[WestG] [AUS] "Schaetze der Arbeit" im Westf. Industriemuseum, ab 27. Juni 2004

Alexander Schmidt Alexander.Schmidt at lwl.org
Don Jun 17 13:10:09 CEST 2004


Von: "LWL-Pressestelle", <presse at lwl.org>
Datum: 17.06.04, 12:09


AUSSTELLUNG

Westfälisches Industriemuseum präsentiert "Schätze der Arbeit"

Ausstellung zum 25-jährigen Jubiläum auf der Zeche Zollern II/IV

Schätze im gemeinen Sinne sind sie nicht: die Arbeitsschuhe des
Hüttenarbeiters Hans-Peter Freise oder das Gartentor aus einer 
Bochumer Bergarbeitersiedlung. Für die Kulturgeschichte des 
Industriezeitalters sind viele Stücke aus der Sammlung des
Westfälischen Industriemuseums aber von unschätzbarem Wert.

250.000 Objekte hat das Museum des Landschaftsverbandes 
Westfalen-Lippe (LWL) in den 25 Jahren seines Bestehens 
gesammelt. Die meisten schlummern in den Depots. Zum 
Silberjubiläum packt das Museum aus und setzt auf der Zeche 
Zollern II/IV in Dortmund über 500 ausgewählte "Schätze der 
Arbeit" in Szene (20. Juni bis 12. September 2004). Die Schau im
historischen Werkstattgebäude des Bergwerks zeigt aussagekräftige 
Exponate aus den sechs Branchen, die das dezentrale Museum 
repräsentiert.

Eine Bessemerbirne und eine Schiffsdampfmaschine gehören dazu, 
Vorratsgläser, hölzerne Arbeitsschuhe, Glasmacherpfeifen, 
Ölgemälde, Postkarten, ein Ein-Mann-Bunker, Dokumente aus 
Zwangsarbeiterlagern. Aber auch: ein Schokoladenautomat, 
Wäscheklammern, Stoffwindeln, eine türkische Gebetskette ... 
Das älteste Stück ist ein 4,5 Milliarden Jahre alter Meteorit aus 
fast reinem Eisen; die Motorhaube eines in Bochum produzierten 
Opels steht als jüngstes Exponat für den Strukturwandel im Revier.

"In ihrer Vielfalt bildet unsere Sammlung einen unschätzbaren Fundus, 
der Arbeit und Alltag im Zeitalter der Industrialisierung anschaulich 
macht", erklärte Helmut Bönnighausen, Direktor des Westfälischen 
Industriemuseums, heute (17.6.) in Dortmund. Er erinnerte auch an
die Anfänge des Industriemuseums, dessen Gründung das LWL-
Parlament am 21. September 1979 in Münster beschloss. "Es war 
damals eine große Herausforderung und ein völlig neuer Ansatz, 
ehemalige Industrieanlagen nicht abzureißen, sondern zu erhalten 
und museal zu nutzen", so Bönnighausen. 

In jeglicher Hinsicht musste Pionierarbeit geleistet werden. Der 
Museumsdirektor: "Auf Zollern wuchs damals ein Birkenwald, aus
dem die Maschinenhalle herausragte. Andere Denkmäler wie das 
Schiffshebewerk waren zu Ruinen verfallen." Fotos und Texte auf 
der Galerie der alten Werkstatt stellen die acht Museumsstandorte 
mit ihrer Geschichte und die weiteren Pläne des Westfälischen
Industriemuseums vor. Zur Jubiläumsausstellung "Schätze der 
Arbeit" bietet das Museum ein umfangreiches Begleitprogramm mit
Vorführungen des Webstuhls und der Schiffsdampfmaschine, 
Glasschleifen, Schaugießen, einem Filmabend und Themenführungen an. 

Kinder bedrucken an Aktionstagen Stoff oder gestalten eine Stadt
mit Lehm. Junge Besucher können sich außerdem in der Ausstellung 
auf Schatzsuche begeben. Beim Knacken des Codes helfen eine 
Schatzkarte und die Kinderfiguren aus den acht Standorten des 
Westfälischen Industriemuseums. Dem erfolgreichen Schatzsucher 
gibt ein Tresor am Ausgang eine leuchtende Belohnung preis. Die
acht Abteilungen der Ausstellung: 

1) Schätze aus der Vorzeit - Kohle und Eisen Versteinerungen aus 
dem Karbon erinnern an die Entstehung der Steinkohle vor 350
Millionen Jahren. Sie geben einen Eindruck von den Pflanzen der 
Vorzeit, die als fossiler Brennstoff die Grundlage der Industrialisierung 
gebildet haben. Ein Meteorit aus fast reinem Eisen ist mit einem Alter
von 4,5 Milliarden Jahren das älteste Objekt des Westfälischen 
Industriemuseums.

