[WestG] [AKT] Verleihung des Margot Spielmann-Preises 2015 - Jugendgeschichtspreises des Juedischen Museums Westfalen in Dorsten, Dorsten, 08.12.2015

Pattberg, Julia Julia.Pattberg at lwl.org
Fr Dez 4 09:22:51 CET 2015


Von: "Thomas Ridder" <ridder at jmw-dorsten.de>
Datum: 04.12.2015, 08:31 
 
 
AKTUELL

Verleihung des Margot Spielmann-Preises 2015 - Jugendgeschichtspreises des Jüdischen Museums Westfalen in Dorsten

Der Jugendgeschichtspreis fand in diesem Jahr zum siebten Mal statt. Eingereicht werden konnten wieder Facharbeiten zur jüdischen Geschichte, Religion und Gegenwart sowie zur NS-Geschichte von Schülerinnen und Schüler der Oberstufen aus NRW. Auch Arbeiten aus dem Deutschunterricht, die sich mit dem Roman Hiob von Josef Roth befassen, waren willkommen. Daneben konnten auch Projektarbeiten von Schülergruppen eingereicht werden. Am 8. Dezember 2015 werden nun die diesjährigen Preisträger ausgezeichnet. In diesem Jahr trägt der Preis auch erstmals den Namen einer 16-jährigen Jugendlichen aus Gelsenkirchen, die im Spätherbst auf der Flucht in Mulhausen im Elsass starb.

Von den eingereichten Arbeiten wählte die Jury drei Facharbeiten aus. Der dritte Preis geht an Niklas Würtz vom Albert-Schweitzer-/Geschwister-Scholl-Gymnasium in Marl. In seiner Arbeit "Martin Bormann. Eine der düstersten Personen im 'Dritten Reich'" porträtiert er eine der im negativen Sinn wichtigsten Persönlichkeiten während der NS-Zeit. In der engsten Umgebung Adolf Hitlers tätig, u.a. als sein Sekretär, hatte er maßgeblichen Anteil an vielen Entscheidungen des Regimes.

Der zweite Preis geht an Samira Zdziarstek in Herne vom Gymnasium Eickel. Sie greift in ihrer Facharbeit, die im Frühjahr 2015 geschrieben wurde, ein zum damaligen Zeitpunkt aktuelles Thema auf: "KZ-Baracke in Schwerte als Flüchtlingsheim? Kann ein Ort der Trauer ein Ort der Zuflucht werden?" Die Jury möchte mit dem zweiten Preis nicht nur die gute Qualität der Arbeit belohnen, sondern auch den Mut ein Thema zu bearbeiten, zu dem aufgrund seiner Aktualität nicht über die üblichen Internetquellen Informationen abgerufen werden können, sondern eigene Recherchewege gefunden werden mussten.

Der erste Preis geht in diesem Jahr an eine Schülerin des Wilhelm-Dörpfeld-Gymnasiums in Wuppertal. Die fünfzehnjährige Seda Efe befasst sich in ihrer Arbeit mit dem Leben des heute 91jährigen Herbert Cohnen. "Anders, weil er anders zu sein hat?" lautet das Thema ihrer Arbeit. In der NS-Zeit galt er als anders, weil er ein sogenannter "Mischling" war, jemand mit einem jüdischen Elternteil und weil er aufgrund einer Erkrankung an Polio (Kinderlähmung) bleibende körperliche Einschränkungen hatte. Damit galt er in der NS-Zeit als doppelt anders. Doch die junge Autorin überträgt sein Anderssein auch auf die heutige Zeit. Ausgrenzung ist immer noch ein Problem in der Gesellschaft, schreibt sie. Deshalb hat sie das "Anderssein" Herbert Cohnens mit dem "Anderssein heute" verglichen.

Gab es in den vergangenen Jahren einen Sonderpreis für eingereichte Projekte, so wird nun erstmals neben dem Margot Spielmann-Preis für Facharbeiten auch ein Margot Spielmann-Preis für Projekte vergeben. Aus den eingereichten Vorschlägen wählte die Jury drei Projekte aus. Ein Preis geht nach Duisburg. Schülerinnen und Schüler des Steinbart-Gymnasiums erstellten einen technisch unterstützten Rundgang durch Duisburg auf den Spuren einer deportierten und ermordeten Familie. Die einzelnen im Stadtgebiet liegenden Stationen können mit Hilfe von GPS-Daten gefunden und angelaufen werden.

Ein weiterer Preis wird dem Gymnasium Paulinum in Münster zugesprochen. Schülerinnen und Schüler hatten im Geschichtsunterricht erfahren, dass es im Umfeld ihrer Schule im Mittelalter einen jüdischen Friedhof gab, der 1350 bei einem Pogrom zerstört worden war. In einem fächerübergreifenden Projekt schufen die Schülerinnen und Schüler einen Gedenkstein, der an den früheren Ort jüdischen Lebens in Münster und die schrecklichen Ereignisse des Pogroms erinnern soll.

