[WestG] [AKT] Vortrag: Ein Westfale in Russland. August Freiherr von Haxthausen, Paderborn, 25.10.2005
Alexander Schmidt
Alexander.Schmidt at lwl.org
Don Okt 20 11:16:19 CEST 2005
Von: "Rolf-Dietrich Müller" <r.mueller at paderborn.de>
Datum: 19.10.2005, 13:10
AKTUELL
Öffentliche Vortragsveranstaltung des Altertumsvereins Paderborn:
Ein Westfale in Russland. August Freiherr von Haxthausen (1792-1866)
Vortrag von Dr. Günter Tiggesbäumker, Brakel-Bökendorf
Dienstag, 25. Oktober 2005, 20.00 Uhr
Theologische Fakultät Paderborn, Kamp 6, Hörsaal 3
August von Haxthausen wurde am 3. Februar 1792 im Bökerhof geboren;
neben seinem Bruder Werner (1780-1842) gehörte er zu den herausragenden
Persönlichkeiten der "großen Generation" der Familie. Mit ihren fünfzehn
Geschwistern waren sie Träger des "Bökendorfer Freundeskreises", zu dem
die Brüder Grimm, Heinrich Straube, August von Arnswald, Hoffmann von
Fallersleben und ihre Nichte Annette von Droste-Hülshoff gehörten. Die Familie
von Haxthausen war eine der "vier edlen Säulen" bzw. "vier edlen Meyer" des
Hochstifts Paderborn, die "Quattuor Nobiles Columnae". Ferner hatte sie das
Erbhofmeisteramt inne und besaß eine Domherrenstelle am fürstbischöflichen Hof.
In jungen Jahren literarisch ambitioniert, wandte sich August von Haxthausen
später agrar-wissenschaftlichen Fragestellungen zu. Er lernte die bäuerlichen
Verhältnisse und Rechte seiner Heimat aus eigener Anschauung kennen und
sammelte Material zur Lokalgeschichte, über die verschiedenen Rechtsinstitute
und deren geographische Verteilung. Hierdurch schuf er sich die Grundlage für
seine agrarwissenschaftlichen Arbeiten über die preußischen Provinzen und über
Rußland. Zar Nikolaus I. lud August von Haxthausen zu Untersuchungen der
bäuerlichen Verhältnisse nach Rußland ein, um Vorschläge zur Lösung der
Bauernfrage zu erhalten. Daneben erhoffte er sich durch "den konservativen
Preußen aus Westfalen", das durch das Buch des Marquis de Custine aus dem
Jahre 1839 geschädigte Ansehen Russlands in Europa wieder aufzubessern.
Anfang März 1843 reiste Haxthausen von Bökendorf nach St. Petersburg, wurde
dort dem Zaren vorgestellt und in die russische Gesellschaft eingeführt.
Empfehlungsschreiben sollten ihm die Unterstützung auf der Reise sichern. Der
Weg führte ihn weiter nach Moskau, dann bis zum Ural und die Wolga abwärts
durch Weißrußland bis zur Krim. Von hier aus machte er einen zweimonatigen
Abstecher in den Kaukasus. Die Rückreise führte durch die Ukraine nach Moskau,
von wo aus August von Haxthausen 1844 nach Bökendorf zurückkehrte.
Haxthausen veröffentlichte zwei mehrbändige Werke, die "Studien über Rußland."
(1847-1852) und "Transkaukasia" (1856). Durch seine Veröffentlichungen war
er ein in ganz Europa bekannter Mann geworden und galt seitdem als
Rußlandexperte schlechthin. Auslöser für die Einladung Haxthausens durch den
Zaren war ein Artikel zum kaiserlichen Ukas vom 2. April 1842 in der "Augsburger
Allgemeinen Zeitung". In diesem Artikel hatte Haxthausen die Ansätze zu einer
Lösung in der Frage der Leibeigenschaft in Rußland durch Nikolaus I. begrüßt und
bezeichnete später in seinen "Studien" die Bauernemanzipation als die große Frage
des Tages.
Auch Zar Alexander II. erklärte seinen Willen, die Leibeigenschaft aufzuheben.
Haxthausen nutzte die günstige Stimmung aus und veröffentlichte zwei Artikel
über die Bauernbefreiung im "Russkij Vestnik". Unterdessen hatte die Großfürstin
Elena Pawlowna ähnliche Pläne, die sie für die Zukunft absichern wollte. So suchte
sie Rückhalt beim anerkannten Agrarfachmann August von Haxthausen. 1857
entwarf dieser verschiedene Papiere "über die Aufhebung der Leibeigenschafts-
Verhältnisse in Folge gestatteter freiwilliger Verträge". Diese fanden bei der
Großfürstin großen Anklang und sie nutzte ihren Einfluß bim Zaren, die Gesetzgebung
mit der maßgeblichen Unterstützung von August von Haxthausen voranzutreiben.
Das große Lebenswerk, die russische Bauernbefreiung von 1861, ging schließlich
in Erfüllung. Dazu erschien 1866 sein letztes Werk: "Die ländliche Verfassung Russlands
in der Gesetzgebung von 1861".
August von Haxthausen starb in der Sylvesternacht des Jahres 1866 an den Folgen
eines Schlaganfalls, als er sich in Hannover zu einem Besuch bei seiner Schwester
Anna von Arnswald aufhielt; sein letzte Ruhestätte fand er in der Familiengrablege
Bellersen, ganz in der Nähe seines Geburtsortes Bökendorf.
INFO
Zeit und Ort:
Dienstag, 25. Oktober 2005
20.00 Uhr
Theologische Fakultät Paderborn
Kamp 6
Hörsaal 3
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