2) Mit Kopf und Hand - Die lange Dauer der Handarbeit Handarbeit 
prägte die vorindustrielle Epoche, ist aber auch heute noch in manchen 
Produktionsbereichen unverzichtbar. Typische Werkzeuge und Geräte 
zeigen das Spektrum der Handarbeit in den Branchen des 
Industriemuseums: hölzerne Streichrahmen für Ziegel, lange 
Prokelstangen vom Abstich des Hochofens, Glasmacherpfeifen, ein
Spinn- und ein Spulrad zur Garnherstellung, Schlägel und Keilhaue,
die unter Tage im Einsatz waren. 

3) Kraft aus Wasser und Feuer - Das Zeitalter der Dampfmaschine
Im zweiten Raumbereich steht die Dampfmaschine als entscheidender 
Motor der Industrialisierung auch optisch im Zentrum. Das Westfälische
Industriemuseum vereint in seiner Sammlung über 40 Dampfmaschinen
und zahlreiche kleinere dampfbetriebene Aggregate wie Pumpen oder 
Haspeln. Die Schiffsdampfmaschine des 1884 vom Stapel gelaufenen
französischen Ausflugsdampfers Express ist die älteste Dampfmaschine 
im Bestand. 

4) Stechuhr und Maschinentakt - Massenproduktion im Industriezeitalter
Neben der Dampfmaschine gilt die Uhr als wichtigste "Maschine" des 
Industriezeitalters. In der Frühzeit der Industrialisierung prägte die 
meisten Menschen noch der natürliche Rhythmus von Tag und Nacht. 
Das aufkommende Fabrikwesen erforderte Pünktlichkeit und strenge
Arbeitsdisziplin. Der Rhythmus der Maschinen gab den Takt vor und 
zwang ihn den Beschäftigten auf - ohne Rücksicht auf soziale Bedürfnisse.
Großexponate wie ein Webstuhl, eine Ziegelpresse, eine Bessemerbirne 
und eine Flaschenblasmaschine stehen für das Zeitalter der 
Massenproduktion. Als Allegorien der Industrie symbolisieren Statuetten
aus Zinkguss den Fortschrittsoptimismus der Gründerzeit.

 5) Mehr als Feuer und Rauch - Industrie im Bild Die enorme Dynamik 
und fortwährenden Veränderungen, die die Lebens- und Arbeitsverhältnisse
der Menschen in den Industrieregionen prägten, spiegeln sich in
zahlreichen Kunstwerken wider. Industriebilder bilden deshalb einen
Sammlungsschwerpunkt im Westfälischen Industriemuseum. Sie 
erzählen Geschichten von Industriellen, Arbeitern und Künstlern, 
dokumentieren örtliche Begebenheiten oder Arbeitsvorgänge verschiedener 
Industriebranchen in den europäischen Industrieregionen - und verbildlichen 
das bis heute zwiespältige Verhältnis von Mensch und Technik. 

6) Fabrikarbeit, Knochenarbeit, Kriegsarbeit - Mensch und Arbeit . Mit 
einer Fülle an Objekten loten die Inszenierungen im dritten Ausstellungsraum 
das Spannungsfeld von *Mensch und Arbeit" aus. Pastelle und Plastiken
zeigen Industriearbeiter als geschundene Menschen, aber auch als "Helden
der Arbeit". Schutzkleidung, Warnschilder und Plakate thematisieren
Arbeitsgefahren und -sicherheit. In der Abteilung Kriegsarbeit steht ein 
Ein-Mann-Bunker neben Dokumenten von Hattinger Zwangsarbeitern. 

"Menschen in Bewegung" thematisiert die millionenfache Zuwanderung
von Personen unterschiedlicher Nationalität ins Ruhrrevier. Eine Zitaten-
Collage aus lebensgeschichtlichen Erinnerungen spiegelt die Erfahrungen
und Erlebnisse aus dem Arbeitsalltag wider. "Das bisschen Haushalt" lenkt 
den Blick auf die Arbeit von Frauen, die mit ihrer unbezahlten Hausarbeit 
den bescheidenen Lebensstandard der Arbeiterfamilie in beachtlichem 
Ausmaß stützten. Mai-Postkarten erinnern an den Kampf der neuen
Arbeiterklasse für eine Verbesserung ihrer Arbeits- und Lebensbedingungen.

