[Rechtsfr.] Erweitertes Führungszeugnis ( BZRG ) für Jugendhilfe: Bundesregierung setzt Beschluss des Kindergipfels um

Alfred Oehlmann Alfred.Oehlmann at lwl.org
Mi Jan 21 15:19:30 CET 2009


Sehr geehrte Damen und Herren, 

nach dem Willen der Bundesregierung wird noch in diesem Jahr ein
erweitertes Führungszeugnis zum Zwecke der Überprüfung von Personen, die
im Kinder- und jugendhilfenahen Bereich arbeiten wollen ((siehe auch §
72 a SGB VIII), verabschiedet werden.  Man will  damit u.a. der Kritik
an der Aussagekraft von bisherigen Führungszeugnissen und z.B. der
Nichtaufnahme von geringen Strafzumessungen im Bereich der Sexualdelikte
begegnen.

Zusammen mit der bereits realisierten schnellen Onlineanforderungen
durch die zuständigen Behörden dürften damit - vorbehaltlich der
Beschlussfassung im Bundestag - die Reformbemühungen in diesem Bereich
abgeschlossen sein. 

Wir werden Sie über den weiteren Gang des Gesetzgebungsverfahrens und
insbesondere über die Zeitpunkt einer Verabschiedung informieren. 

Näheres entnehmen Sie bitte der angehängten Presseerklärung und der als
Anlage beigefügten Gesetzesbegründung. 

Mit freundlichen Grüßen 
Ihr 
Alfred Oehlmann-Austermann
LWL-Landesjugendamt 
Westfalen/Münster 

>>> BMJ Newsletter <presse at bmj.bund.de> 21.01.2009 13:12 >>>

Berlin, 21. Januar 2009

Erweitertes Führungszeugnis: Bundesregierung setzt Beschluss des
Kindergipfels um


Das Bundeskabinett hat heute einen Gesetzentwurf zum Schutz von Kindern
und Jugendlichen beschlossen. Auf Vorschlag von Bundesjustizministerin
Brigitte Zypries sollen künftig so genannte erweiterte Führungszeugnisse
dem Arbeitgeber in weit größerem Umfang Auskunft darüber geben, ob
Stellenbewerber wegen bestimmter Sexualdelikte an Kindern und
Jugendlichen vorbestraft sind. Das Vorhaben verwirklicht einen vom
Bundesministerium der Justiz vorbereiteten Beschluss des zweiten
Kindergipfels der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefs der Länder vom
12. Juni 2008, der diese Regelung als wichtigen Baustein für die
Umsetzung seiner Anliegen vorsieht.

 
"Der Staat muss seine Bürgerinnen und Bürger so gut wie möglich vor
Straftaten schützen. Vor allem Kinder und Jugendliche sind schutzlos,
wenn Sexualstraftaten von Personen begangen werden, die wegen ihrer
beruflichen Stellung das besondere Vertrauen der Opfer genießen. Mit dem
Gesetzentwurf erweitern wir die Speicherung im Bundeszentralregister im
Bereich des Kinder- und Jugendschutzes. Künftig wird allen Personen, die
im kinder- und jugendnahen Bereich beschäftigt werden wollen, ein
erweitertes Führungszeugnis erteilt, in dem die Verurteilungen zu
Sexualstraftaten auch im untersten Strafbereich aufgenommen sind.
Potenzielle Arbeitgeber wissen dann über alle einschlägigen Vorstrafen
ihrer Bewerber Bescheid und können verhindern, dass diese im kinder- und
jugendnahen Bereich als Erzieher in Kindergärten, aber auch als
Schulbusfahrer, Bademeister, Sporttrainer oder Mitarbeiter im Jugendamt
beschäftigt werden", sagte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries.

 
Das Bundeszentralregistergesetz (BZRG) regelt, dass jeder Person ab 14
Jahren auf Antrag und ohne Angaben von Gründen ein Führungszeugnis
erteilt wird. Ob eine Verurteilung in ein Führungszeugnis aufgenommen
wird, richtet sich grundsätzlich nach der Höhe des Strafmaßes; das
zugrundeliegende Delikt spielt dabei in der Regel keine Rolle. Nach
geltendem Recht erscheinen im Führungszeugnis Erstverurteilungen nur bei
einer Geldstrafe von mehr als 90 Tagessätzen oder einer Freiheitsstrafe
von mehr als 3 Monaten,
um dem verfassungsrechtlich verankerten Resozialisierungsgebot Rechnung
zu tragen. Von diesen Grenzen sind derzeit nur bestimmte schwere
Sexualstraftaten (§§ 174 bis 180 oder 182 StGB, insb. Sexueller
Missbrauch von Schutzbefohlenen und Vergewaltigung) ausgenommen, nicht
aber alle anderen kinder- und jugendschutzrelevante Sexualdelikte. Lässt
sich ein Arbeitgeber bei der Einstellung ein Führungszeugnis vorlegen,
erlangt er von diesen Erstverurteilungen bis zu 90 Tagessätzen
  oder 3 Monaten Freiheitsstrafe keine Kenntnis und kann nicht
verhindern, dass der betroffene Bewerber im kinder- und jugendnahen
Bereich beschäftigt wird.

 
Künftig soll durch eine Änderung des BZRG sichergestellt werden, dass
im Interesse eines effektiven Kinder- und Jugendschutzes
sexualstrafrechtliche Verurteilungen auch im niedrigen Strafbereich in
einem sogenannten erweiterten Führungszeugnis aufgenommen werden.

