Öffentlichkeit"
in der Frage der Judenverfolgung habe Galen jedoch wie die anderen
Bischöfe verpasst, was er sich nach eigenem Bekunden später selbst zum
Vorwurf gemacht hat.
Maria Anna Zumholz (Cloppenburg) nahm sich in ihrem Vortrag des ebenso
heiklen Themas "Bischof von Galen und der Krieg" an, ausgehend von einem
Rundschreiben über den Krieg, das Galen 1916 an die Mitglieder seines
Berliner Gesellenvereins gerichtet hat. Anhand der maßgeblichen
theologischen Nachschlagewerke skizzierte die Referentin zunächst die
traditionelle Kriegstheologie der katholischen Kirche, um anschließend
zu untersuchen, inwiefern sich diese Theologie in den öffentlichen
Erklärungen Galens aus dem Zweiten Weltkrieg widerspiegelt. Neue
Erkenntnisse gab es zur Vorgeschichte seines
Antibolschewismus-Hirtenbriefs vom 14. September 1941, der von
Feldpostbriefen katholischer Teilnehmer des Ostfeldzugs an den Bischof
beeinflusst ist. Hatte Galen angesichts des Bombenkriegs in seiner
Telgter Predigt vom 4. Juli 1943 jedem Gedanken an Rache und Vergeltung
eine klare Absage erteilt, so zog er erst nach Kriegsende den Sinn
moderner Kriegsführung generell in Zweifel. In seinen Äußerungen zum
Krieg, die nicht politisch, sondern pastoral zu verstehen sind, bleibt
ein unauflösbarer Widerspruch zwischen der Sicht des Krieges als Geißel
der Menschheit und der Idealisierung des soldatischen Gehorsams.
Moralische Verurteilungen dieser Aporien von der Warte des über die
Praktiken des nationalsozialistischen Vernichtungskriegs genau
informierten Zeitgenossen wies die Referentin zurück.
Rudolf Willenborg (Vechta) ging unter dem Vortragstitel "'Gottesmann
seiner Zeit' oder 'Antisemit' und 'Kriegshetzer'? Wandlungen des
Galenbildes" der Herkunft und Wirkung der folgenden, immer wieder als
Galen-Zitat kolportierten Sätze auf den Grund: "Gott hat es zugelassen,
dass das Vergeltungsschwert gegen England in unsere Hände gelegt wurde.
Wir sind die Vollzieher seines gerechten göttlichen Willens." Diese
Sätze finden sich als Äußerung einer fiktiven Person in einer von Willi
Lindner verfassten Erzählung im "Katholischen Kirchenblatt für das
nördliche Münsterland" vom 9. März 1941. Schon vier Jahre zuvor hatte
Galen diesem Blatt die kirchenamtliche Anerkennung entzogen. Dennoch
wurden aus Lindners frei erfundener Geschichte erstmals 1956 von
Johannes Fleischer und später von Karlheinz Deschner angebliche
Galen-Zitate kompiliert, die durch die Übernahme in diversen
Internetforen kirchenkritischer sowie rechtsradikaler Provenienz, aber
auch durch ihre Verwendung in Medien wie "Publik-Forum" oder "Stern" und
auf den Leserbriefseiten der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, nicht
zuletzt im Zusammenhang mit Galens Seligsprechung 2005 eine breite
Resonanz erfuhren. Die anschließende Diskussion machte deutlich, dass
die Verbreitung des gefälschten Zitats im weltweiten Netz das Bild des
Bischofs von Galen gerade bei Schülern, aber auch bei Lehrkräften nicht
unerheblich beeinflussen kann.
Neue Beiträge zum Umfeld Clemens August Graf von Galens
"Neue Beiträge zum Umfeld Clemens August Graf von Galens" bot
schließlich der letzte Teil der Tagung am Samstagnachmittag. Unter dem
Titel "Ultramontane oder Staatskatholiken?" referierte Michael
Hirschfeld (Vechta) über das Verhältnis der gräflichen Familie zum
preußischen Staat. Vom Kölner Ereignis 1837 bis zum NS-Terror zeigten
führende Familienmitglieder über mehrere Generationen hinweg in
bemerkenswerter Kontinuität immer wieder eine staatskritische Haltung,
die in ihrem papsttreuen Katholizismus begründet war. Hirschfeld
verdeutlichte dies am Beispiel der Biographien von drei geistlichen
Onkeln des Kardinals: Friedrich von Galen (1828-1864), Bernhard von
Galen (1844-1895) und Weihbischof Max Gereon von Galen (1832-1908). Die
Nominierung des letzteren für verschiedene deutsche Bischofsstühle
scheiterte regelmäßig am Einspruch staatlicher Stellen, indem diese ihn
wegen seiner ultramontanen Haltung zur persona non grata erklärten.