7) Nach der Arbeit - Feierabend und Konsum Mit dem explosionsartigen 
Wachstum des Ruhrgebiets stieg um 1900 auch der Bedarf an Zerstreuung
und Konsum in der arbeitsfreien Zeit an. Neuartige Warenautomaten in 
Kaufhäusern kombinierten die Lust des Kaufens mit der Faszination der 
technischen Funktion. Anfang des 20. Jahrhunderts zielten Vergnügungsparks, 
Tanzlokale, Varietés und Lichtspielhäuser auf Massenunterhaltung.
Ein Charleston-Kleid steht hier für bürgerliches Vergnügen. 

Erst in den Wirtschaftswunderjahren drang der Luxus - symbolisiert durch 
den Fernseh-Schrank "Kurfürst F 271" und das Moped Marke "NSU Quickly" - 
auch ins kleinbürgerliche und Arbeiter-Milieu vor. An das proletarische 
Vereinsleben erinnern Urkunden aus Turn-, Gesang- und Taubenzuchtvereinen.

8) Aufbruch statt Abbruch? - Von der Krise zum Wandel Ende der 1950er 
Jahre zeichneten sich in vielen Industriezweigen erste Strukturkrisen ab.
Eine Welle von Zechenschließungen erschütterte den Ruhrbergbau. Mitte 
der 1970er Jahre setzte die Stahlkrise ein und führte zu ersten Entlassungen.
Tausende gingen auf die Straße. Ein Transparent und ein T-Shirt erinnern 
an den Widerstand gegen die Stilllegung der Hattinger Henrichshütte im 
Jahr 1987. Politik und Wirtschaft versuchten den wirtschaftlichen und
sozialen Problemen mit verschiedenen Initiativen zu begegnen. 

1962 konnte mit dem Opel-Werk in Bochum die Automobilindustrie als 
neue Branche angesiedelt werden; 1965 öffnete die Ruhr-Universität
 als erste Hochschule im Revier ihre Tore. Die Motorhaube eines Opels
und ein 20 Jahre alter Computer der Universitätsbibliothek symbolisieren
den Wandel.

Begleitprogramm Schatzsuche Offenes Angebot für Familien: Mit einer 
Schatzkarte begeben sich Eltern und Kinder auf eine spannende Reise 
durch die Zeit der Industrialisierung. Wird der "Code" geknackt, wartet 
am Ende eine kleine Überraschung auf die Entdecker. 


INFO

Jubiläumsband mit Katalogteil: 15 € 

Kosten:
Museumseintritt plus 0,50 € 
Öffentliche Führungen 27. Juni, 24. und 31. Juli; 7., 8., 14., 21., 
22. und 28. August, 5. September, je 15 Uhr. 

Sa, 3. Juli, 11-17 Uhr Webstuhlvorführung, 
mit Arno Sendner vom Textilmuseum Bocholt 

So, 4. Juli, 15 Uhr Themenführung *Bergbautechnik" durch die 
Ausstellung und die Zeche Zollern, mit Martin Lochert 

So, 11. Juli, 10-18 Uhr Vorführung: Glasgravur und Glasschleiferei, mit Heikko
Schulze Höing vom Westfälischen Industriemuseum Glashütte Gernheim 

Sa, 17. Juli, 11-17 Uhr *Rot, Grün, Blau - wie bunte Stoffe entstehen" 
Webstuhlvorführung und Farbexperimente, mit Arno Sendner und Manfred 
Tangerding vom Textilmuseum Bocholt

Sa u. So, 24. u. 25. Juli,ab 15 Uhr Offenes Ferienprogramm: *Wir bauen
eine Stadt aus Lehm". Ein Angebot vom Westfälischen Industriemuseum 
Ziegelei Lage 

So, 25. Juli, 15 Uhr Themenführung *Ziegel & Glas" durch die Ausstellung 
und die Zeche Zollern II/IV, mit Dr. Thomas Parent 

Mi, 28. Juli, 11-16 Uhr Offenes Ferienprogramm: *Kreatives Bedrucken 
von Stoff". Ein Angebot des Textilmuseums Bocholt für Kinder von 6 bis 
12 Jahren, mit Elfriede Heitkamp. Kosten 2 € für Material plus Eintritt 

