[WestG] [AUS] ULB Muenster: 300 Jahre 1001 Nacht in Europa, Muenster, ab 02.02.2004

Marcus Weidner Marcus.Weidner at lwl.org
Mon Feb 2 16:19:17 CET 2004


Von: "upm - Mediendienst der Universitaet Muenster", <pressestelle at uni-muenster.de> 
Datum: 02.02.2004, 14:10


AUSSTELLUNG

300 Jahre 1001 Nacht in Europa
Ausstellung in der Universitäts- und Landesbibliothek Münster

Die Erzählungen aus "1001 Nacht" begeistern seit Generationen
europäische Leser. Doch die bekannten Geschichten wie "Aladin und
die Wunderlampe" oder "Ali Baba und die vierzig Räuber" haben wenig
mit dem arabischen Vorbild gemeinsam. Vor dreihundert Jahren wurde der
Kanon von Antoine Galland unter dem Titel "Mille et une Nuit" zum
ersten Mal in eine europäische Sprache übersetzt. Aus diesem
Anlass zeigt die Universitäts- und Landesbibliothek Münster
zusammen mit dem Institut für Arabistik und Islamwissenschaft der
Universität Münster vom 2. bis 21. Februar im Lesesaal der ULB die
Ausstellung "300 Jahre 1001 Nacht in Europa". Konzipiert wurde sie von
Prof. Dr. Heinz Grotzfeld und Dr. Anke Osigus.

Durch Gallands "Mille et une Nuit" entdeckte Europa die Sammlung,
womit eine bis heute andauernde Rezeption eingeleitet wurde. Gallands
Werk ist jedoch nur zu einem Teil die "Übersetzung" einer
schriftlichen arabischen Vorlage. Mehr als ein Drittel der Geschichten
beruhen auf einer mündlichen Quelle. Sie wurden Galland von dem
Aleppiner Hanna Diâb erzählt. Europa bekam also von Anfang an eine
eigene Rezension von "1001 Nacht" vermittelt, die sich nur zu einem
Teil mit den in der arabischen Welt zirkulierenden Rezensionen deckte.

Im Europa des 18. Jahrhunderts wusste man, dass man nicht über
vollständige Handschriften verfügte und europäische Reisende und
Forscher suchten eifrig nach vollständigen Exemplaren. Diese
gelangten erst zwischen 1800 und 1810 aus Ägypten nach Europa. 1839
erschien eine englische Übersetzung, in der zwar auch
"anstößige" Stellen gestrichen oder geändert worden waren, sonst
aber neue Maßstäbe für die Wiedergabe eines arabischen Textes
setzte. 1885 folgte eine englischsprachige Übertragung, die nicht
nur die anstößigen Stellen wiedergibt, sondern auch deren
literarische Qualitäten akzeptabel umsetzt. Erst gegen Ende des 19.
Jahrhunderts erkannten einzelne Arabisten, dass "1001 Nacht" in der
arabischen Welt über Jahrhunderte hinweg stets in mehreren, mehr
oder weniger voneinander abweichenden Rezensionen verbreitet war. Beim
großen Publikum ist diese Erkenntnis bis heute nicht angekommen.
Denn auch die Bemühungen um den vollständigen oder richtigen Text
und die seit den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts immer
getreuer werdenden Übersetzungen in europäische Sprachen haben das
verbreitete Bild von "1001 Nacht" kaum tangiert. "1001 Nacht" bliebt
für die westliche Welt vor allem ein Kinderbuch. Die Verfilmung der
Stoffe, vor allem durch Walt Disney,  hat dieses Bild verstärkt.

Mit der Ausstellung wollen Prof. Dr. Heinz Grotzfeld und Dr. Anke
Osigus in erster Linie an die "Entdeckung" des Textes vor 300 Jahren
erinnern. Sie wollen aber auch aufklären über die durch Galland
selbst ausgelöste und zum Teil verwirrende Eigenentwicklung, die
"1001 Nacht" seither in Europa genommen hat. Gezeigt werden neben
Textpostern zur Geschichte des Textes  charakteristische Fotos und
Kopien von Handschriftenseiten sowie eine alte Originalhandschrift mit
Miniaturen, die verschiedenen orientalischen Druckausgaben und den
europäischen Druck, schließlich die verschiedenen Übersetzungen
und einige Beispiele für die Rezeption von "1001 Nacht" in Ost und
West.