[WestG] [AKT] Haunfelder überreicht neues Werk mit Biografien aus dem kaiserlichen Reichstag an Regierungspraesident Dr. Paziorek
Alexander Schmidt
Alexander.Schmidt at lwl.org
Mo Nov 30 09:15:10 CET 2009
Von: "Pressestelle BR Münster" <Pressestelle at bezreg-muenster.nrw.de>
Datum: 27.11.2009, 13:53
AKTUELL
Haunfelder überreicht neues Werk mit Biografien aus dem
kaiserlichen Reichstag an Regierungspräsident Dr. Paziorek
Regierungspräsident Dr. Peter Paziorek empfing heute (27.
November) den münsterschen Historiker und bekannten deutschen
Parlamentsforscher Dr. Bernd Haunfelder zur Vorstellung seines
soeben erschienenen Biographischen Handbuchs über die
konservativen Abgeordneten des Deutschen Reichstags von 1871
bis 1918. Der Einladung des Regierungspräsidenten waren auch
der aus Nottuln stammende Jasper Freiherr von Maltzan-Vanselow
und seine Ehefrau Brigida gefolgt. Aus der Adelsfamilie
stammten allein sieben konservative Reichstagsabgeordnete, ein
in der Geschichte des Parlaments einmaliger Vorgang.
Haunfelder hat mit dem jetzt vorgelegten und im Verlag
Aschendorff erschienenen Band seine Reihe biographischer
Darstellungen über den kaiserlichen Reichstag abgeschlossen.
Das Buch enthält 548 kurze Lebensbeschreibungen der
konservativen Abgeordneten. Vor zehn Jahren erschien bereits
ein Handbuch über die katholische Zentrumsfraktion und 2004 ein
Buch über die liberalen Fraktionen. Die drei Standardwerke
enthalten zusammen rund 2200 Abgeordnetenbiographien. Die
SPD-Mitglieder waren schon früher von einem anderen
Wissenschaftler veröffentlicht worden.
Die konservativen Parteien, die Deutschkonservativen und die
Freikonservativen, auch Deutsche Reichspartei genannt, die mit
dem Ende des Kaiserreichs untergingen und schon Jahre zuvor auf
der politischen Bühne mit Ausnahme ihres agrarischen Flügels im
Bund der Landwirte keine große Rolle mehr spielten, hatten ihr
Stammland in den preußischen Ostprovinzen, besonders in Ost-
und Westpreußen sowie in Brandenburg und Pommern. Allein 426
der 548 Parlamentarier stammten aus Preußen, zahlreiche aus
Sachsen, aber nur wenige aus Süddeutschland.
Sie waren daneben auch in verschiedenen streng protestantischen
Gegenden, so in Mecklenburg, der Heimat der Freiherrn von
Maltzan, vertreten, hatten aber im Westen nur in
Minden-Ravensberg über mehrere Jahre Anhänger um sich scharen
können. Hier kandidierte der auch in den eigenen Reihen
aufgrund seiner militanten antisemitischen Reden umstrittene
Pastor Adolf Stoecker. Die seinerzeit prominenten Namen der
konservativen Parteieliten sind, mit Ausnahme Ludwig von
Gerlachs oder Hans von Kleist-Retzows, Stoeckers und des
kurzzeitigen Abgeordneten Wolfgang Kapp, längst vergessen.
Interessant war der Hinweis Haunfelders, dass in vielen
katholischen Regierungsbezirken Preußens nie ein konservativer
Kandidat gewählt worden war und in Münster weder ein
Konservativer noch ein Liberaler.
Regierungspräsident Dr. Paziorek, dessen Vorfahren aus
Westpreußen und Oberschlesien stammen, und der sich als
alterfahrener Abgeordneter mit 17-jähriger Zugehörigkeit zum
Deutschen Bundestag für die deutsche Parlamentsgeschichte
interessiert, vernahm die Ausführungen Haunfelders mit großem
Interesse. Der Historiker beschrieb anschaulich das schillernde
und keineswegs geschlossene Auftreten beider Parteien, die
großen Differenzen zwischen Reichskanzler Bismarck und seinen
konservativen Standesgenossen seit 1866 sowie die Entwicklung
des konservativen Lagers. Vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs
wurde es eigentlich nur noch als ein Anhang des aggressiv
nationalistischen Bundes der Landwirte wahr genommen. Dennoch
hätten manche konservative Forderungen, wie beispielsweise die
zum Schutz des arbeitsfreien Sonntags, die Jahrzehnte
überdauert, hob Haunfelder hervor.
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