[WestG] [KONF] Die Pfarre in der Stadt, 03./04.03.2008, Muenster
Alexander Schmidt
Alexander.Schmidt at lwl.org
Do Feb 28 11:06:43 CET 2008
Von: "Institut für Vergleichende Städtegeschichte" <istg at uni-muenster.de>
Datum: 25.02.2008, 15:55
KOLLOQUIUM
"Die Pfarre in der Stadt -
Von der Vergesellschaftung des Bürgerverbandes zur
Mahlgemeinschaft der Wenigen"
38. Frühjahrskolloquium des Instituts für vergleichende
Städtegeschichte
3.-4. März 2008
LWL- Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte
Der Zusammenhang von Pfarrei und Stadt ist ein zentrales Thema
in der vormodernen Stadtgeschichtsforschung: Für die
mittelalterliche Geschichte wird das Thema 'Stadt und Kirche'
mit kultur- und sozialgeschichtlichen Perspektiven abgehandelt.
Untersucht werden die Pfarrorganisationen und Pfarrverwaltung,
die Kommunalisierung von Armen- und Hospitalwesen sowie die
Stiftungspraxis und das ritualisierte Prozessionswesen. All
diese Studien gehen von der Prämisse aus, dass sich
genossenschaftliche Strukturen in der Pfarre widerspiegelten und
in Stiftungen und Ritualen liturgische Überhöhung fanden.
Auch für die Reformations- und Konfessionalisierungsforschung
bleibt die Pfarre ein beliebter Untersuchungsgegenstand: Der
Forschung geht es um die Aktionsräume der reformationswilligen
Gemeinde bzw. ihrer charismatischen Prädikanten und um die
Pfarre als Objekt konfessioneller Formierung. Für die moderne
Stadtgeschichtsforschung spielt das Thema 'Stadt und Pfarrei'
hingegen kaum eine Rolle mehr. Ausgenommen sind Arbeiten, die
die Pfarre im Rahmen von Untersuchungen zum konfessionellen
Milieu und zur Rolle von Pfarrern als "Milieumanagern"
thematisieren.
Die im März 2008 stattfindende Tagung des Instituts für
vergleichende Städtegeschichte in Münster will hingegen den
Zusammenhang von Stadt und Pfarre für Vormoderne und Moderne als
konstitutives Moment für Stadt aufzeigen. Traditionsstiftende
Kontinuitäten und historische Differenz sollen gleichermaßen in
den Blick geraten: Im Sinne Max Webers wird die Kulturbedeutung
der Stadt als Geburtsort konsensualer, rationaler
Herrschaftslegitimation gesehen, die an Wahlen der Organe der
Bürgerschaft, der Satzung eigenen Rechts und dem Aufbau
bürokratischer Verwaltung festgemacht werden kann. Projiziert
man diese Überlegungen auf die Pfarre in der Stadt, kann davon
ausgegangen werden, dass das Christentum den Bürgerverband Stadt
erst ermöglicht hat.
In Münster werden Vertreter unterschiedlicher Disziplinen -
Geschichte, Kunstgeschichte und Theologie - sowie verschiedener
Zeitepochen sprechen. Ein erster Themenblock betrachtet die
Entstehung und Bedeutung von Pfarreien als Kristallisationsorte
kommunaler Entwicklung in der mittelalterlichen Stadt (Prof. Dr.
Wilhelm Janssen, Düsseldorf; Prof. Dr. Andreas Ranft, Halle;
Prof. Dr. Felicitas Schmieder, Hagen). Mit den Veränderungen im
16. bis 18. Jahrhundert, festgemacht an den tiefgreifenden
Umwälzungen durch Reformation und josephinischer Kirchenreform
beschäftigen sich die Vorträge von Prof. Dr. Renate Dürr, Kassel,
Prof. Dr. Thomas Kaufmann, Göttingen und Dr. Christine
Schneider, Wien.
Der dritte Themenkomplex der Tagung behandelt dann die Pfarre in
der Stadt des 19. und 20. Jahrhunderts. Während das 19.
Jahrhundert durch eine Welle neuer Kirchenbauten und
Pfarrgründungen gekennzeichnet ist, stehen Stadthistoriker,
Stadtplaner und Kirchenverwaltung heute vor der Frage, wie mit
leerstehenden Kirchbauten umzugehen ist. Als Fallbeispiele für
die Pfarre unter den Aspekten Migration, Industrialisierung und
Urbanisierung dienen die Städte Manchester und Lodz (Dr. Andreas
Kossert, Warschau) sowie Bielefeld (Prof. Dr. Hans-Walter
Schmuhl, Bielefeld). Ein Vergleich der Entwicklung in den USA
und Deutschland soll den Blick für die spezifischen
Rahmenbedingungen in der Bundesrepublik schärfen (Prof. Dr. Wim
Damberg, Bochum).
