[WestG] [AKT] "Ohne Zusammenarbeit geht es nicht" - LWL-Denkmalpflege begleitet Fassadensanierung in Altena
Holtrup, Sandra
Sandra.Holtrup at lwl.org
Do Feb 25 08:59:21 CET 2021
Von: "LWL-Pressestelle" <presse at lwl.org>
Datum: 24.02.2021, 14:35
AKTUELL
"Ohne Zusammenarbeit geht es nicht" - LWL-Denkmalpflege begleitet Fassadensanierung in Altena
Einen überraschenden Fund machten die Denkmalpfleger des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) und der Stadt Altena bei der Sanierung des Köster-Emden-Hauses an der Lennestraße 93 in Altena (Märkischer Kreis). Vor dem geplanten Neuanstrich war eine Restauratorin damit beauftragt worden, die Fassade des Gebäudes aus dem Jahr 1707 zu untersuchen. Erst im Rahmen dieser Untersuchung trat zutage, dass die klassizistisch gestalteten Konsolen und Rosetten am Dachgesims nicht wie bisher angenommen aus Holz, sondern aus gestanztem Zinkblech bestehen.
"Als wir auf dem Gerüst standen und geklopft haben, haben wir gemerkt: Die sind innen hohl", erinnert sich Jürgen Wagner von der Denkmalbehörde der Stadt Altena. "Geprägtes Zinkblech wurde im Laufe des 19. Jahrhunderts sehr beliebt und kam in unterschiedlichen Formen auf den Markt, für Dach- und Wandbekleidungen oder Zierrat für Fassaden und Dächern", erläutert LWL-Denkmalpflegerin Danae Votteler den Fund. "Durch eine einheitliche Farbgebung mit sparsamen farbigen Akzenten erscheint uns das Gesims als massive Steinarchitektur."
"Damit die Sanierung nachhaltig und mit den richtigen Methoden und Materialien durchgeführt werden kann, ist es wichtig, zuvor den ursprünglichen Bestand und den Erhaltungszustand detailliert zu erfassen," erklärt Helena Dick, Restauratorin bei der LWL-Denkmalpflege, Landschafts- und Baukultur in Westfalen, "zudem können wir durch die Feststellung der Beschichtungsabfolge mehr über die Geschichte des Gebäudes erfahren."
Die Untersuchung ergab auch, dass die Rosetten ursprünglich rot akzentuiert waren, bevor sie unsachgemäß mit Fassadenfarben einheitlich überstrichen wurden. Dieser historische Zustand soll nun wiederhergestellt werden. "Doch zuerst mussten die schlecht anhaftenden Altbeschichtungen runter, damit ein materialgerechter Korrosionsschutz aufgetragen werden kann," berichtet Wagner, "keine leichte Aufgabe, da die Zinkelemente empfindlich und vergleichbare Fälle nicht bekannt sind. Schließlich haben wir einen Handwerker gefunden, dem es mit viel Engagement und Sachkenntnis gelungen ist, die Farbschichten schonend zu entfernen." Für Wagner ist diese Geschichte auch ein Beispiel dafür, wie wichtig der konstruktive Austausch verschiedener Disziplinen in der Denkmalpflege ist: "Ohne Zusammenarbeit geht es nicht."
Voraussichtlich im März sollen die fertig restaurierten Zinkelemente wieder an der Fassade angebracht werden. Sie sind nicht die einzige Besonderheit, die bei der Sanierung des Köster-Emden-Hauses zutage trat. "Für die Schablonenmalerei auf dem Dielenboden im Obergeschoss gibt es in Westfalen bislang keine bekannten Vergleichsbeispiele," betont Dick. Aufgrund der starken Neigung wurde ein neuer, schützender Boden darüber gebaut - jetzt erlauben beleuchtete Sichtfenster den Blick auf die darunterliegenden Kostbarkeiten. Sowohl diese Maßnahme als auch die Restaurierung der Fassadenelemente wurden durch den LWL finanziell unterstützt.
Historisch und künstlerisch bedeutend ist auch der Terrazzoboden im Erdgeschoss mit umlaufenden Friesen und Ornamenten, der von italienischen Handwerkern gefertigt wurde. Er besteht aus Mosaiksteinchen in drei natürlichen Farben, die in Kalk eingebettet sind. Derzeit wird er restauriert.
"Jede der Maßnahmen, die seit etwa zwei Jahren an dem Baudenkmal stattfinden, ist auch eine kleine Entdeckungsreise in die Vergangenheit von heute leider in Vergessenheit geratenen Materialien und Bautechniken, die es wieder neu zu entdecken gilt", sagt Votteler. Auch Wagner zieht ein positives Fazit: "Instandsetzungen und Restaurierungen sind immer dann gelungen, wenn die Ausführenden, also die Handwerker und Restauratoren mit Herz und Seele dabei sind. Das ist am Haus Köster-Emden sehr gelungen, egal ob Tischlerin, Steinmetz oder Kunstschmied. Die Begeisterung ist bei allen zu spüren, auch um das Wissen, es mit ganz einzigartigen Details zu tun zu haben."
Hintergrund
In Altena haben sich eine Reihe Bürgerhäuser erhalten, von denen das Haus Lennestraße 93 eines der stattlichsten ist. Es liegt sehr zentral an dem Hauptstraßenzug, der das Zentrum des heutigen Altena in dem schmalen Flusstal ist. Unterhalb der Burg gab es die Freiheit und mehrere Dörfer, die nach und nach zu dem heute langgezogenen und eng bebauten Tal zusammengewachsen sind. Neben den Wohnhäusern von Fabrikanten und Bürger:innen gab es eine große Anzahl an Werkstätten und kleinen Fabriken, die sich hinter den Bürgerhäusern an den steilen Hang schmiegten, denn Platz war von jeher knapp im engen Tal an der Lenne. Die ältesten datierten Häuser sind nach dem Stadtbrand 1707 errichtet. Dazu gehört auch das Haus Köster-Emden. Das belegen die als Ziffern geschmiedeten Maueranker an der vorderen Fassade.
Bauhistorisch ist das Haus bislang nicht untersucht worden. Unverkennbar zeichnen sich aber zwei wesentliche Bauphasen ab, die das Haus auch gestalterisch geprägt haben. Die Sandsteingewände der Türen mit den profilierten Rahmungen und Oberlichtern stammen aus der Erbauungszeit im frühen 18. Jahrhundert Auch die Firstkamine in den Giebelwänden sprechen für den älteren Typ des Bürgerhauses, wie es für die Region typisch ist. Gut 150 Jahre später wurde das Haus in einigen Bereichen dem Zeitgeschmack des Historismus entsprechend neugestaltet. Der genaue Zeitpunkt ist nicht bekannt, er wird auf 1880 geschätzt. Dazu zählt der Hausflur mit einer reich verzierten Wanddekoration aus Stuck, verzierten Rundbögen, den Zimmertüren und der dazugehörige Terrazzoboden. Die Türgestelle aus Sandstein der Hauseingänge blieben erhalten, auch die Holztreppe, die in das Obergeschoss führt, stammt noch aus der Erbauungsphase und wurde in die Neugestaltung integriert. Heute sind die glatt verputzten Fassaden sehr schlicht gestaltet.
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