[WestG] [AKT] Neue Spur im Fall des Verbleibs einer verschollenen Varus-Inschrift
Alexander Schmidt
Alexander.Schmidt at lwl.org
Di Mär 17 10:16:56 CET 2009
Von: "LWL-Pressestelle" <presse at lwl.org>
Datum: 16.03.2009, 12:08
AKTUELL
Neue Spur im Fall des Verbleibs einer verschollenen
Varus-Inschrift
LWL-Römermusem stößt auf Überraschung bei Recherche für die
"Imperium"-Schau
Unter Kaiser Augustus befand sich das Römische Reich vor 2000
Jahren auf dem Höhepunkt seiner Macht. Den Aufstieg Roms zur
Weltmacht, die über den gesamten Mittelmeerraum herrschte, zeigt
das LWL-Römermuseum in Haltern am See in der neuen Ausstellung
"Imperium" (16.5.-11.10.). Die Schau des Landschaftsverbandes
Westfalen-Lippe (LWL) ist Teil des Ausstellungsprojektes
"Imperium Konflikt Mythos. 2000 Jahre Varusschlacht". Sie
beleuchtet die politischen Leistungen des Augustus und die
kulturelle Blüte seines "Goldenen Zeitalters". Vom Verlierer der
Schlacht im Teutoburger Wald zeichnet die Ausstellung ein Bild,
das mit dem verbreiteten Versager-Image des Publius Quinctilius
Varus aufräumt.
Einige der mehr als 300 hochkarätigen Exponate stellt der LWL in
einer Serie vor:
Reise im Osten
Kaiser Augustus befand sich zwischen 22/21 und 19 v. Chr. auf
einer Reise durch den Osten des römischen Imperiums, die ihn
durch Sizilien, Griechenland, Kleinasien und Syrien führte.
Während der geschäftlichen Unternehmungen in den östlichen
Provinzen zählte Varus zu seinen Begleitern. Zumindest zeitweise
diente er dem Kaiser als persönlicher Finanzbeamter. Die Bewohner
Athens, der Kykladeninsel Tenos (heute Tinos) sowie Pergamons
(heutige Westtürkei) errichteten Varus zu Ehren sogar mehrere
Statuen. Zwar gingen die Skulpturen verloren, doch die erhaltenen
Inschriften berichten von den Huldigungen für den kaiserlichen
Vertrauten. Sie sind der früheste archäologische Nachweis seiner
Person.
Eine der Inschriften aus Pergamon bedeutet: "Das Volk (von
Pergamon) ehrt Publius Quin(c)tilius Varus". Wahrscheinlich
dankten die Bürger Varus auf diese Weise für großzügige
Schenkungen oder andere Vergünstigungen. Vielleicht wollten die
Bewohner Pergamons mit der Ehreninschrift aber auch seine Gunst
gewinnen, um später davon zu profitieren.
Fährte führt nach Haltern
Das LWL-Römermuseum kann in seiner Ausstellung die Inschrift nur
als Reproduktion zeigen. Denn der Stein, der zu Beginn des
20. Jahrhunderts bei einem Brunnenhaus des Burgberges von
Pergamon gefunden wurde, galt lange als verschollen.
Nachforschungen im Vorfeld der Imperium-Schau haben ergeben,
dass die mit dem Text versehenen Überreste des Sockels zuletzt
in Haltern am See zu sehen waren.
Keine wissenschaftliche Abhandlung, sondern die Beschreibung
einer Fahrradreise des Journalisten und Schriftstellers Werner
Bergengruen brachte die Ausstellungsmacher auf diese Fährte.
Bergengruen radelte 1933 durch weite Teile Deutschlands und
hielt seine Erinnerungen in dem Band "Deutsche Reise" von 1934
fest. Darin heißt es: "Im Halterner Museum fesselt mich das
Fragment eines Steindenkmals mit einer griechischen
Ehreninschrift auf Publius Quintilius Varus. Der Fund wurde in
Pergamon getan und gelangte als Geschenk nach Haltern."
Im Kriegsschutt begraben?
Weitere Recherchen ergaben, dass der Stein ein Präsent war. Das
Osmanische Reichsmuseum in Istanbul schenkte ihn dem
Römisch-Germanischen Museum Haltern, Vorläufer des
LWL-Römermuseums. Alexander Conze, der zwischen 1878 und 1894
die Ausgrabungen in Pergamon leitete, hatte die Schenkung
vermittelt. Im März 1945 wurde das Museum in Haltern durch eine
Bombe zerstört. Zwar war ein Großteil der Sammlung zu diesem
Zeitpunkt bereits ausgelagert, doch für die Inschrift gilt das
wohl nicht. Möglicherweise liegt sie noch immer im Kriegsschutt
unter dem Parkplatz in Haltern begraben.
Die Inschriften aus dem Osten des Römischen Reiches lassen
vermuten, dass Varus dort recht beliebt war - anders, als später
in Germanien, wie auch Bergengruen in seinem Reisebericht
bemerkte: "Die Inschrift besagt, das Volk habe ihn geehrt.
Aber das Volk um Lippe und Weser war von anderem Gemüt."
INFO
LWL-Römermuseum
Weseler Straße 100
45721 Haltern am See
Öffnungszeiten
Dienstag bis Freitag: 9 bis 18 Uhr
Samstag: 10 bis 20 Uhr
Sonntag: 10 bis 18 Uhr
Eintrittspreise
Erwachsene: 9 Euro
Familien: 20 Euro
Schüler: 2 Euro
Ermäßigungsberechtigte: 6 Euro
Gruppen: 7 Euro pro Person (zzgl. Führungsgebühr)
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