[WestG] [AKT] Der "Westfalenwall" - Hitlers letztes Bollwerk oder militaerisches Armutszeugnis?, Ahaus, 11.02.2009

Alexander Schmidt Alexander.Schmidt at lwl.org
Fr Jan 30 10:43:38 CET 2009


Von: "Thomas Ridder" <ridder at jmw-dorsten.de>
Datum: 30.01.2009, 09:29 


AKTUELL

Vortrag: Dr. Adolf Vogt, Recklinghausen. 
Ort: Ahaus, Fürstensaal im Schloss, 19:30 Uhr
In Kooperation mit dem Heimatverein Ahaus

Das Unternehmen Westfalenwall trägt viele Facetten. Es spiegelt 
im kleinen überschaubaren Rahmen all das, was zum Wesen und zum 
Alltag des NS-Regimes (vor allem seiner letzten Monate) gehörte. 
Mit Planung und Bau präsentierte die Gauleitung Westfalen-Nord 
quasi stellvertretend für die braune Führung in Berlin jene Züge,
 mit denen das "Dritte Reich" seit seinem Antreten, spätestens 
aber seit September 1939, schlimme deutsche und europäische 
Geschichte schrieb.

Der Bau des Westfalenwalls wäre gewiss besser unterblieben. 
Hätte also die Gauleitung nicht auf die Anlage dieser 
aufwendigen und letztlich völlig wertlosen Verteidigungsmaßnahme 
verzichten können? Die Antwort ist ein klares Nein. Der Bau des 
Westfalenwalls war konsequent und von einer ganz bestimmten 
Logik diktiert. Nach der von oben befohlenen Rundumverteidigung 
des Reiches mit zusätzlichen rückwärtigen Stellungen konnte der 
Gau Westfalen-Nord nicht einfach ausscheren. Die Gauleitung wird 
dies auch kaum gewollt oder auch nur erwogen haben. Bis auf eine 
unbelehrbare Minderheit dürfte das Gros der Politischen Leiter 
des Reiches ab Sommer 1944 erkannt haben, dass man unweigerlich 
auf eine Niederlage zusteuerte. Dies einzusehen, war dieses Gros 
intelligent genug, aber es sich und der Öffentlichkeit 
einzugestehen, dafür war es nicht klug und nicht mutig genug.

Wie Psychopathen, weder kompromiss- noch konzessionsbereit, 
klammerten sich die Mitglieder des Führerkorps mit allen Mitteln 
an die Macht, an das Aufrechterhalten der eigenen ungeteilten 
und unteilbaren Macht. Wer totalitär regiert und totalen Krieg 
führt, kennt nur Sieg oder totale Niederlage. Diese 
Schizophrenie hatten all jene mit auszubaden, die dem 
Westfalenwall als Schanzer oder auf irgendeine sonstige Weise 
zuarbeiten mussten.

Den Westfalenwall überhaupt bauen zu können, verdankte die 
Gauführung nicht der Stärke der Wehrmacht, nicht dem 
militärischen Widerstehen können, sondern den Alliierten, die 
nach ihrem schnellen Vorstoßen durch Nordfrankreich vor dem 
Westwall anhielten und damit den braunen Machthabern eine 
Atempause, eine Gnadenfrist verschafften. Hätte Eisenhower 
anstelle des Befehls zum Anhalten seinem draufgängerischen 
Panzergeneral Patton ohne Rücksicht auf logistische Engpässe 
freie Fahrt ins Rheintal und ins Reichsinnere gegeben, wäre es 
niemals zu einem Unternehmen "Westfalenwall" gekommen.

Seinem militärischen Wert nach war der Westfalenwall ein 
billiger Papiertiger, ein obsoletes taktisches Mittel, aus 
vielfacher Verlegenheit geboren, vergleichbar etwa den 
polnischen Lanzenreitern, die im September 1939 die deutsche 
Panzerlawine aufzuhalten suchten. Wenn schon die weit stärker 
ausgebaute und mit geübten, regulären Truppen besetzte 
Verteidigungslinie an der französischen Kanalküste nicht 
gehalten werden konnte, wie sollte dann der Westfalenwall ein 
ernsthaftes Hindernis darstellen?

Phantom oder Festungslinie? Natürlich ließe sich beides in den 
Westfalenwall hineindeuten, aber eher ersteres und weniger 
letzteres. Zur Festungslinie reichte es weder materiell noch 
"ideell". Das Reich war militärtechnisch längst ausgeblutet und 
der von der Partei beschworene "Wall von Leibern" blanke 
Illusion und bloße Propagandamasche. Am Ende entpuppte sich die 
von der Gauführung hochgejubelte Verteidigungsmaßnahme als groß 
angelegter Schwindel.

Der Westfalenwall war ein typischer Teil des letzten Aktes im 
braunen Überlebenskampf, eine wie ein Animationstheater 
aufgezogene, vom Regime als lebensverlängernd entworfene und 
doch zwangsläufig zum Scheitern verurteilte Maßnahme, eine - 
wenn man so will - weitere Variante des "schönen Scheins", mit 
dem die Gauleitung zum einen sich selber betören, zum andern der 
Bevölkerung des Gaues etwas Grandioses vorgaukeln wollte.


INFO

Veranstaltungsdaten:
Der "Westfalenwall" - Hitlers letztes Bollwerk oder 
militärisches Armutszeugnis?
Datum: 11. Februar 2009
Gesellschaft für historische Landeskunde des westlichen 
Münsterlandes e.V.
p/A Landeskundliches Institut Westmünsterland 
Gasthausstraße 15
48691 Vreden
Tel.: 02564-391820 (nur Donnerstagnachmittag)
E-Mail:  info at ghl-westmuensterland.de 
URL: www.ghl-westmuensterland.de 

Kontakt:
Thomas Ridder M.A.
Tel.: 02362-951431
E-Mail: ridder at jmw-dorsten.de 


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