[WestG] [LIT] Mersch, Margit: Das ehemalige Zisterzienserinnenkloster Vallis Dei in Brenkhausen
Alexander Schmidt
Alexander.Schmidt at lwl.org
Mo Jun 30 10:38:29 CEST 2008
Von: "LWL-Pressestelle" <presse at lwl.org>
Datum: 27.06.2008, 12:57
LITERATUR
Neue Erkenntnisse über das ehemalige Kloster Vallis Dei
LWL veröffentlicht eine interdisziplinäre Publikation
Sechs Jahre lang hat ein Grabungsteam des Landschaftsverbandes
Westfalen-Lippe (LWL) das ehemalige Zisterzienserinnenkloster
Vallis Dei in Höxter-Brenkhausen (Kreis Höxter) archäologisch
untersucht. Jetzt legt die LWL-Archäologie für Westfalen die
umfassende Auswertung der Grabungsergebnisse in dem Buch "Das
ehemalige Zisterzienserinnenkloster Vallis Dei in Brenkhausen im
13. und 14. Jahrhundert" vor.
"Brenkhausen steht in Verbindung mit einer monastischen
Entwicklung, die seit dem zweiten Viertel des 13. Jahrhunderts
in Westfalen zu beobachten ist", erklärt die Direktorin der
LWL-Archäologie, Dr. Gabriele Isenberg. "In rascher Folge
entstanden unter der Förderung geistlicher Territorialherren
zahlreiche Zisterzienserinnenklöster für die Töchter der vor
allem in den Städten ansässigen minderen Adels- und
Bürgerfamilien."
"Der Bedarf an einem solchen Frauenkloster war auch in Höxter
groß, da diese Stadt stark wuchs und in ihr die Gruppe der
Bürger und niederen Adeligen. Die bestehenden Frauenstifte und
Klöster der Region waren jedoch dem Hochadel vorbehalten",
ergänzt die Archäologin und Autorin Dr. Margit Mersch.
Das 1246 erstmals erwähnte Zisterzienserinnenkloster Vallis Dei
wurde vom Corveyer Abt als geistlichem Territorial- und
Stadtherren ins Leben gerufen. Es war die jüngste Einrichtung
der Reichsabtei Corvey. Von dem heutigen Gebäudekomplex stammen
die Kirche und der Ostflügel des Klausurgebäudes im Wesentlichen
noch aus der Gründungszeit im 13. Jahrhundert, was eine
Seltenheit ist. Die übrigen Teile des Klosters sind aus dem 18.
Jahrhundert.
Hintergrundinformationen Architektur
In zehn Grabungskampagnen zwischen 1989 und 1995 untersuchte Dr.
Margit Mersch den ursprünglichen mittelalterlichen Baubestand
des Klosters. Besonders auffällig, weil im 13. Jahrhundert
altertümlich wirkend, ist die dreischiffige romanische Kirche.
Vergleichbare Nonnenklöster verfügten über einschiffige
Saalkirchen im gotischen Stil. Das Äußere der Kirche wirkt
streng und schlicht. Der Innenraum ist von großen ungeschmückten
Wandflächen, schlichten Arkaden und sehr wenig Bauschmuck
geprägt. "Auf diese Weise wirkt er erhaben und zugleich karg.
Jeder Gläubige sollte die Kirche aufgrund dieser Architektur
sofort als zisterziensisch erkennen. In einer Phase, in der
überall Frauenkonvente von unterschiedlicher religiöser und
sozialer Ausrichtung und Anbindung entstanden, demonstrierte die
Klosterkirche in Brenkhausen durch ihre Architektur also bewusst
ihre Ordenszugehörigkeit", bewertet Mersch diesen Befund.
Bezeichnender Weise wurden nicht nur die Kirche, sondern auch
Teile des Klausurgebäudes einem Zisterziensermönchskloster
nachgebildet.
Wohn- und Arbeitsgebäude waren als zwei- bis dreiflügelige
Anlage um einen exakt quadratischen Kreuzgang geplant worden.
Aufgrund von zwei aufeinander folgenden Bränden kam es zu
kleineren Planänderungen, und weil zunächst wohl nur wenige
Laienschwestern im Kloster lebten, erhielt Vallis Dei anfänglich
keinen Westflügel. Erst um 1320 wurde ein Westflügel errichtet,
der sich in seiner Bauweise von den übrigen Gebäuden
unterscheidet.
Gründung des Klosters und Herkunft der Nonnen
Die Autorin Margit Mersch hat neben den Funden und Befunden aus
den Ausgrabungen rund 300 mittelalterliche Urkunden und Akten zu
Rate gezogen, um die Gründungsumstände und das soziale Umfeld
des Konvents zu klären.
Demnach ist das Kloster in Brenkhausen aus sozialpolitischen und
religionspolitischen Motiven von geistlichen Herren entstanden.
Sie gründeten es in enger Zusammenarbeit mit dem
Zisterzienserorden. Den Anstoß zu der sich über zwölf Jahre
hinziehenden Klostergründung gab eine Kalandsbruderschaft. Diese
religiöse Vereinigung aus
Geistlichen und Laien wollte ihr Ottbergener Hospital in ein
Zisterzienserinnenkloster umwandeln, um den Töchtern der
städtischen Oberschichten Ausbildungs- und Konventsplätze zu
bieten. Ohne deren Stiftung wäre die Klostergründung nicht
möglich gewesen, da die Eintrittsschenkungen der Nonnen hierfür
nicht ausgereicht hätten.
Ein sehr großes Mitspracherecht im Kloster Vallis Dei hatte sein
Mitgründer, Abt Hermann von Corvey. Durch die Gründung für die
Töchter der Bürger seines Herrschaftsbereiches versuchte er die
Familien jener Frauen sowohl religiös als auch politisch an sich
zu binden.
Das Kloster war ursprünglich für 30 bis 40 Nonnen angelegt. Da
in den ersten Jahren Zisterzienserinnen aus einem bereits
etablierten Kloster die wichtigsten Ämter besetzten blieben noch
mindestens 20 Plätze für Frauen aus den einheimischen Familien.
Im 16. Jahrhundert gab es nur noch sieben Nonnen hier. 1601
wurde das Zisterzienserinnenkloster in ein
Benediktinerinnenkloster umgewandelt.
INFO
Margit Mersch, Das ehemalige Zisterzienserinnenkloster Vallis
Dei in Brenkhausen im 13. und 14. Jahrhundert. Denkmalpflege und
Forschung in Westfalen 45 (Mainz 2007). 350 S. mit 184 Abb. und
1 Beilage. ISBN 978-3-8053-3884-4. 35 €.