[WestG] [AKT] Vortraege: Hagener Ziegelindustrie / Propaganda und Buergersinn 1WK

Marcus Weidner Marcus.Weidner at lwl.org
Mon Mar 15 13:20:24 CET 2004


Von: "Historisches Centrum Hagen", <info at historisches-centrum.de> 
Datum: 15.03.2004, 12:12


AKTUELL

Das Historische Centrum Hagen bietet am 19. und 24. März 2004 zwei
interessante Vorträge an. Einzelheiten über das Veranstaltungsprogramm
"Hagener Vorträge und Diskussionen" finden Sie unter:
http://www.historisches-centrum.de/veranstaltungen/ 

Näheres zu den beiden Vorträgen entnehmen Sie bitte der nachfolgenden
Beschreibung. Die Vorträge finden jeweils um 19 Uhr im Vortragssaal der
Historischen Centrums, Eilper Strasse 71 - 75, 58091 Hagen (
www.historisches-centrum.de ) statt. Der Eintritt ist frei.

1) 19. März 2004, 19.00 Uhr

Ziegel für Hagen:
Die Hagener Ziegelindustrie im 19. und 20. Jahrhundert

Dr. Andreas Immenkamp, Westfälisches Industriemuseum

Unübersehbar war die Ziegelindustrie Voraussetzung für unsere gebaute
Umwelt. Der Ziegelstein war im 19. und 20. Jahrhundert der dominierende
Baustoff.

Das rasante Anwachsen der Städte und der Ausbau der Infrastruktur in
Verbindung mit dem Aufbau der Industrieanlagen wäre ohne das Massenprodukt
Ziegel nicht denkbar gewesen. Ziegeleien wuchsen in unserer damals
prosperierenden Stadt wie Pilze aus dem Boden und garantierten einer
Vielzahl von Beschäftigten Arbeit und ein sicheres Einkommen.

Wer sich heute in Hagen auf die Suche nach einer Ziegelei mit Ringofen und
dem typischen hohem Schornstein macht, wird keine mehr finden. Spätestens in
der zweiten Hälfte der 1980er Jahre sind die letzten Zeugen einer
untergehenden Industrie aus unserem Stadtbild verschwunden. Nur noch einige
Straßenbezeichnungen wie Ziegelstraße oder Zieglerstraße, sowie vereinzelte
Altaufschlüsse ehemaliger Lehmgruben erinnern an die Existenz dieses
Industriezweiges.

Im Vortrag wird an die Bedeutung der Ziegelindustrie für die Stadt Hagen
erinnert. Dabei geht der Referent auf den Wandel der Produktionsformen, vom
vorindustriellen Handstrichbetrieb zum industriellen Großbetrieb, ebenso
eingehen, wie auf die Arbeits- und Lebensbedingungen der Ziegeleiarbeiter
auf den Betrieben.

Dr. phil. Andreas Immenkamp
Ethnologe, Studium des Städtebaues in Münster und nach Abschluss des
Studiums an der Westfälischen Wilhelms Universität in Münster europäische
Ethnologie, Kunstgeschichte und Soziologie. Wissenschaftlicher Referent am
Westfälischen Industriemuseum in Dortmund und zuständig für den Aufbau und
das wissenschaftliche Konzept des Museumsstandortes der Ziegelei Lage. Das
Westfälische Industriemuseum Ziegelei Lage in Lage/Lippe gelegen wurde als
sechster von insgesamt acht Museumsstandorten des Westf. Industriemuseums im
Mai 2001 eröffnet.

2) 24. März 2004, 19.00 Uhr

"Hammer sei Deutschland, Amboss der Feind":
Propaganda und Bürgersinn im Ersten Weltkrieg

Dr. Stefan Goebel, Institute of Historical Research, London

Inzwischen sind sie längst vergessen, obwohl sie doch ausdrücklich "zum
ewigen Gedächtnis später Geschlechter" bestimmt waren: die so genannten
Kriegswahrzeichen zum Benageln aus der Zeit des Ersten Weltkrieges. Nur noch
wenige Exemplare sind heute erhalten (wie etwa der "Eiserne Schmied" im
Eingangsbreich des Historischen Centrums Hagen) - dabei war das Nageln von
Kriegswahrzeichen ein Massenphänomen in Deutschland und Österreich-Ungarn.
In hölzerne Tafeln oder Skulpturen schlugen die Daheimgebliebenen gegen ein
Entgelt "eiserne Nagel" (gegen einen Aufpreis auch in Silber oder Gold) ein.

Die 'Nagelungsmanie' ergriff auch das Ruhrgebiet. In Bochum, Essen und Hagen
wurden eiserne "Schmiede" und in Recklinghausen eine "Bergmannsschule"
genagelt, d.h. 'eisern' gemacht; Gelsenkirchen und Schwerte schufen eiserne
"Schwerter"; Mülheim errichtete einen "Jung-Siegfried in Eisen", in Haspe
bei Hagen entstand eine "Eiserne Pforte". Das Nageln war ein kreativer Akt,
bei dem ein deftiger Nagelspruch aufzusagen war; "Hammer sei Deutschland,
Amboss der Feind" tönte man in Hagen. Das Nageln im Krieg diente dem
Eintreiben von Spenden, denn für das Privileg des Hämmerns war ein Beitrag
an die Kriegswohlfahrt zu entrichten. Der Nagelungsakt sollte die
Solidarität von Heimat und Front bzw. die Verbundenheit der Zivilbevölkerung
mit ihren Soldaten und deren Hinterbliebenen demonstrieren.

Anhand Kriegswahrzeichen aus dem Ruhrgebiet beleuchtet der Vortrag die
Dynamik der Eigenmobilisierung der Bevölkerung und räumt auf mit gängigen
Vorstellungen von Kriegspropaganda als Verführung und Manipulation
unschuldiger Bürger. Nachgezeichnet wird vielmehr der Zusammenhang von
Bürgerstolz und Propaganda "von unten".

Dr. phil. Stefan Goebel, M.Phil., Ph.D. (Cantab.)
Historiker, Studium der Geschichte und Sozialwissenschaften in Münster,
Durham und Cambridge. 2001/02 Promotion in Cambridge mit einer Arbeit über
den Ersten Weltkrieg in der deutschen und britischen Erinnerungskultur
(Verffentlichung i.V. unter dem Titel "The Great War and Medieval Memory.
War and Remembrance in Britain and Germany"). Seit 2002 Leverhulme Fellow am
Centre for Metropolitan History des Institute of Historical Research in
London sowie seit 2001 Fellow des Churchill College, University of
Cambridge. Arbeitet derzeit an einer vergleichenden Kulturgeschichte des
Bombenkrieges und - gemeinsam mit Jay Winter u.a. - am zweiten Band von
"Capital Cities at War: Paris, London, Berlin 1914-1919". Jüngste
Publikationen in Auswahl: "Kohle und Schwert". Zur Konstruktion der
Heimatfront in Kriegswahrzeichen des Ruhrgebietes im Ersten Weltkrieg, in:
Westfälische Forschungen 51 (2001); 'Intersecting Memories. War and
Remembrance in Twentieth-Century Europe', in: Historical Journal 44 (2001);
Re-membered and Re-mobilized. The "Sleeping Dead" in Interwar Germany and
Britain, in: Journal of Contemporary History 39 (2004).


INFO

Historisches Centrum Hagen
Eilper Strasse 71 - 75
D-58091 Hagen
Tel  0 23 31 207 27 40
Fax 0 23 31 207 24 47
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