[WestG] [AKT] Nachruf auf PD Dr. Michael Prinz (25.7.1952 - 18.11.2016)

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Di Dez 13 10:00:28 CET 2016


Von: "Kathrin Nolte" <kathrin.nolte at lwl.org>
Datum: 12.12.2016, 15:15


AKTUELL

Nachruf auf PD Dr. Michael Prinz (25.7.1952 - 18.11.2016)

Von PD Dr. Karl Ditt

Michael Prinz wurde im Jahre 1952 als Sohn eines Sprengstoffingenieurs und einer Volksschullehrerin in Werne an der Lippe geboren. Nach dem Abitur am Max-Planck-Gymnasium in Dortmund studierte er seit dem WS 1971/72  Geschichtswissenschaft, Soziologie und Romanistik an den Universitäten Münster und Bielefeld. In Bielefeld  absolvierte er im Jahre 1977 das erste Staatsexamen für das Lehramt an Gymnasien. Die Staatsexamensarbeit thematisierte die Angestellten in der Weimar Republik. Er baute sie bis zum Jahre 1983 zu einer sozialgeschichtlichen, von Professor Dr. Jürgen Kocka mit "summa cum laude" bewerteten Dissertation aus. Sie erschien drei Jahre später unter dem Titel "Vom neuen Mittelstand zum Volksgenossen. Die Entwicklung des sozialen Status der Angestellten von der Weimarer Republik bis zum Ende der NS-Zeit".

Im Anschluss an die Dissertation verfasste M. Prinz im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung ein Manuskript über die gemeinwirtschaftlichen Unternehmen der deutschen Arbeiterbewegung. Im Jahre 1984 bot ihm Professor Kocka eine Hochschulassistentenstelle an, die er - unterbrochen durch die Übernahme einer DAAD-Gastdozentur für Europäische Wirtschafts- und Sozialgeschichte an der Universität in Sao Paulo - bis zum Jahre 1989 innehatte. Das Angebot Professor Kockas, mit ihm an die FU Berlin zu wechseln, schlug er aus familiären Gründen aus. 

Stattdessen wechselte Michael Prinz im Jahre 1990 auf die Stelle eines Referenten für Wirtschafts- und Sozialgeschichte am "Westfälischen Institut für Regionalgeschichte" [WIR] in Münster. Hier konzipierte er federführend das langfristig angelegte große Institutsprojekt "Sozialgeschichte Westfalens im interregionalen und internationalen Vergleich 1930-1960", betreute mehrere der insgesamt 16 Doktoranden- und Postdoktorandenstipendien und organisierte mit Kolleginnen und Kollegen wegweisende Tagungen. Die im Jahre 1992 fertiggestellte und in Bielefeld eingereichte Habilitationsschrift, die vier Jahre später unter dem Titel "Brot und Dividende. Konsumvereine in England und Deutschland vor 1914" erschien, trug zu mehreren Lehrstuhlvertretungen und im Jahre 2003 zu einem Ruf an die TU Dresden bei. Die Rückkehr an die Universität scheiterte jedoch daran, dass im Verlauf des Bewerbungsverfahrens die Beamten- in eine Angestelltenstelle umgewandelt worden war, so dass ein Wechsel für den Landesoberverwaltungsrat hohe Renteneinbußen bedeutet hätte. 

Jenseits der Alltagsgeschäfte und der Mitwirkung an dem Institutsprojekt konzentrierte M. Prinz seine Arbeit in Weiterentwicklung seiner Studien über die Gemeinwirtschaft auf die Entstehung der modernen Konsumgesellschaft. Als Ergebnis dieser Forschungen publizierte er schließlich im Jahre 2012 ein originelles Werk unter dem Titel "Der Sozialstaat hinter dem Haus. Wirtschaftliche Zukunftserwartungen, Selbstversorgung und regionale Vorbilder: Westfalen und Südwestdeutschland 1920-1960". Ein Manuskript über die Entwicklung der Konsumgesellschaft in Westfalen seit der frühen Neuzeit blieb unvollendet, weil ihn seit Anfang 2015 die tödliche Muskelschwundkrankheit ALS an der Arbeit behinderte. 

Mit Michael Prinz hat die Bielefelder Richtung der Sozialgeschichte einen hervorragenden Vertreter und das LWL-Institut für westfälische Regionalgeschichte einen produktiven, anregenden und liebenswürdigen Kollegen verloren.


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