[WestG] [AUS] LWL-Landesmuseum zeigt die Entwicklung vom Jugendstil zum Expressionismus, 25.11.2007-17.02.2008, Muenster
Alexander Schmidt
Alexander.Schmidt at lwl.org
Mo Feb 11 10:33:27 CET 2008
Von: "LWL-Pressestelle" <presse at lwl.org>
Datum: 08.02.2008, 16:21
AUSSTELLUNG
LWL-Landesmuseum zeigt die Entwicklung vom Jugendstil
zum Expressionismus
Das LWL-Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte in Münster
präsentiert vom 25. November 2007 bis zum 17. Februar 2008 in
einer umfassenden Ausstellung mit über 200 Exponaten die
allseits bekannte Kunst des "Blauen Reiters" (Kandinsky, Marc,
Klee) und der "Brücke" (insbesondere Kirchner) in einem neuen
Zusammenhang.
Erstmals werden im Museum des Landschaftsverbandes
Westfalen-Lippe (LWL) mit der Ausstellung "Freiheit der Linie -
Von Obrist und dem Jugendstil zu Marc, Klee und Kirchner" die
Ursprünge des Expressionismus im Münchner Jugendstil um 1900
aufgezeigt. In einer Serie stellt der LWL ausgewählte Exponate
der Ausstellung vor. Gemeinsames Thema der ausgestellten
Kunstwerke ist die Bewegung. In Kunsthandwerk und Architektur,
in Bildern und Skulpturen gestaltete der Jugendstil
ausdrucksvolle lineare Bewegungen, die bereits durch ihre bloßen
Verläufe Empfindungen darstellen.
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts entdeckten einige Künstler ein
neues Thema für die Kunst: den Ausdruck von Gefühl und
Empfindung. Nicht biblische Themen, heilige Personen oder
Heldentaten waren der Anlass für Bilder, auch nicht Landschaften
oder Stillleben, sondern ein vom Künstler empfundenes Gefühl,
ein innerer Seelenzustand. Heute erscheint es für uns
selbstverständlich, dass Kunst auch die Emotionen des Künstlers
darstellen kann. Damals war diese Betonung des künstlerischen
Seelenlebens etwas ganz Neues.
Der aus der Schweiz stammende Bildhauer, Gestalter und Lehrer
Hermann Obrist (1862-1927) war um 1900 eine zentrale Figur des
Münchener Kunstlebens. Er begründete den dortigen Jugendstil und
beeinflusste den beginnenden Expressionismus. Für Obrist stand
fest: Kunst gibt nicht bloß das Sichtbare wieder, sie ahmt nicht
nur nach, sondern "Kunst gibt gesteigerte, intensive
Empfindungen, Kunst ist kondensiert empfundenes, kondensiert
gegebenes und intensiv nachgefühltes Leben."
Sein künstlerisches Mittel war die Bewegung, ausgedrückt in der
kurvigen Linie. Dem Betrachter bleibt bei all den dynamischen
Ausdrucksschwüngen gar nichts anderes übrig, als "das
Mitempfinden, das Nachfühlen, das Mitfühlen, die Einfühlung in
die vom Künstler gegebenen verstärkten Empfindungen".
Eines der bekanntesten Werke von Hermann Obrist ist sein
"Entwurf für ein Denkmal". Es ist eine Form gewordene Empfindung,
eine Erfahrung des inneren Emporsteigens und der Loslösung von
materieller Gebundenheit. Dargestellt wird diese
Gefühlserfahrung durch einen schräg aufsteigenden Turm, der sich
nach oben in dünne Stäbe auflöst und von einer ebenfalls
aufsteigenden Spirale umwunden wird.
Ganz oben zieht eine geflügelte Figur einen Menschen zu sich
heran, und weiter unten erkennt man skizzenhafte Klumpen von
sich andeutenden Gestalten, die sich in ihrer Bewegung nach oben
ebenfalls zu menschlichen Figuren entwickeln könnten. Der
Betrachter sieht dieses Emporsteigen nicht nur von außen her an,
sondern er geht innerlich mit und verfolgt das Werden der
Figuren.
Man hat über den aufwärts strebenden Turm von Obrist gesagt, er
sei bereits eine abstrakte Skulptur. Sicher, sie bildet nichts
ab, sie ahmt die Natur nicht nach, aber sie stellt doch etwas
dar, das wohl jeder Mensch schon erfahren hat: die Realität
eines Gefühls, das wir mit Optimismus, innerer Kraft und
Klarheit verbinden.
Man erlebt es, wenn man auf einen Turm oder einen Berg steigt;
auch von einem Kunstwerk, einem Musikstück oder einer
menschlichen Begegnung kann man "emporgehoben" werden.
Zugegeben: es ist ein pathetisches Gefühl, Nietzsche und Wagner
erscheinen nicht weit. Und doch hat die Skulptur nichts von
wilhelminischem Pomp, sondern sie zielt auf die Leichtigkeit
einer Bewegung des Sehens.
Obrist ging es nicht um Nachahmung, sondern darum, dass die
Künstler "ihren schöpferischen Eingebungen treu bleiben." Später
formulierte Franz Marc ganz ähnlich: "Der echte Künstler ging zu
allen Zeiten von der Inspiration aus. Neu ist ihre heutige,
nackte Anwendung. Man hängt nicht mehr am Naturbilde, sondern
vernichtet es, um die mächtigen Gesetze, die hinter dem schönen
Schein walten, zu zeigen."
INFO
LWL-Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte
Domplatz 10
48143 Münster
Tel.: 0251 5907-01
Fax: 0251 5907-210
E-Mail: landesmuseum at lwl.org