[WestG] [AKT] Vortraege des Mindener Geschichtsvereins Herbst /Winter 2004/05

Alexander Schmidt Alexander.Schmidt at lwl.org
Mit Sep 15 12:28:20 CEST 2004


Von "Vinzenz Lübben (Stadt Minden, Archiv)", <V.Luebben at MINDEN.DE>
Datum: 15.09.2004, 12:10


AKTUELL

Vorträge des Mindener Geschichtsvereins Herbst /Winter 2004/05


Dienstag,12. Oktober 2004, 19.30 Uhr

Dr. Wolfhart Beck, Münster
- Träger des Förderpreises -

Zwischen Kreuz und Hakenkreuz
Die Gemeinden des Kirchenkreises Lübbecke 1933-1945

Altes Amtsgericht, Gerichtsstr. 5, Lübbecke

Der lokalgeschichtliche Zugriff auf Kirchengemeinden in 
der Zeit des Nationalsozialismus erlaubt eine 
differenzierte Betrachtung. So wird deutlich, dass 
Pfarrer und Gemeinden die nationalsozialistische 
Machtergreifung einerseits freudig begrüßten, sich aber 
ebenso energisch gegen die Gleichschaltungsversuche der 
NSDAP und der Deutschen Christen wehrten: Der Altkreis 
Lübbecke war zugleich Hochburg der NSDAP und der 
Bekennenden Kirche. Konflikte der Gemeinden mit dem 
nationalsozialistischen Staat und grundsätzliche 
Zustimmung und Duldung der Diktatur bildeten ein 
Spannungsfeld, das den Alltag der Gemeinden bis zum Ende 
des Krieges und der NS-Herrschaft prägte. Diese 
Geschichte wird in den Prozess der Säkularisierung, also 
den Bedeutungsverlust von Religion und Kirche, der oft 
beschrieben wurde, eingeordnet: Die vom Kaiserreich bis 
in die 1960er Jahre zu beobachtenden Entwicklungen 
offenbaren jedoch weniger eine "Entkirchlichung" als 
vielmehr Verschiebungen hinsichtlich der Stellung und 
Bedeutung von Kirche in der Gesellschaft.


Dienstag, 2. November 2004, 19.30 Uhr

Dr. Bernd-Wilhelm Linnemeier, Münster
- Träger des Förderpreises -

Von Juwelenhändlern und Kälberjungen
Beobachtungen zur Binnenstruktur jüdischer Gemeinden und 
Gemeinschaften in Stadt und Land Minden in der Frühen 
Neuzeit

Mindener Museum, Ritterstraße, Minden

Lange Zeit wurden jüdische Gemeinden und Gemeinschaften 
der Frühneuzeit in weiten Teilen Nordwestdeutschlands 
als kaum gegliederte Gebilde am Rande oder gar außerhalb 
der christlich geprägten Mehrheitsgesellschaft 
wahrgenommen. Sie verfügten jedoch über eine 
differenzierte und vielfach spannungsgeladene 
Binnenstruktur, die mit Blick auf jüdisches Alltagsleben 
jener Zeit durchaus verhaltensbestimmend wirken konnte. 
Der Vortrag wird sich mit diesem Sachverhalt anhand 
jüngst erschlossener Quellen und unter besonderer 
Berücksichtigung der Region Minden (Stadt und Land) 
auseinandersetzen.


Dienstag, 23. November 2004, 19.30 Uhr

PD Dr. Thomas Großbölting, Münster

Im Reich des Fortschritts
Technischer und sozialer Wandel in den Industrie- und 
Gewerbeausstellungen des 19. Jahrhunderts

Robert-Nussbaum-Haus, Brüderstr. 16, Minden

Vor 100 bis 150 Jahren fand ein starker Wandel der 
Lebensverhältnisse statt. Wie ging die Gesellschaft des 
19. Jahrhunderts mit den ökonomischen und sozialen 
Umbrüchen um? Wie popularisierte man die Neuerungen, so 
dass sie breiten Teilen der Bevölkerung bekannt wurden? 
Wie verständigte man sich über Zielvisionen und die 
Richtung des Fortschritts? Leitmedium dieser 
Diskussionen waren Industrie- und Gewerbeausstellungen: 
In fast jeder deutschen Stadt - auch in Minden - fanden 
zwischen 1850 und Erstem Weltkrieg Expositionen statt, 
auf denen neue Techniken und Konsumprodukte gezeigt 
wurden. Aufwändige Bauten und Vergnügungsareale machten 
diese Veranstaltungen, deren größte von mehreren 
Millionen Menschen besucht wurden, vergleichbar mit 
heutigen Industriemessen und Freizeitparks. Reich 
bebildert soll den Inszenierungen und den Wirkungen der 
Ausstellungen nachgegangen werden, um so die kulturelle 
Seite der Industrialisierung zu beleuchten - und 
vielleicht auch Anstoß zu geben, über den heutigen 
Umgang mit Innovation und Wandel nachzudenken.


