[Rechtsfr.] Gesetzentwurf zum Schutz von (jugendlichen) Opfern und Zeugen im Strafverfahren

Alfred Oehlmann Alfred.Oehlmann at lwl.org
Sa Feb 21 16:10:20 CET 2009


Werte Leserinnen und Leser, 

der jetzt vom Bundeskabinett beschlossene Gesetzentwurf  dürfte auch
für Kinder und Jugendliche, die als Opfer und/oder Zeuge im
Strafverfahren aussagen,  sicher einige wichtige Verbesserungen bringen,
wenn der Bundestag ihn denn so beschließt. Sie werden unterrichtet. 

Der Einfachheit halber füge ich die Pressemeldung des BMJ bei. Der
Gesetzentwurf, der nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, soll
noch vor der Sommerpause verabschiedet werden. 

Freundliche Grüße 
Ihr 
Alfred Oehlmann-Austermann
LWL-Landesjugendamt 
Westfalen/Münster 



>>> BMJ Newsletter <presse at bmj.bund.de> 18.02.2009 15:15 >>>

Berlin, 18. Februar 2009

Bundesregierung beschließt Gesetzentwurf zum Schutz von Opfer und
Zeugen im Strafverfahren


Auf Vorschlag von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries hat das
Bundeskabinett heute den Entwurf eines 2. Opferrechtsreformgesetzes
beschlossen. Der Vorschlag schließt inhaltlich an frühere
Gesetzesänderungen an und verfolgt das Ziel, Opfer und Zeugen von
Straftaten noch besser zu schützen und ihre Rechte im Strafverfahren zu
erweitern.

 
"Mit der Reform werden wir Verletzte und Zeugen noch besser vor
unnötigen Belastungen im Strafverfahren schützen und ihre Rechte
stärken. Das Strafverfahren darf nicht zu einer erneuten
Traumatisierung der Opfer führen, sondern es soll zu einer möglichst
schonenden Aufarbeitung des Erlebten beitragen. Vor allem für Kinder und
Jugendliche und für Opfer schwerer Straftaten trägt der Staat eine
besondere Verantwortung. Künftig werden auch 16- und 17-jährige von
speziellen jugendschützenden Vorschriften
profitieren. Wir erweitern gleichzeitig die Möglichkeit für Verletzte
von Straftaten, sich dem Verfahren als Nebenkläger anzuschließen und
einen Anwalt auf Staatskosten beigeordnet zu bekommen. Daneben stellen
wir sicher, dass Opfer und Zeugen schon bei der Anzeigeerstattung von
Polizei und Staatsanwaltschaft umfassend über ihre Rechte aufgeklärt und
auf spezielle Hilfsangebote von Opferhilfeeinrichtungen hingewiesen
werden", erläuterte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries.

 
Der Entwurf knüpft an Verbesserungen für Opfer im Strafverfahren an,
die vor allem durch das Opferrechtsreformgesetz vom 1. September 2004
erreicht wurden. Danach müssen beispielsweise mehrfache Vernehmungen,
die für das Opfer häufig sehr belastend sind, möglichst vermieden
werden. Aber auch der Kreis der Opfer, die zur Nebenklage berechtigt
sind, wurde durch das Opferrechtsreformgesetz sowie durch weitere
Gesetze immer wieder erweitert. Der heute vorgestellte Gesetzentwurf
sieht weitere Verbesserungen in
drei zentralen Bereichen vor.

 
Im Einzelnen

 
Verbesserungen zum Schutz von Verletzten im Strafverfahren

  Im Bereich der Nebenklage und des Opferanwalts orientiert sich der
Entwurf durchgängig daran, den besonders schutzbedürftigen Opfern
besondere Rechte einzuräumen, um deren Belastungen durch das
Strafverfahren abzumildern. Dabei werden Vorschläge des Bundesrates und
insbesondere zahlreiche Anregungen von Opferschutzverbänden in ein
stimmiges Gesamtkonzept gebündelt. Der Schwere des Delikts und den
Folgen wird künftig ein stärkeres Gewicht beigemessen. Im neuen § 395
StPO sollen nun beispielsweise auch
Opfern von Zwangsheirat oder sexueller Nötigung die Möglichkeit
eingeräumt werden, sich dem Verfahren als Nebenkläger anzuschließen.
Auch Opfer von Raub, Erpressung oder anderen Delikten gegen
höchstpersönliche Rechtsgüter sollen in Zukunft nebenklagebefugt
sein, wenn sie von schweren Tatfolgen betroffen sind. Daneben wird im
neuen § 397a StPO der Kreis derjenigen erweitert, die - unabhängig von
ihren wirtschaftlichen Voraussetzungen - Anspruch auf Beiordnung eines
kostenlosen 
 Opferanwalts haben. Flankiert wird diese Neujustierung durch die
Neuregelung verfahrensrechtlicher Bestimmungen. So werden zum Beispiel
die §§ 397, 406f und 406g StPO deutlich vereinfacht und somit
anwenderfreundlicher. Da jede Rechtsverfolgung die Kenntnis der Rechte
voraussetzt, werden in § 406h StPO auch die Informationspflichten der
Strafverfolgungsbehörden gegenüber Verletzten von Straftaten erweitert.
Beispielsweise muss schon die Polizei auf die Möglichkeit einer
psychosozialen Prozessbegleitung
oder andere Unterstützung von Opferhilfeeinrichtungen hinweisen und auf
Entschädigungsansprüche oder die Möglichkeit aufmerksam machen, im
Adhäsionsverfahren Schadensersatz zu beanspruchen. Zudem werden durch
Änderungen in den §§ 138 und 142 StPO die Auswahlmöglichkeiten der
Verletzten bei der Wahl eines anwaltlichen Beistand vergrößert. Eine
Ergänzung des § 92 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe
in Strafsachen (IRG) zielt darauf ab, es Verletzten zu erleichtern, 
 im europäischen Ausland begangene Straftaten in Deutschland !
 anzuzeig
en.  
Verbesserungen zum Schutz von Zeugen im Strafverfahren

