[WestG] [LIT] Kneppe, Wehranlage, Grenze und Holzlieferant: Staedtische Landwehren

Alexander Schmidt Alexander.Schmidt at lwl.org
Don Jul 15 08:34:54 CEST 2004


Von: "LWL-Pressestelle", <presse at lwl.org>
Datum: 14.07.04, 12:56 


LITERATUR

Wehranlage, Grenze und Holzlieferant: LWL-Buch über städtische 
Landwehren im östlichen Münsterland

In Westfalen sind viele Teilstücke alter Landwehren erhalten
geblieben, sie werden aber selten erkannt. Um zu verhindern, 
dass diese bedeutenden Bodendenkmäler zerstört werden, 
erfassen die Bodendenkmalpfleger des Landschaftsverbandes 
Westfalen-Lippe (LWL) seit 1980 diese Anlagen systematisch und
erforschen ihre Funktion und Bedeutung. Die Ergebnisse dieser
Arbeit hat Dr. Cornelia Kneppe, die maßgeblich an der
Inventarisierung beteiligt war, in dem Buch 'Die Stadtwehren des
östlichen Münsterlandes' vorgelegt, das die LWL-Altertumskommssion 
für Westfalen am Mittwoch (14.07.) in Telgte präsentiert hat.

'Landwehren sind mit undurchdringlichem Gebüsch bestandene
Wall-Grabensysteme, die in Westfalen seit dem frühen 14. Jahrhundert
um Städte, Kirchspiele und Ämter angelegt wurden. Durchlass 
gewährten alleine die so genannten Schlagbäume, die mit heutigen 
Schranken zu vergleichen sind. Landwehren dienten vor allem dem 
Schutz des Umlandes vor räuberischen Übergriffen, bekamen jedoch
schnell die zusätzliche Funktion von Rechts- und Besitzgrenzen. 
Diese sind oft noch in den heutigen Kreis- und Gemeindegrenzen 
wieder zu erkennen', erklärt Kneppe. 

Außerdem waren die Landwehren wichtige Holzlieferanten:
'Das Gebüsch musste regelmäßig zurückgeschnitten werden, um
als Wehranlage zu funktionieren. Denn hätte man es wild wachsen
lassen, wäre es zu hoch geworden und es hätten sich Schlupfwinkel 
gebildet. Das anfallende Holz benutzte die Stadt häufig für 
Ausbesserungen von Wegen', so die LWL-Archäologin weiter. 
Kneppe geht in ihrer Arbeit interdisziplinär vor, indem sie anhand
verschiedener archäologischer und historischer Puzzlestücke eine 
Rekonstruktion des ursprünglichen Verlaufs von Landwehren wagt. 
Dabei beschäftigt sie sich beispielhaft mit den Landwehren der Städte
Ahlen, Beckum, Telgte und Warendorf (alle Kreis Warendorf). 

Mit vielen Bildern und ausführlichem Kartenmaterial zeichnet das Buch
den Verlauf der Landwehren nach. Dabei beschäftigt sich Kneppe auch 
mit einer westfälischen Eigenart, die offenbar einzigartig ist: 'Im Laufe 
der Zeit bezogen die Städte weiteres Land mit in ihr Gebiet ein, das sie 
gekauft oder geerbt hatten. Diese Neuerwerbungen sollten natürlich
ebenso geschützt sein wie der Rest der so genannten Stadtfeldmark. 
Zudem sollte deutlich ersichtlich sein, dass dieses Land zur Stadt gehört,
also wurde die Anlage um das entsprechende Stück zurückversetzt.
Dementsprechend lassen sich zumindest um Ahlen und Beckum jeweils 
zwei mehr oder weniger vollständige Landwehrringe erkennen', so Kneppe. 

Für das ungeübte Auge sind Landwehren heute am häufigsten anhand 
von Straßen- und Flurnamen wie beispielsweise der 'Stadthagen' in 
Warendorf - eine hier gebräuchliche Bezeichnung für eine städtische 
Landwehr - oder 'An der Landwehr' südlich von Beckum zu erkennen.
'Von dem hier gelegenen Wanderparkplatz aus lohnt sich ein Ausflug 
entlang der erhaltenen Landwehrreste bis zur Soestwarte. Dieser
steinerne Wehrturm hat früher den Durchgang der Straße nach Soest 
durch die Stadtlandwehr bewacht und bietet dem heutigen Besucher
eine einladende Gastronomie', hat Kneppe einen Tipp für diejenigen, 
die die Landwehrreste erkunden möchten. 


INFO

Cornelia Kneppe: Die Stadtlandwehren des östlichen Münsterlandes.
Veröffentlichungen der Altertumskommission für Westfalen XIV. 
Münster 2004, 164 Seiten, 116 Abbildungen (weitgehend farbig), 
6 Kartenbeilagen ISBN 3-402-05039-0, 38 €