[WestG] [AKT] Wie der Hase an die Eier kam und wer seine Vorgaenger waren: LWL-Volkskundler begeben sich auf die Spuren des Osterhasen

Alexander Schmidt Alexander.Schmidt at lwl.org
Di Apr 19 10:27:03 CEST 2011


Von: "LWL-Pressestelle" <presse at lwl.org>
Datum: 18.04.2011, 13:24


AKTUELL

Wie der Hase an die Eier kam und wer seine Vorgänger waren
LWL-Volkskundler begeben sich auf die Spuren des Osterhasen

Als Eierbringer taucht der Hase erstmals 1678 in den 
Lebenserinnerungen des Heidelberger Medizinprofessors Georg 
Franck auf. Auch aus dem Elsaß, der Pfalz und vom Oberrhein 
gibt es ungefähr zu dieser Zeit Belege dafür, dass Kinder 
Ostereier gesucht hätten, die zuvor von einem Hasen gebracht 
worden seien. Neben dem Hasen gab es im 17. und 18. Jahrhundert 
aber auch andere Eierbringer: In Westfalen waren es vor allem 
Fuchs und Kranich, die man sich in dieser Rolle gut vorstellen 
konnte - zum Teil noch bis in die 1930er Jahre hinein, 
berichtet Christiane Cantauw, Volkskundlerin beim 
Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL).

"Warum sich der Hase gegen seine Konkurrenten durchgesetzt hat, 
ist nicht ganz nachzuvoll-ziehen. Mit einer wie auch immer 
gearteten germanischen Gottheit Ostara, deren Begleittier ein 
Hase gewesen sein soll, hat das Ganze jedenfalls nichts zu tun. 
Diese Gottheit ist eine Erfindung. Es hat sie nie gegeben", 
betont die Geschäftsführerin der Volkskundlichen Kommission für 
Westfalen. Sicher ist jedoch, dass die Vorstellung von 
Eierbringern vor allem im evangelisch-christlichen Kontext Sinn 
ergibt. In Form dieser Kunstfigur konnte man all denjenigen 
Bräuchen etwas entgegensetzen, die man - wie zum Beispiel die 
Eierweihen - als nicht vereinbar mit der evangelischen 
Glaubenslehre empfand.

"Hinzu kommt, dass die Vorstellung von den Haseneiern bei 
vielen Zeitgenossen wohl auf fruchtbaren Boden fiel, erfreute 
sich der Hase doch einer großen Popularität", schmunzelt 
Cantauw. Angefangen mit zahlreichen Redewendungen, über 
bildliche Darstellungen (Dürer) bis hin zum allseits beliebten 
Dreihasenbild: der Hase war im Alltag - zumal im Frühjahr - 
durchaus präsent.

"Das sogenannte Dreihasenbild, also die Darstellung der drei 
Hasen, deren Ohren so geschickt angeordnet sind, dass man auf 
dem Bild nur drei Ohren sieht, jeder Hase aber zwei Ohren zu 
haben scheint, findet sich übrigens nicht nur auf einem Fenster 
im Paderborner Dom. Im 17. und 18. Jahrhundert zierte es auch 
profane Bauwerke, Schüsseln und Krüge, Wirtshausschilder oder 
Kacheln", erläutert Cantauw.

Als sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts der aus dem 15. 
Jahrhundert stammende Eierbrauch mit der Geschichte vom 
eierlegenden und eierversteckenden Osterhasen flächendeckend zu 
verbinden begann, entwickelten sich schnell entsprechende 
Brauchhandlungen: "Für die Kinder ging der Tag (Karsamstag) mit 
Nestbauen für den Oster-hasen hin. Mit großer Begeisterung 
holten sie Weißmoos im Wald. Fünf bis sechs halbkreisförmig 
gebogene Ruten wurden mit beiden Enden in die Erde gesteckt und 
die Zwischenräume mit Moos ausgefüllt, der Innenraum 
ausgepolstert. Über Nacht kam dann der Osterhase und legte die 
Eier hinein", heißt es beispielsweise in einem Bericht aus 
Krombach (Siegerland).

Als schließlich 1924 das auch heute noch enorm populäre Buch 
"Die Hasenschule" erschien, war die Geschichte vom Osterhasen 
längst deutschlandweit zum Allgemeingut geworden. Die 
Beliebtheit dieses Buches zeigt sich übrigens auch daran, dass 
eine Schule in Wuppertal ganz offiziell den Namen "Hasenschule" 
trägt. Auch die Postkartenhersteller und die Werbung machten 
sich die Sympathie, die dem langohrigen Eierbringer 
entgegengebracht wurde, schon früh zunutze: "Dr. Crato's 
Backpulver" (Werbeanzeige von 1907) und "Die besten Ostergrüße" 
ließen sich mit einem Osterhasen versehen eben sehr viel besser 
an den Mann oder an die Frau bringen, wobei so mancher 
Osterhase streng genommen eher ein Kaninchen ist.


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