Dienstag, 18. Januar 2005, 19.30 Uhr

PD Dr. Andreas Müller, Pfr. z.A., Minden

Die "Deutschen Christen" in Minden zur Zeit des 
"Kirchenkampfes"

Petrikirche, Ritterstr., Minden

Die "Deutschen Christen" bildeten in den Jahren 1933-
1945 eine kleine, aber sehr aktive Gruppe in Minden. 
Führende Mindener Persönlichkeiten dieses 
gleichgeschalteten Flügels des evangelischen 
Christentums werden vorgestellt. Ferner werden einzelne 
Aktionen und Konfliktpunkte, die von den "Deutschen 
Christen" verantwortet wurden, beispielhaft 
nachgezeichnet. Sozial-, kultur- und 
theologiegeschichtliche Analysen sollen dazu beitragen, 
die Motive und Absichten der Mindener Gruppierung zu 
verstehen.


Dienstag, 15. Februar 2005, 19.30 Uhr

Dr. Ira Spieker, Göttingen

Ein Dorf und sein Laden
Das Beispiel Atteln bei Paderborn

Heimathaus Rehme (mit Dorfladen-Museum, das geöffnet 
sein wird)
Auf dem Köppen 24, Bad Oeynhausen

Dorfläden spielten bis weit ins 20. Jahrhundert hinein 
eine zentrale Rolle in der ländlichen Gesellschaft. Sie 
waren Einkaufsstätte, Kreditinstitut, 
Dienstleistungsunternehmen und Kommunikationszentrum des 
Ortes.Das Westfälische Freilichtmuseum Detmold konnte 
einen Dorfladen aus Atteln bei Paderborn übernehmen. 
Einrichtung, original verpackte Waren und ein großer 
Teil der Geschäftsüberlieferung sind erhalten. 
Anschreibebücher zeigen das reichhaltige Warenangebot 
eines Ladens um 1900 und widerlegen den Mythos der 
ländlichen Selbstversorgung. Abzulesen ist, welchen 
kleinen Luxus sich ein Tagelöhnerhaushalt bisweilen 
leistete, und wofür die wohlhabende Bauernfamilie ihr 
Geld ausgab. Auch gegenseitige Verpflichtungen durch 
Verschuldung, Dienstleistungen und Arbeitsverhältnisse 
werden deutlich: Wurde ein Einkauf bezahlt, abgearbeitet 
oder gaben die Kunden gar ein Schwein in Rechnung?


Dienstag, 8. März 2005, 19.30 Uhr

Stefanie Geißler M.A., Bielefeld

"Arbeits-Paare"
Unternehmenskultur in der Glashütte Gernheim im Netzwerk 
von Arbeit und Familie

Fabrikantenhaus der Glashütte Gernheim, Petershagen-
Ovenstädt

Die Arbeit der Glashütte Gernheim als Standort 
frühindustrieller Glasfabrikation war eingebunden in ein 
dichtes Netzwerk ökonomischer und verwandtschaftlicher 
Beziehungen der Gründerfamilie Schrader. Sowohl der 
Firmengründer Fritz Schrader als auch sein Nachfolger 
Wilhelm Schrader verfügten nicht nur über vielfältige 
Erfahrungen im Bremer Überseehandel, sondern beide 
konnten für den Betrieb der Glashütte Gernheim auch auf 
das soziale Kapital verwandtschaftlicher und 
freundschaftlicher Verbindungen ihrer Ehefrauen, die aus 
alteingesessenen Bremer Kaufmannsfamilien stammten, 
zurückgreifen. Die Arbeit der Unternehmerfrauen ist über 
die Haushalts- und Reproduktionsarbeit hinaus 
konstituierendes Element der Unternehmensführung: Sie 
trug in entscheidendem Maß zu Aufbau, Pflege und Erhalt 
der Netzwerke bei.


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