Den Abschluss der Tagung, der zugleich einen Ausblick in die
Zukunft bieten soll, bildet der Vortrag von Prof. Dr. Reinhard
Feiter, Münster, der nach neuen Konzepten von Pfarrorganisation
unter der Perspektive der "Mahlgemeinschaft der Wenigen" fragt.
Das Institut für vergleichende Städtegeschichte lädt alle
interessierten Bürger zum öffentlichen Vortrag am Montagabend
besonders ein: Am 3. März spricht um 20.15 Uhr im Vortragssaal
des Landesmuseums der evangelische Kirchenhistoriker Prof. Dr.
Thomas Kaufmann, Göttingen. Thomas Kaufmann ist einer der
profiliertesten Kirchenhistoriker Deutschlands. Mit seinem
Vortrag 'Die Stadt Gottes in der Reformationszeit' spricht er zu
einem seiner Spezialgebiete, der Epoche der Reformation.
Programm
Montag, 3. März 2008
9.15 Uhr
Sitzung des Beirats des Kuratoriums für vergleichende
Städtegeschichte e. V.
13.30 Uhr
Prof. Dr. Werner Freitag, Münster:
Eröffnung und Einführung in das Tagungsthema
13.45-14.30 Uhr
Prof. Dr. Wilhelm Janssen, Düsseldorf:
Pfarrteilungen und Pfarrkirchenverlagerungen in der
mittelalterlichen Stadt und ihrem Umfeld. Beobachtungen
an Beispielen aus der alten Diözese Köln
14.30-15.15 Uhr
Prof. Dr. Andreas Ranft, Halle/S.:
Die Pfarrkirche als kommunales Zentrum im Spätmittelalter
15.15-15.45 Uhr
Kaffeepause
15.45-16.30 Uhr
Prof. Dr. Felicitas Schmieder, Hagen
"Wider die geistlichen Freiheiten". Das Ringen um die
Kontrolle der Pfarrseelsorge in Frankfurt am Main
im 15. Jahrhundert
16.30-17.15 Uhr
Prof. Dr. Renate Dürr, Kassel:
Politische Kultur im Kirchenraum. Die Konflikte um Pfarrer
Christoph Holtzhausen und die neue Konsistorialordnung
von Hildesheim im Jahre 1678
17.30 Uhr
Mitgliederversammlung des Kuratoriums für vergleichende
Städtegeschichte e. V.
20.00 Uhr
Öffentlicher Vortrag
Prof. Dr. Thomas Kaufmann, Göttingen:
Die Stadt Gottes in der Reformationszeit
[Im Anschluss laden wir zu einem kleinen Umtrunk ein.]
Dienstag, 4. März 2008
9.15-10.00 Uhr
Dr. Christine Schneider, Wien:
Die Wiener Stadt- und Vorstadtpfarren im Spannungsfeld
der josephinischen Kirchenreformen
10.00-10.45 Uhr
Prof. Dr. Eva-Maria Seng, Paderborn:
Stadterweiterungen, Kirchenneubau und Pfarrgründungen
im 19. Jahrhundert
10.45-11.15 Uhr
Kaffeepause
11.15-12.00 Uhr
Dr. Andreas Kossert, Warschau:
Neues Jerusalem? Religiöser Wettbewerb im multiethnischen
Umfeld. Die Industriestädte Lodz und Manchester 1820-1914
12.00-14.00 Uhr
Mittagspause
14.00-14.45 Uhr
Prof. Dr. Hans-Walter Schmuhl, Bielefeld:
Urbanisierung und Gemeindeausbau. Der Kirchenkreis Bielefeld
im 19./20. Jahrhundert
14.45-15.30 Uhr
Prof. Dr. Wim Damberg, Bochum:
Pfarrgemeinde und Stadtentwicklung in den 1950er Jahren:
Bundesrepublik Deutschland und USA im Vergleich
15.30-16.00 Uhr
Kaffeepause
16.00-16.45 Uhr
Ausblick: Prof. Dr. Reinhard Feiter, Münster
Von der Pfarre zur Pfarrgemeinde zum "größeren pastoralen
Raum".
Pastoraltheologische Überlegungen zur Zukunft der Pfarrei in
der Stadt
INFO
Weitere Auskünfte erteilt:
Dr. Angelika Lampen
Institut für vergleichende Städtegeschichte - IStG - gGmbH
Königsstr. 46
48143 Münster
Tel.: 0251/8327527
E-Mail: istg at uni-muenster.de