  Die Rechte von Zeugen bei ihrer polizeilichen Vernehmung werden
zukünftig in § 163 Absatz 3 StPO eindeutig im Gesetz festgeschrieben.
Zudem wird in § 48 StPO die schon bisher allgemein anerkannte
staatsbürgerliche Pflicht der Zeugen zum Erscheinen vor Gericht und
Staatsanwaltschaft und zur dortigen Aussage gesetzlich normiert. Beide
Regelungen führen in der Praxis für alle Beteiligten zu mehr Klarheit. 
Die Befugnis zur jederzeitigen Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts als
Zeugenbeistand - ein Recht, das
bereits durch höchstrichterliche Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts anerkannt ist -, wird erstmalig gesetzlich
verankert. Zudem wird die Möglichkeit für besonders schutzbedürftige
Zeugen, einen anwaltlichen Beistand beigeordnet zu erhalten, sinnvoll
erweitert (§ 68b StPO). Flankierend dazu wird geregelt, dass eine die
Beiordnung ablehnende Entscheidung der Staatsanwaltschaft gerichtlich
überprüft werden kann. Das für diese und zahlreiche ähnliche Fälle
geltende Ve
 rfahren wird dabei wesentlich vereinfacht. Die nach § 68 Absatz 2 StPO
für Zeugen bestehende Möglichkeit, in bestimmten Fällen ihren Wohnort
nicht angeben zu müssen, wird sachgerecht erweitert. Erstmalig wird
festgeschrieben, dass der Zeuge auch im Nachhinein den Austausch seiner
Wohnadresse gegen eine andere Anschrift verlangen kann, wenn sich eine
Gefährdung erst nach Beendigung seiner Aussage ergibt. Gleichzeitig wird
bestimmt, dass die Strafverfolgungsbehörden die Adresse des Zeugen in
derartigen
Fällen in der gesamten Akte unkenntlich zu machen haben; die
Strafverfolgungsbehörden sollen den Zeugen künftig auf diese Befugnisse
hinweisen und bei deren Wahrnehmung behilflich sein.  
Verbesserungen beim Schutz von jugendlichen Opfern und Zeugen im
Strafverfahren

  Zur Stärkung der Rechte von jugendlichen Opfern und Zeugen von
Straftaten wird die Schutzaltersgrenze in verschiedenen Vorschriften der
Strafprozessordnung und des Gerichtsverfassungsgesetzes von derzeit 16
auf nunmehr 18 Jahre heraufgesetzt (§ 58a Absatz 1, § 241a Absatz 1, §
247 Satz 2, § 255 Absatz 2 StPO; § 172 GVG). Diese Grenze wird der
altersspezifischen Belastungssituation besser gerecht. Sie entspricht
zudem der Schutzaltersgrenze, die zahlreichen internationalen Abkommen
zum Schutz von Kindern
und Jugendlichen zugrunde liegt. Nicht zuletzt wird ein Gleichklang mit
der Altersgrenze hergestellt, bis zu der jugendlichen Beschuldigten
besonderer Schutz zukommt.  
Das Gesetz bedarf nicht der Zustimmung des Bundesrates. Ziel ist es,
die parlamentarischen Beratungen noch vor der Sommerpause
abzuschließen.

 

 Herausgegeben vom Referat Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des
 Bundesministeriums der Justiz
 Verantwortlich: Eva Schmierer; Redaktion: Dr. Thorsten Bauer, Dr.
Katharina Jahntz, Harald Schütt, Ulrich Staudigl
 Mohrenstr. 37, 10117 Berlin
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