[WestG] [AUS] "Alles wird Kunst sein ...": 100 Jahre LWL-Landesmuseum, 09.03.-15.06.2008, Muenster
Alexander Schmidt
Alexander.Schmidt at lwl.org
Do Apr 10 10:00:01 CEST 2008
Von: "LWL-Pressestelle" <presse at lwl.org>
Datum: 09.04.2008, 10:38
AUSSTELLUNG
Kirchturm als expressionistisches Bollwerk
"Alles wird Kunst sein ...": 100 Jahre LWL-Landesmuseum
In einer umfassenden Jubiläumsausstellung präsentiert das
LWL-Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte in Münster bis
zum 15. Juni ein Jahrhundert seiner ereignisreichen Geschichte.
Die Ausstellung "Alles wird Kunst sein ..." im Museum des
Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) spiegelt anhand von
bedeutenden Gemälden wider, wie sich die Sammlung von 1908 bis
heute entwickelt hat: von Werken des Mittelalters über
Renaissance und Barock bis hin zur Kunst der Moderne und
Gegenwart. In einer Serie stellt der LWL ausgewählte Exponate
der Ausstellung vor.
"Schmale Gassen, alte Fachwerkhäuser und monumentale Kirchen -
Soest galt zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Künstlerkreisen als
der Prototyp einer mittelalterlichen Stadt", sagt der Kurator
der Sonderausstellung, Dr. Gerd Dethlefs. Daher sei es nicht
verwunderlich, dass auch der Mitbegründer der
expressionistischen Künstlergruppe "Brücke", Karl
Schmidt-Rottluff (1884 - 1976), 1921 in die westfälische
Provinzstadt reiste.
Ein Ergebnis dieses Aufenthaltes ist sein "Patroklusturm" von
1922. Das Gemälde hängt im so genannten "Raum der Superlative":
Dort wird eine Auswahl der schönsten und wichtigsten Gemälde der
Sammlung gezeigt - vom Meister von Liesborn über Ludger tom Ring
bis hin zu Max Liebermann und Morris Louis.
In dem Werk "Patroklusturm" reduziert Karl Schmidt-Rottluff den
romanischen Kirchenbau St. Patrokli auf seinen massiven Westbau
mit Turm. Dunkelrote und blaue Farbareale umschließen von außen
den mächtigen Domturm, der wuchtig in den Himmel ragt. Fast
jeder einzelne Pinselstrich ist bei dem Bild herauszulesen.
Jedoch entsteht dadurch nicht die für Künstler der "Brücke"
typische Dynamik, vielmehr führen die Bewegungen hier zu einer
Schließung.
"Der Turm wird zu einem Bollwerk, das die Außenwelt abschirmt.
Dieser Ausdruck der Geschlossenheit lehnt sich an
mittelalterliche Darstellungen an, von denen Schmidt-Rottluff
bei seinem Soest-Aufenthalt umgeben war", so Dr. Erich Franz,
der am Landesmuseum die Kunst der Klassischen Moderne betreut.
Schmidt-Rottluff verstärkt die Massivität des Turms, indem er
ihn nach oben hin - entgegen der Regeln der Perspektive - leicht
verbreitert und einen engen Bildausschnitt wählt. Die groben,
gelb-braunfarbigen Schraffuren des Gebäudes betonen zudem seine
Wuchtigkeit. Unterschiedliche Lichtquellen von der rechten und
linken Seite scheinen den Patroklusturm anzustrahlen, während
bei den umstehenden Gebäuden jegliche Strukturmerkmale fehlen.
Dadurch wird die Domkirche weitgehend aus der innerstädtischen
Situation isoliert.
Eine besondere Anziehungskraft übte die älteste
Grünsandstein-Kirche Soests nicht nur auf Schmidt-Rottluff aus:
Schon andere Künstlerkollegen wie Christian Rohlfs und Emil
Nolde, hatten das Motiv zuvor für sich entdeckt.
Schmidt-Rottluffs Westfalen-Reise führte ihn neben Soest auch
nach Paderborn und ins Sauerland. Zu den Erträgen gehören
Gemälde, wie das 1955 vom LWL-Landesmuseum erworbene Werk
"Patroklusturm", aber auch mehrere Aquarelle und großformatige
Holzschnitte.
INFO
LWL-Landesmuseum
für Kunst und Kulturgeschichte Münster
Domplatz 10
48143 Münster
Tel.: 0251 5907-01
Fax: 0251 5907-210
E-Mail: landesmuseum at lwl.org