[WestG] [AKT] Eine Geschichtsquelle für den Hotelbau und das Fuerstbistum Corvey: LWL zeichnet "Dreizehnlindenhaus" als Denkmal des Monats aus
Alexander Schmidt
Alexander.Schmidt at lwl.org
Fr Nov 25 11:29:07 CET 2011
Von: "LWL-Pressestelle" <presse at lwl.org>
Datum: 25.11.2011, 10:48
AKTUELL
Eine Geschichtsquelle für den Hotelbau und das Fürstbistum
Corvey
LWL zeichnet "Dreizehnlindenhaus" als Denkmal des Monats aus
Viel verdienen ließ sich nicht mit dem Hotel und Gasthaus, das
bis 1942 im "Dreizehnlindenhaus" betrieben wurde. Daher wurde
im 1794 errichteten Gebäude, das lange Zeit nicht genutzt wurde,
nie viel modernisiert. Weil so ein Großteil der ursprünglichen
Innenstrukturen erhalten blieb, zeichnete der
Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) das Gebäude jetzt als
Denkmal des Monats November aus.
"Vor dem Hintergrund des großen Anspruchs und der vielen
speziellen Aufgaben, den der Bau bei seiner Errichtung erfüllen
sollte, ist das Gebäude zu einer einzigartigen Quelle für die
Geschichte des Hotelbaus geworden", erklärt LWL-Denkmalpfleger
Dr. Fred Kaspar. "Es dürfte zu den wenigen Hotelbauten des 18.
Jahrhunderts in Deutschland gehören, die auch in den inneren
Strukturen noch weitgehend ablesbar überliefert geblieben sind."
Das "Dreizehnlindenhaus" ist eng verbunden mit der kurzen
letzten Phase des 1000-jährigen geistlichen Lebens in Corvey:
1792 erlaubte es der Papst, die Benediktinerabtei in ein
Fürstbistum umzuwandeln. So wurden der Abt zum Fürstbischof und
die Mönche zu Domherren ernannt. Als wichtigste bauliche
Veränderung dieser Umwandlung errichteten die Benediktiner
unmittelbar vor dem Klosterbezirk an das Ende der Zufahrt von
Höxter nach Corvey einen größeren Neubau. An dieser exponierten
Lage sollte das Gebäude gleich mehrere Aufgaben übernehmen: Es
diente nicht nur als Hotel und Casino, sondern nahm auch ein
Gast- und ein Weinhandelshaus auf. Das zunächst "Neues
Gasthaus" genannte Gebäude erhielt erst 1907 den heutigen Namen
"Dreizehnlindenhaus" in Erinnerung an das gleichnamige, im Raum
Corvey spielende Versepos des Driburger Arztes Friedrich
Wilhelm Weber (1813 - 1894).
Das Fürstbistum Corvey bestand nur wenige Jahre, bereits 1803
wurde es im Zuge der Säkularisation (Verweltlichung von
Klöstern und Fürstbistümern) wieder aufgelöst. Damit verlor das
Haus auch seine wirtschaftliche Grundlage. Es wurde aber noch
bis 1942 als Gasthaus und Hotel weiter betrieben. Da wenig
modernisiert wurde, hat sich bis heute ein großer Teil der
bauzeitlichen Innenstrukturen erhalten. Hierzu gehören die
aufwendigen Türen ebenso wie die Feuerungsanlagen der Öfen,
aber auch die ungewöhnlich luxuriöse Anlage von fünf Toiletten
im Inneren. "Zurzeit wird die dringend notwendige Sanierung des
Gebäudes vorbereitet, das dann wieder seine historische Aufgabe
als Gästehaus übernehmen soll", so LWL-Denkmalpfleger Kaspar.
Hintergrund
Verbunden mit der Umwandlung vom Kloster zum Fürstbistum waren
weitreichende Veränderungen bei der inneren Struktur des
Klosters und der zugehörenden Wirtschaft. Die Domherren lebten
nicht mehr in einer abgeschlossenen Klausur, sondern erhielten
eigene Wohnungen. Der bislang umfangreiche landwirtschaftliche
Eigenbetrieb des Klosters wurde verpachtet.
Das Erdgeschoss des Hauses wurde alltäglich genutzt: Rechts des
breiten Eingangsflures richtete man eine Gastwirtschaft mit
großer Küche und den Wohnräumen des Pächters ein. Hier gab es
einen eigenen Zugang zu dem riesigen unter dem Bau gelegenen
Gewölbekeller. Von dort wurde der für das Bistum zentralisierte
Weinhandel abgewickelt. Da das Haus auch der Versorgung des zum
Domstift gehörenden Priesterseminars diente, schuf man im
linken Teil des Erdgeschosses einen von der Außenwelt
abgetrennten Klausur-Bereich mit einem zur Straße gelegenen
Speisesaal für die Studenten. Zudem konnten sie hier mit den
Domherren zusammen ihre Freizeit verbringen, weswegen es zur
Hofseite auch einen eigenen Billardsaal gab. Als dritte Aufgabe
sollte der Neubau sowohl der Übernachtung, der Verköstigung und
dem gesellschaftlichen Leben hochstehender Gäste des Bischofs
dienen. Hierzu richtete man die beiden über ein breites
Treppenhaus erschlossenen Obergeschosse ein: Mittelpunkt wurde
ein großer Tanz-Saal mit anschließenden Spiel- und weiteren
Nebenzimmern. An breiten Fluren wurden darüber hinaus sechs
mehrräumige Gästeappartements geschaffen.
Der Betrieb des Hauses wurde an einen Gastwirt als Unternehmer
verpachtet. Ihm wurde die Versorgung der Priester pauschal
erstattet, während er die Unterbringung von "Staatsgästen"
einzeln abrechnen konnte.
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