So, 1. August, 15 Uhr Themenführung *Das bisschen Haushalt", mit Olge
Dommer 

Mi, 4. August, 11-16 Uhr Offenes Ferienprogramm: *Kreatives Bedrucken 
von Stoff". Ein Angebot des Textilmuseums Bocholt für Kinder von 6 bis 
12 Jahren, mit Angela Huster. Kosten 2 € für Material plus Eintritt 

Sa u. So, 7. u. 8. August, 15 -18 Uhr Vorführung der Schiffsdampfmaschine
von 1884 in der Ausstellung, mit Willem Leeraar 

So, 15. August, 15 Uhr Themenführung *Stahl" durch die Ausstellung und 
die Zeche Zollern II/IV, mit Anja Kuhn und Dr. Thomas Parent 

So, 29. August, 14-18 Uhr Vorführung: Die Schaugießerei des Fördervereins
Industriemuseum Henrichshütte demonstriert das Gießen von Zinn und Blei 
in Formen

Fr, 3. September, 19.30 Uhr Filmabend: Historische Filme der Branchen Bergbau,
Eisenhüttenwesen, Binnenschifffahrt, mit thematischer Einführung durch Anja Kuhn,
Herbert Niewerth und Dietmar Osses 

Sa, 4. September, 11-17 Uhr *Rot, Grün, Blau - wie bunte Stoffe entstehen", 
Webstuhlvorführung und Farbexperimente in der Ausstellung, mit Arno Sendner 
und Manfred Tangerding vom Textilmuseum Bocholt 

So, 12. September Jubiläumsfest:
25 Jahre Westfälisches Industriemuseum. Ganztägig Aktionen zum Mitmachen, 
Vorführungen, Begegnungen mit Zeitzeugen aus dem Bergbau, Musik, 
Kindertheater, Lokfahren, stündlichen Führungen und *Geierabend-Sondershow". 

Zugleich Tag des Offenen Denkmals: Thema: *Eine Etage tiefer" - Bodendenkmäler. 
Dazu Führungen zu Aschegang, Fuchs und Übungsstollen mit max. 12 Pers. mit 
Helm und Kopflampe.

Schätze der Arbeit. 25 Jahre Westfälisches Industriemuseum
20. Juni bis 12. September 2004 

Zeche Zollern II/IV 
Grubenweg 5
44388 Dortmund 
Telefon: 0231 6961-111
Telefax: 0231 6961-114
geöffnet: Di-So 10-18 Uhr
E-Mail: Zeche-Zollern at lwl.org

Glashütte Gernheim
Gernheim 12
32469 Petershagen-Ovenstädt
Telefon: 05707 9311-0
Telefax: 05707 9311-11
geöffnet: Di-So 10 bis 18 Uhr
E-Mail: glashuette-gernheim at lwl.org

Textilmuseum Bocholt
Uhlandstraße 50
46397 Bocholt
Telefon: 02871 21611-0
Telefax: 02871 21611-33
geöffnet: Di-So 10 bis 18 Uhr
E-Mail: textilmuseum at lwl.org

Ziegelei Lage
Sprikernheide 77
32791 Lage
Telefon: 05232 9490-0
Telefax: 05232 9490-38
geöffnet: Di-So 10 bis 18 Uhr
E-Mail: ziegelei-lage at lwl.org

Henrichshütte Hattingen
Werksstraße 25
45527 Hattingen
Telefon: 02324 9247-0
Telefax: 02324 9247-12
geöffnet: Di-So 10 bis 18 Uhr, Fr - 21.30 Uhr
E-Mail: birgit.schulz at lwl.org

Altes Schiffshebewerk Henrichenburg
Am Hebewerk 2
45731 Waltrop
Tel.: 02363 9707-0
Fax: 02363 9707-12
geöffnet: Di-So 10 bis 18 Uhr, 
E-Mail: Schiffshebewerk at lwl.org

Zeche Nachtigall
Nachtigallstraße 35
58452 Witten-Bommern
Telefon: 02302 936640
Telefax: 02302 93664-22
E-Mail: Zeche-Nachtigall at lwl.org

Zeche Hannover
Günnigfelder Straße 251
44793 Bochum
Telefon: 0231 6961-233
Telefax: 0231 6961-238
Geöffnet von Mai bis Oktober
samstags 14 bis 18 Uhr und 
sonntags 11 bis 18 Uhr.
E-Mail: zeche-hannover at lwl.org