[Rechtsfr.] BVerwG:Geschwisterkindergeld nicht anrechenbar
Alfred Oehlmann
Alfred.Oehlmann at lwl.org
Do Mai 12 17:46:05 CEST 2011
Werte Leserinnen und Leser,
Das BVerwG hat laut seiner Pressmitteilung heute
(12.05.2011)entschieden, dass bei der Berechnung des
jugendhilferechtlichen Kostenbeitrags das Kindergeld, das für die
Geschwister des untergebrachten Kindes gezahlt wird, nicht zum Einkommen
der Eltern zu zählen ist (Az 5 C 10.10).
Der Kläger lebt als allein verdienender Elternteil mit seiner zweiten
Ehefrau und zwei gemeinsamen Kindern (geboren 1995 und 1998) zusammen.
Für diese Kinder bezieht er Kindergeld. Sein 1989 geborener Sohn aus
erster Ehe, für den er kein Kindergeld erhält, wurde vom Jugendamt in
einer Pflegefamilie untergebracht. Hierfür zog der beklagte
Rems-Murr-Kreis den Kläger zur Zahlung eines Kostenbeitrags heran (ab
01.10.2006 in Höhe von monatlich 275 Euro). Dabei legte er das
Nettoeinkommen des Vaters von 1.800 Euro zugrunde und rechnete das
Kindergeld für die Geschwister hinzu. 2006 waren dies monatlich 308
Euro. Der Kläger wandte sich insbesondere gegen die Berücksichtigung des
Geschwisterkindergeldes.
Das VG Stuttgart ist dem gefolgt. Es hat der Klage stattgegeben und den
Kostenbeitragsbescheid aufgehoben. Der VGH Mannheim hat sich dieser
Begründung nicht angeschlossen, aber die Berufung des beklagten
Landkreises zurückgewiesen, weil ein Härtefall vorliege.
Das BVerwG hat die Entscheidungen der Vorinstanzen im Ergebnis
bestätigt.
Nach Auffassung des BVerwG ist die Heranziehung des Klägers zu einem
Kostenbeitrag schon deshalb rechtswidrig, weil der Beklagte das
Geschwisterkindergeld nicht zum Einkommen des Klägers rechnen darf. Nach
dem Jugendhilferecht zählten Einkünfte aus staatlichen Leistungen nicht
zum Einkommen, die einem "ausdrücklich genannten Zweck" dienten. Dies
treffe für das Kindergeld zu. Nach den gesetzlichen Regelungen,
namentlich im Einkommensteuergesetz, diene das Kindergeld in erster
Linie der Sicherung "des Existenzminimums eines Kindes einschließlich
der Bedarfe für Betreuung und Erziehung oder Ausbildung". Das Kindergeld
sei danach eine für das jeweilige Kind bestimmte Leistung. Mit diesem
Zweck sei es unvereinbar, wenn das für Geschwister gezahlte Kindergeld
zur Leistung eines Kostenbeitrags zu Jugendhilfemaßnahmen für ein
anderes Kind in Anspruch genommen werde. Dies würde zu einer indirekten
Kostenbeteiligung der Geschwister führen. Nur das für ein
untergebrachtes Kind selbst gezahlte Kindergeld müsse nach
ausdrücklicher gesetzlicher Regelung für die Jugendhilfekosten
eingesetzt werden.
Das Urteil liegt noch nicht in schriftlicher Form vor.
Vorinstanzen
VG Stuttgart, Urt. v. 08.11.2006 - 7 K 2229/06
VGH Mannheim, Urt. v. 16.12.2009 - 12 S 1550/07
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Alfred Oehlmann-Austermann
LWL-Landesjugendamt
Westfalen/Münster
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