Helmut Lensing (Greven) stellte die Biographie eines Vetters und
Schulfreundes Galens vor, der tatsächlich Rechtskatholik und zeitweise
sogar NSDAP-Mitglied war: Emanuel Graf von Galen zu Beversundern
(1877-1950). Dieser widmete sich nach einem Jurastudium der Verwaltung
seines im Emsland gelegenen Gutes. In den 1920er-Jahren überwarf er sich
mit der Zentrumspartei, weil er seine Standesinteressen dort nicht mehr
hinreichend vertreten sah. Als lokaler Agrarpolitiker verstrickte er
sich in Auseinandersetzungen mit den organisierten Heuerleuten und
Kleinpächtern und trat 1931 der NSDAP bei. Für einige Monate war er nach
der Machtübernahme Kreisbauernführer in Lingen, verlor jedoch bald
wieder jeden politischen Einfluss. Seine Parteimitgliedschaft scheint
weniger ideologisch als opportunistisch begründet gewesen zu sein. 1935
wurde er nach einem Streit mit Anglern, die ohne Erlaubnis sein
Grundstück betreten hatten und denen gegenüber er seine Verachtung für
das "Dritte Reich" nicht verhehlte, verklagt und aus der Partei
ausgeschlossen. Nach der alliierten Eroberung des Emslandes und noch vor
Kriegsende ernannten ihn die Engländer zum ersten Landrat von Lingen.
Im letzten Vortrag schilderte Thomas Flammer (Münster) die Entwicklung
der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Münster in der
NS-Zeit. Abweichend von der bislang maßgeblichen Darstellung Eduard
Hegels legte der Referent anhand der Quellen dar, dass die Nähe
einzelner Professoren zum Nationalsozialismus nicht auf die anfänglichen
"Brückenbau"-Versuche des Dogmatikers Michael Schmaus und des
Kirchenhistorikers Joseph Lortz beschränkt blieb. Während Schmaus seine
universitätsinternen Briefe bis zuletzt mit dem deutschen Gruß
unterschrieb, waren der Pastoraltheologe Joseph Höfer, der
Kirchenhistoriker Ludwig Mohler und der Kirchenrechtler Egon Schneider
sogar Parteimitglieder. Demgegenüber wurde der den Nationalsozialismus
radikal ablehnende Missionswissenschaftler Joseph Schmidlin 1934
vorzeitig emeritiert und 1944 im KZ Schirmeck umgebracht. Unter den
anderen Professoren, die kritische Distanz zum NS-Regime wahrten, übte
besonders der Homiletiker und Dompropst Adolf Donders einen wichtigen
Einfluss auf Galens Denken aus. Flammer konnte einige neue Quellenfunde
präsentieren, darunter Briefe von Donders an Faulhaber aus dem Jahr 1933
mit sehr positiven Einschätzungen Galens sowie einen Brief von Schmidlin
an den Papst aus dem Jahr 1935 mit der Aufforderung zu offenem Protest.
Die Abschlussdiskussion ließ noch einmal deutlich werden, dass die Vita
Clemens August von Galens als Spiegel der deutschen wie auch der
kirchlichen Zeitgeschichte ein offenbar unerschöpfliches Thema ist. In
seinem Schlusswort kündigte Joachim Kuropka die zeitnahe
Veröffentlichung der Vorträge in einem Sammelband an. Die Teilnehmer der
Tagung hatten die Möglichkeit, das wissenschaftliche Gespräch zwei
Wochen später im Franz-Hitze-Haus in Münster fortzusetzen, wo am 24. und
25. März 2006 unter Leitung von Hubert Wolf das Symposium "Nec laudibus,
nec timore" stattfand.
Anmerkungen:
[1] Programm siehe H-Soz-u-Kult unter
hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/termine/id=4942
Typ: Preprints, Berichte und Working Papers
Land: Germany
Sprache: German
Klassifikation: Regionaler Schwerpunkt: Deutschland
Epochale Zuordnung: 20. Jahrhundert
Thematischer Schwerpunkt: Kirchen- und Religionsgeschichte
URL zur Zitation dieses Beitrages:
http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/tagungsberichte/id=1099