Ein drittes ausgezeichnetes Projekt entstand an der Wolfgang-Borchert-Gesamtschule in Recklinghausen. Ausgangspunkt war der Comic "Die Entdeckung" von Eric Heuvel der vom Anne-Frank-Haus in Amsterdam produziert wird. Die Geschichte erzählt von einem niederländischen Jungen, der auf dem Dachboden Tagebücher und Zeitungsausschnitte seiner Großmutter aus der Zeit der Zweiten Weltkriegs entdeckt und über sie tief in diese (Familien-)Geschichte eintaucht. Mit Hilfe großformatiger Kopien des Comics erstellte das Schülerteam eine Ausstellung, die mit ergänzenden Hintergrundinformationen zu den in der fiktiven Geschichte genannten historischen Ereignissen in Form von Audiostationen angereichert wurde.

Die Preisträgerinnen und Preisträger werden am Dienstag, den 8. Dezember, ab 18:00 Uhr im Jüdischen Museum Westfalen geehrt. Neben einer Urkunde erhalten die Teilnehmer Büchergeschenke bzw. Gutscheine für Projekttage im Jüdischen Museum überreicht. Interessierte sind zu dieser Veranstaltung herzlich eingeladen. 


Margot Spielmann-Preis für Facharbeiten

3. Preis: Niklas Würtz, Marl, Albert-Schweitzer-/Geschwister-Scholl-Gymnasium
Martin Bormann. Eine der düstersten Personen im "Dritten Reich"

2. Preis: Samira Zdziarstek, Herne, Gymnasium Eickel
KZ-Baracke in Schwerte als Flüchtlingsheim? Kann ein Ort der Trauer ein Ort der Zuflucht werden?

1. Preis: Seda Efe, Wuppertal, Wilhelm-Dörpfeld-Gymnasium
Anders, weil er anders zu sein hat? Eine Arbeit über die Verfolgung eines "Geltungsjuden" in der Zeit des Nationalsozialismus


Margot Spielmann-Preis für Projekte

"Spurensuche" - eine technisch-unterstützte Schnitzeljagd durch die jüdische Geschichte in Duisburg. - Ein Projekt der Klasse 9d des Steinbart-Gymnasiums Duisburg

Gedenkstein für den ehemaligen jüdischen Friedhof in der Umgebung des Gymnasium Paulinum in Münster

"Die Entdeckung" - Umsetzung des gleichnamigen Comics in eine Ausstellung mit ergänzenden Audiostationen. - Ein Projekt der Wolfgang-Borchert-Gesamtschule Recklinghausen


Wer war Margot Spielmann?

Margot war ein jüdisches Mädchen aus Gelsenkirchen, geboren am 21. Mai 1926. 1942 wohnte sie mit ihrer Mutter Luise Kopf, dem Stiefvater Curt Kopf und ihrer Großmutter Henriette Breuer in einem sogenannten Judenhaus in der Augustastraße 7 in Gelsenkirchen.
Luise und Curt Kopf versuchten zusammen mit ihrer Tochter Margot in das unbesetzte Frankreich zu fliehen, wurden aber auf der Flucht verhaftet. Das schwer zuckerkranke Mädchen erlitt einen Schock und kam in ein Krankenhaus in Mülhausen, während ihre Eltern getrennt und deportiert wurden. Ihre Mutter saß bis zu ihrer Deportation im Gefängnis in Münster ein. Margot verblieb im Krankenhaus in Mülhausen. Dort verstarb sie vermutlich im Spätherbst 1942. Die behandelnde Ärztin teilte später mit, dass Margot - vor ihrem Abtransport - in ein tiefes Koma gefallen sei. Man habe sich im Krankenhaus absichtlich nicht mehr um die Rettung bemüht, um ihr Deportation und Ermordung zu ersparen.
Das Jüdische Museum Westfalen zeigt in seiner Dauerausstellung ein Poesiealbum von Margot Spielmann. Unter den Eintragungen finden sich die Namen weiterer junger Mädchen, die ebenfalls deportiert und ermordet wurden. Mit der Benennung des inzwischen etablierten Jugendgeschichtspreises nach Margot Spielmann möchten wir die Erinnerung an sie und viele andere Jugendliche aus der Region wachhalten.
 
 
INFO
 
Veranstaltungsdaten:
Verleihung des Margot Spielmann-Preises 2015 - Jugendgeschichtspreises des Jüdischen Museums Westfalen in Dorsten
Datum: 8. Dezember 2015
Jüdisches Museum Westfalen
Julius-Ambrunn-Straße 1
46282 Dorsten
Tel.: 02362-45276
E-Mail: ridder at jmw-dorsten.de

URL: www.jmw-dorsten.de

 
Kontakt:
Thomas Ridder M.A.
Jüdisches Museum Westfalen
Tel.: 02362-951431



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