 
Der Gesetzentwurf sieht zielgerichtet die Einführung eines erweiterten
Führungszeugnisses für kinder- und jugendnahe Tätigkeiten vor. Personen,
die bei ihrer beruflichen oder ehrenamtlichen Beschäftigung mit Kindern
und Jugendlichen in der Regel keinen Kontakt aufnehmen können, sind
daher von den neuen Regelungen nicht erfasst.

 
"Eine Arbeit als Fliesenleger, Automechaniker oder Architekt ist nicht
in vergleichbarer Weise geeignet, Kontakt zu Kindern oder Jugendlichen
aufzunehmen. Eine Regelung, die verlangt, dass generell alle Vorstrafen
- gleich für welche Beschäftigung - in ein Führungszeugnis aufgenommen
werden, würde über das Ziel hinausschießen. Denn auch die
Wiedereingliederung ist verfassungsrechtlich geboten und im Interesse
der Gesellschaft. Mit unserem Vorschlag schaffen wir deshalb zielgenau
einen vernünftigen und
gerechten Ausgleich zwischen dem Resozialisierungsinteresse von
Straffälligen und der besonderen Verantwortung, wenn es um den Schutz
von Kindern und Jugendlichen vor Sexualstraftaten geht", erläuterte
Zypries.

 
Im Einzelnen

 
Betroffener Personenkreis

 
Das erweiterte Führungszeugnis wird nach dem neuen § 30a BZRG erteilt,

  wenn dies in einem Gesetz ausdrücklich vorgesehen ist.
 Beispiele: Die praktisch bedeutsamste Vorschrift ist § 72a des Achten
Buches Sozialgesetzbuch - Kinder- und Jugendhilfe - (SGB VIII). Sie
richtet sich an die Träger der öffentlichen Jugendhilfe, die für die
Wahrnehmung der Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe keine Person
beschäftigen oder vermitteln dürfen, die rechtskräftig wegen einer
bestimmten Straftat verurteilt worden ist (in der ab 1. Januar 2009
geltenden Fassung: Straftaten nach den §§ 171, 174 bis 174c, 176 bis
180a, 181a, 182 bis 184f oder den
§§ 225, 232 bis 233a, 234, 235 oder 236 StGB). Ein vergleichbares
Beschäftigungsverbot enthält auch § 25 Jugendarbeitsschutzgesetz für
Personen, die Lehrlinge ausbilden. demjenigen, der eine Tätigkeit
ausüben will, die geeignet ist, Kontakt zu Minderjährigen
aufzunehmen, wie die berufliche oder ehrenamtliche Beaufsichtigung,
Betreuung, Erziehung oder Ausbildung Minderjähriger.
 Beispiele: Erzieher in Kindergärten, Kinder- oder Jugendheimen,
Pflegepersonen für die Kindertages- und Vollzeitpflege, Lehrer in
Privatschulen, Schulbusfahrer, Bademeister in Schwimmbädern,
Jugendsporttrainer, Leiter von Kinder- und Jugendfreizeitgruppen..  
Inhalt des erweiterten Führungszeugnisses

 
Bereits nach geltendem Recht werden in ein Führungszeugnis regelmäßig
alle Verurteilungen - unabhängig vom Strafmaß - wegen bestimmter
schwerer Sexualstraftaten nach den §§ 174 bis 180 und § 182 StGB
aufgenommen. Für das erweiterte Führungszeugnis wird dieser Katalog um
weitere kinder- und jugendschutzrelevante Verurteilungen wegen
Straftaten nach den §§ 171, 180a, 181a, 183 bis 184f, 225, 232 bis 233a,
234, 235 oder 236 StGB erweitert. Künftig wird daher auch beispielsweise
eine Verurteilung zu 60
Tagessätzen wegen Verbreitung von Kinderpornographie oder
Exhibitionismus im erweiterten Führungszeugnis erscheinen. Bislang
erhielt der Arbeitgeber von einer solchen Verurteilung durch ein
Führungszeugnis keine Kenntnis.

 
Frist zur Aufnahme in das Führungszeugnis

 
Derzeit werden Verurteilungen bei einer Freiheits- oder Jugendstrafe
von mehr als einem Jahr wegen schwerer Sexualstraftaten nach den §§ 174
bis 180 und § 182 StGB mindestens 10 Jahre lang in das Führungszeugnis
aufgenommen. Künftig wird diese Frist auch für entsprechende
Verurteilungen wegen Straftaten nach den §§ 171, 180a, 181a, 183 bis
184f, 225, 232 bis 233a, 234, 235 oder 236 StGB gelten, die in ein
erweitertes Führungszeugnis aufgenommen werden.

 
Rückwirkung

 
In das erweiterte Führungszeugnis sind auch alle Eintragungen wegen
Straftaten nach den §§ 171, 180a, 181a, 183 bis 184f, 225, 232 bis 233a,
234, 235 oder 236 StGB aufgenommen, die bei Inkrafttreten des Gesetzes
bereits im BZR vorhanden sind.

 
Die Zustimmung des Bundesrates ist nicht erforderlich. Ziel ist es, das
parlamentarische Verfahren noch in dieser Legislaturperiode
abzuschließen.

 

Dokumente 

RegE Fünftes Gesetz zur Änderung des Bundeszentralregistergesetzes : 
http://www.bmj.de/files/-/3456/RegE_Fünftes_Gesetz_zur_Änderung_des_Bundeszentralregistergesetzes.pdf


 


 Herausgegeben vom Referat Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des
 Bundesministeriums der Justiz
 Verantwortlich: Eva Schmierer; Redaktion: Dr. Thorsten Bauer, Dr.
Katharina Jahntz, Harald Schütt, Ulrich Staudigl
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