[WestG] [LIT] Geschichte der Lufthansa: Von der geheimen Ruestungsagentur zum profitablen Luftverkehrsunternehmen

[Pawlitta, Pascal]

Von: "Ruhr-Universität Bochum" <presseinfo at rub.de>
Datum: 07.05.2015, 13:42


LITERATUR

Herrschaft im Luftreich - RUB-Historiker arbeitet die Geschichte der Lufthansa auf: Von der geheimen Rüstungsagentur zum profitablen Luftverkehrsunternehmen

Die deutsche Luftverkehrsgeschichte ist eng mit der Geschichte des Unternehmens "Lufthansa" verwoben. Und diese ging Hand in Hand mit Rüstungsinteressen, engen Kontakten zum NS-Regime und Zwangsarbeit. Zumindest bevor das Unternehmen sich 1955 neu erfand. Die Geschichte des Konzerns hat RUB-Historiker Dr. Lutz Budraß aufgearbeitet - zunächst im Auftrag der Lufthansa, die später jedoch von einer Veröffentlichung Abstand nahm. Das Wissenschaftsmagazin der RUB "RUBIN" berichtet.


Angewiesen auf finanzielle Hilfe: Rüstung und Unterstützung durch das NS-Regime

Die Lufthansa verfolgt heute konsequent nur ein Ziel: profitablen Luftverkehr betreiben. Industrielle Nebenschauplätze werden nicht bespielt. Das war nicht immer so. "In den 1920er- und 1930er-Jahren hat das Unternehmen wie eine geheime Rüstungsagentur gewirkt, gelenkt von Staat", sagt Lutz Budraß. Denn ohne ein zweites Standbein neben der Luftfahrt war das Unternehmen nicht profitabel genug. Während der Weltwirtschaftskrise 1929 wurde diskutiert, die staatlichen Subventionen für die Luftfahrt zu streichen. Daraufhin suchten die führenden Leute des Konzerns früh den Kontakt zum nationalsozialistischen Regime, um auf diese Weise Unterstützung für den Luftverkehr zu erlangen. Erhard Milch, Technischer Direktor der Lufthansa, pflegte engen Kontakt zu Hermann Göring, dem zweiten Mann der Nationalsozialisten.


Kinder als Zwangsarbeiter

Zur Zeit des Zweiten Weltkriegs beschäftigte die Lufthansa auch viele Zwangsarbeiter. "Das ist nichts Besonderes", weiß Budraß. "Aber um Flugzeuge zu reinigen und zu reparieren, musste man in Winkel kriechen. Daher wurden sehr viele kleine Menschen gebraucht." Aus diesem Grund fand sich eine große Zahl von Kindern unter den Zwangsarbeitern. Auf dem Höhepunkt der Luftrüstung Anfang der 1940er-Jahre sind 1,9 Millionen Menschen in Deutschland in der Flugzeugindustrie beschäftigt. Der Erfolg nimmt 1945 jedoch ein jähes Ende. Denn die Alliierte Gesetzgebung bestimmt: Kein Deutscher darf mehr fliegen. Das Unternehmen Lufthansa wird aufgelöst.


"Beeindruckende Lehren aus der Vergangenheit gezogen"

Am 5. Mai 1955 wird die Lufthansa offiziell neu gegründet. Seither verfolgt sie konsequent drei Leitlinien: Sie will nie mehr nur der Absatzmarkt für die deutsche Luftfahrtindustrie sein. Die Zahl der Personen im Bundesverkehrsministerium, die über die Lufthansa bestimmen dürfen, wird von Anfang an klein gehalten - und damit auch der politische Einfluss auf das Unternehmen. Der Konzern besteht bei der Gründung darauf,  langfristig unabhängig von staatlichen Subventionen zu sein. Heute ist die Lufthansa komplett privatisiert. Die Unternehmenspolitik der neuen Lufthansa kann man laut Lutz Budraß nur auf Basis der Geschichte erklären. Der Konzern habe beeindruckende Lehren aus seiner Vergangenheit gezogen. Schade sei es, so der RUB-Historiker, dass er damit nichts zu tun haben wolle. Budraß' Fazit: "Ich würde immer gern Lufthansa fliegen."


Ausführlicher Beitrag im Wissenschaftsmagazin RUBIN

Ein ausführlicher Beitrag inklusive Bildmaterial findet sich im Onlinemagazin RUBIN, dem Wissenschaftsmagazin der RUB: <http://rubin.rub.de/de/lufthansa>. Text und Bilder aus dem Downloadbereich dürfen unter Angabe des Copyrights für redaktionelle Zwecke frei verwendet werden. Sie möchten über neu erscheinende RUBIN-Beiträge auf dem Laufenden bleiben? Dann abonnieren Sie unseren Newsfeed unter <http://rubin.rub.de/feed/rubin-de.rss>.


INFO

Dr. Lutz Budraß
Historisches Institut
Fakultät für Geschichtswissenschaft der Ruhr-Universität
44780 Bochum

Tel. 0234/32-22554
E-Mail: lutz.budrass at rub.de